Sind pflanzliche Fleischersatzprodukte besser für Klima und Umwelt?
Diese Frage kann man mit einem Ja beantworten. Das hat verschiedene Gründe, wie wir Ihnen im Folgenden erklären.
Um unseren Appetit auf Fleisch zu stillen, müssen heute nicht mehr unbedingt Tiere gehalten und geschlachtet werden. Egal ob Gehacktes, Schnitzel, Würstchen oder Schinken: Für fast alles gibt es inzwischen eine fleischlose Alternative – und die kommt geschmacklich immer häufiger sehr nah an das Original heran.
Basis für die meisten Fleischersatzprodukte ist industriell verarbeitetes Protein, das aus Weizen (wie beispielsweise Seitan), Soja oder anderen eiweißhaltigen Pflanzen wie Erbsen, Linsen oder Lupinen gewonnen wird.
Neben den rein pflanzlichen Alternativen gibt es das sogenannte Labor- oder In-vitro-Fleisch, das sich aktuell jedoch noch in der Versuchsphase befindet.
Was ist Seitan?
Seitan ist als Fleischersatz bekannt aus der traditionellen japanischen Küche. Weizenproteine, auch Glutene genannt, werden mit Wasser zu einem zähen Teig gerührt und erhalten durch anschließendes Garen oder Kochen eine fleischähnliche Konsistenz.
Eine weitere Option stellt die Verwendung von fermentativ gewonnenem Protein aus Pilzkulturen dar. Solchen myzelbasierten Fleischersatz gibt es schon im Handel, er spielt dort aber noch so gut wie keine Rolle. Ebenfalls äußerst gering ist das Angebot an Fleischersatz auf Basis von Insekten.
Wie Untersuchungen zeigen, sind Insekten zwar sehr nahrhaft und vergleichsweise gut verfügbar. Bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland kommt Insekten-Fleischersatz aber einfach nicht gut an.
Der Markt für pflanzliche Fleischersatzprodukte boomt
Vegetarische und vegane Ersatzprodukte für Fleisch und Wurst auf Basis pflanzlicher Rohstoffe werden seit einigen Jahren zunehmend beliebter in Deutschland. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2022 knapp 6,5 Prozent mehr Fleischersatzprodukte produziert als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2019 erhöhte sich die Produktion sogar um rund 73 Prozent . Der Fleischkonsum in Deutschland nimmt dagegen stetig ab: Während 2012 pro Kopf knapp 61 Kilogramm Fleisch verzehrt wurden, waren es 2022 nur noch 52 Kilogramm.
Es gibt verschiedene Gründe, warum immer mehr Menschen zu Fleischersatzprodukten greifen. Dem Ernährungsreport 2023 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zufolge machen fast drei Viertel der Konsumentinnen und Konsumenten dies aus reiner Neugier und jeweils 63 Prozent aus Tierschutzgründen, wegen des Geschmacks und aus Gründen des Klima- und Umweltschutzes.
Fleischersatzprodukte klima- und umweltschonender
Dass tierische Lebensmittel insgesamt schädlicher für Umwelt und Klima sind als pflanzliche, ist wissenschaftlich untersucht. Dies gilt besonders für Fleisch. Die intensive Tierhaltung sorgt für einen Großteil der Treibhausgase aus der Landwirtschaft, belastet Grundwasser, Luft und Umwelt und steht auch wegen der Haltungsbedingungen zunehmend in der Kritik.
Um wie viel besser sind aber Fleischersatzprodukte auf Pflanzenbasis? Dazu hat das Umweltbundesamt (UBA) 2020 in einer Studie die Ökobilanz von Fleisch und Fleischersatzprodukten miteinander verglichen. Neben rein pflanzlichen Fleischersatzprodukten wurde auch Fleischersatz auf Basis von Insektenprotein sowie In-vitro-Fleisch untersucht.
Das Fazit der Studie ist eindeutig: Pflanzliche Fleischersatzprodukte schneiden in puncto Umwelt- und Klimabilanz im Vergleich zu herkömmlichem Fleisch am besten ab. Erzeugnisse aus essbaren Insekten liegen auf Platz zwei, gefolgt vom In-vitro-Fleisch.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine jüngere Studie der Universität Oxford, bei der Forschende den ökologischen Fußabdruck von 57.000 verarbeiteten Lebensmitteln abgeschätzt haben.
Nie mehr Fleisch?
Auch wenn vegetarische oder vegane Fleischersatzprodukte eine bessere Klima- und Umweltbilanz aufweisen, heißt das nicht, dass niemand mehr Fleisch essen sollte. Zumal die Tierhaltung ja auch positive Beiträge zum Umwelt- und Klimaschutz leistet. So spielt zum Beispiel die Rinderhaltung eine wichtige und sinnvolle Rolle bei der Landschaftspflege und bei der Nutzung von Grünlandflächen, die große Mengen CO2 binden.
Eine Reduzierung der Tierbestände wäre jedoch ein wirksames Mittel, um die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft möglichst schnell zu reduzieren. Und ein geringerer Fleischkonsum wäre nicht nur gut fürs Klima, sondern auch für die eigene Gesundheit.
So empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche zu sich zu nehmen. 2022 betrug der durchschnittliche Fleisch-Verzehr pro Kopf in Deutschland rund ein Kilogramm pro Woche.
Dass die pflanzlichen Fleischersatzprodukte so gut abschneiden, liegt laut UBA unter anderem daran, dass Pflanzen wie Weizen und Soja auf direktem Wege der menschlichen Ernährung dienen können. Somit entfällt die bei der Tierhaltung nötige Kalorienumwandlung pflanzlicher Futtermittel in Fleisch oder andere tierische Produkte, die immer mit einem hohen Kalorienverlust einhergeht.
Zudem wird beim direkten Verzehr von Pflanzen sehr viel weniger Wasser und Landfläche benötigt: Die Produktion von 100 Gramm fleischlichem Protein verbraucht sechs- bis siebenmal mehr Fläche als die Produktion von 100 Gramm Sojaprotein, schreiben die Autorinnen und Autoren der Studie. Gleichzeitig sei die Belastung des Grundwassers und des Bodens durch Nährstoffüberfrachtung und -auswaschung bei pflanzlichen Fleischersatzprodukten geringer. Denn insgesamt wird eine geringere Menge landwirtschaftlicher Erzeugnisse benötigt, um die gleiche Menge an Menschen zu ernähren. Sojabohnen, Erbsen und Lupinen sind zudem stickstofffixierende Eiweißpflanze (Leguminosen), die Stickstoff im Boden anreichern, so zur Bodenverbesserung beitragen und den Einsatz mineralischer Dünger verringern.
Auch in Sachen Klimabilanz haben die pflanzenbasierten Fleischersatzprodukte die Nase vorn. Laut UBA-Studie entstehen zum Beispiel bei der Erzeugung von Fleischersatzprodukten auf Basis von Soja 75 Prozent weniger Treibhausgasemissionen als bei der gleichen Menge Hühnerfleisch, der Fleischsorte mit der besten Klimabilanz. Im Vergleich zu Rindfleisch – der treibhausgasintensivsten Fleischsorte – seien die Emissionen sogar um den Faktor 27 geringer.
Protein aus Weizen schneidet in der Klimabilanz deutlich schlechter ab als Soja, dennoch fallen die Treibhausgasemissionen immer noch um die Hälfte geringer aus als bei der Erzeugung von Geflügelfleisch.
Fleischersatz auf Basis regionaler Rohstoffe ist möglich
Viele der Kulturpflanzen, deren Protein in vegetarischen und veganen Fleischersatzprodukten Verwendung findet, können in Deutschland angebaut werden. Neben Weizen sind dies vor allem die Hülsenfrüchte Erbsen, Lupine und Soja. Lange Zeit fristeten Hülsenfrüchte hierzulande eher ein Nischendasein. Seit einigen Jahren nimmt deren Anbaufläche aber stark zu. Das liegt vor allem daran, dass man sich wieder der bodenverbessernden und stickstoffnachliefernden Eigenschaften dieser Kulturen bewusstwird.
Zu verdanken ist diese Entwicklung unter anderem der Eiweißpflanzenstrategie und der Ackerbaustrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Letztere spricht sich für eine Steigerung des Leguminosenanbaus auf zehn Prozent der Anbaufläche bis 2030 aus.
Wie viel Fleisch essen die Deutschen pro Jahr?
Die Menschen in Deutschland essen immer weniger Fleisch. Dieser Trend verfestigt sich. Seit 2018 ist der Fleischverzehr kontinuierlich rückläufig. 2023 fiel er mit 51,6 Kilogramm pro Kopf um mehr als 15 Prozent geringer aus als noch vor fünf Jahren.
Schweinefleisch wird hierzulande immer noch am meisten verzehrt, gleichzeitig geht hier der Konsum aber auch besonders stark zurück. 2023 wurden in Deutschland pro Kopf 6,6 Kilogramm weniger verzehrt als noch 2018 – ein Rückgang um fast ein Fünftel. Der Geflügelfleischkonsum hingegen lag 2023 mit 13,1 Kilogramm pro Kopf im Durchschnitt der vorangegangenen fünf Jahre und stieg gegenüber 2022 sogar wieder deutlich an.
Letzte Aktualisierung: 13. Oktober 2023
Weitere Informationen
Umweltbundesamt: Fleischersatz auf Pflanzenbasis mit bester Umweltbilanz
BZfE: Pflanzliche Alternativen zu Fleisch
BMEL: Deutschland, wie es isst – BMEL-Ernährungsreport, 2023