Wie entwickelt sich der Pflanzenschutzmitteleinsatz in Deutschland?
Die EU will den Pflanzenschutzmitteleinsatz bis 2030 halbieren. Wie viel Pflanzenschutzmittel werden in Deutschland eingesetzt und ist eine Reduzierung in Sicht?
Das Maß, in dem wir in Landwirtschaft und Gartenbau chemisch-synthetische Pestizide einsetzen, hat Risiken für Umwelt, Biodiversität und Gesundheit. Aus diesem Grund fordert die EU in ihrer Farm to Fork-Strategie nicht weniger als eine europaweite Halbierung des Einsatzes gefährlicher oder schädlicher Pestizide bis 2030. Auch die Bundesregierung will laut Ackerbaustrategie "deutlich geringere Pestizidmengen" erreichen.
Doch wie viel Pflanzenschutzmittel werden in Deutschland eigentlich eingesetzt und ist eine Reduzierung in Sicht?
Jährlich veröffentlicht das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) den "Bericht zum Inlandsabsatz von Pflanzenschutzmitteln". Die Zahlen, die darin veröffentlicht werden, dienen als Orientierung für die Menge an Pflanzenschutzmitteln, die im jeweiligen Berichtsjahr im Inland eingesetzt wurden. Schaut man sich die Mengen an Pflanzenschutzmitteln an, die in Deutschland über die letzten 25 Jahre an Landwirtschaft und Gartenbau verkauft wurden, stellt man fest, dass diese sich – mit leichten Schwankungen – auf einem relativ konstanten Niveau befinden. Zwischen 2017 und 2019 sank die Menge an Pflanzenschutzmitteln zuletzt zwei Jahre in Folge, stieg in den Jahren 2020, 2021 und 2022 aber wieder an.
Das Umweltbundesamt (UBA) führt die zwischenzeitlich gesunkenen Absatzmengen in den Jahren 2018 und 2019 hauptsächlich auf die außergewöhnliche Trockenheit in den beiden Jahren zurück.
Pflanzenschutzmitteleinsatz pro Hektar vermutlich eher gestiegen
Prinzipiell ist laut UBA davon auszugehen, dass pro Hektar eher mehr Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden als noch vor zehn oder 20 Jahren. Denn die landwirtschaftlich genutzte Fläche in Deutschland, auf denen Pflanzenschutzmittel vor allem ausgebraucht werden, Acker- und Dauerkulturland, hat insgesamt abgenommen – seit 2010 um rund 165.000 Hektar.
Außerdem hat die landwirtschaftlich genutzte Fläche, auf der Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dürfen, in den vergangenen 20 Jahren stark abgenommen. Grund dafür ist laut dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) vor allem der Öko-Landbau, der heute mit gut 1,9 Millionen Hektar rund 12 Prozent der deutschen Landwirtschaftsfläche ausmacht – vor 25 Jahren lag der Anteil noch bei 2,3 Prozent. Aber auch im konventionellen Anbau habe laut BÖLW die Fläche, auf der Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden dürfen, durch eine Zunahme an biodiversitätsfördernden Maßnahmen wie Blühstreifen oder Ähnlichem abgenommen.
Entscheidend für eine Bewertung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes aus ökologischer Sicht sind laut UBA aber weniger die ausgebrachte Menge, als vielmehr die Wirkungsintensität oder die Wirkungsäquivalente. Die alleinige Festsetzung von mengenbezogenen Minderungszielen für alle Pflanzenschutzmittel sei nicht ausreichend, denn moderne hochwirksame Pflanzenschutzmittel könnten "aus ökotoxikologischer Sicht trotz geringerer Dosierung das gleiche Gefährdungspotenzial wie ältere Mittel in hoher Dosierung aufweisen".
Wie sieht es im Rest der EU aus?
Blickt man auf die EU fällt auf, dass sich einerseits der Pflanzenschutzmittel-Absatz insgesamt im Zeitraum 2011 bis 2021 im Durchschnitt kaum verändert hat, es gleichzeitig auf nationaler Ebene aber enorme Ausschläge in beide Richtungen gab. Laut der Europäischen Statistikbehörde Eurostat hat der Pflanzenschutzmittel-Absatz 2011 bis 2021 in Lettland und Österreich besonders stark zugenommen. Die Mehrheit der Länder konnte ihren Verbrauch dagegen im gleichen Zeitraum senken.
Der größte Teil der Verkaufsmenge entfällt auf die vier bedeutendsten Agrarerzeugerländer Deutschland, Spanien, Frankreich und Italien, die laut Eurostat über 51 Prozent der EU-weit landwirtschaftlich genutzten Fläche verfügen.
Letzte Aktualisierung: 8. Mai 2024
Weitere Informationen
Umweltbundesamt (UBA): Pflanzenschutzmittelverwendung in der Landwirtschaft