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Sind pflanzliche Fleischersatzprodukte besser für Klima und Umwelt?

Diese Frage kann man mit einem Ja beantworten. Das hat verschiedene Gründe, wie wir Ihnen im Folgenden erklären.

Burger mit vegetarischem Patty und garniert mit Salat, davor ein herzförmiges Schildchen "Veggie"
Fleischerersatzprodukte, wie vegetarische oder vegane Burger-Patties oder "Wurst", werden bei Verbraucherinnen und Verbrauchern immer beliebter. Unter anderem deswegen, weil die Erzeugung der pflanzlichen Rohstoffe umwelt- und klimafreundlicher ist als die von Fleisch.
Quelle: Santje09 via Getty Images

Um unseren Appetit auf Fleisch zu stillen, müssen heute nicht mehr unbedingt Tiere gehalten und geschlachtet werden. Egal ob Gehacktes, Schnitzel, Würstchen oder Schinken: Für fast alles gibt es inzwischen eine fleischlose Alternative – und die kommt geschmacklich immer häufiger sehr nah an das Original heran.

Basis für die meisten Fleischersatzprodukte ist industriell verarbeitetes Protein, das aus Weizen (wie beispielsweise Seitan), Soja oder anderen eiweißhaltigen Pflanzen wie Erbsen, Linsen oder Lupinen gewonnen wird.

Neben den rein pflanzlichen Alternativen gibt es das sogenannte Labor- oder In-vitro-Fleisch, das sich aktuell jedoch noch in der Versuchsphase befindet.

Was ist Seitan?

Seitan ist als Fleischersatz bekannt aus der traditionellen japanischen Küche. Weizenproteine, auch Glutene genannt, werden mit Wasser zu einem zähen Teig gerührt und erhalten durch anschließendes Garen oder Kochen eine fleischähnliche Konsistenz.

Eine weitere Option stellt die Verwendung von fermentativ gewonnenem Protein aus Pilzkulturen dar. Solchen myzelbasierten Fleischersatz gibt es schon im Handel, er spielt dort aber noch so gut wie keine Rolle. Ebenfalls äußerst gering ist das Angebot an Fleischersatz auf Basis von Insekten.

Wie Untersuchungen zeigen, sind Insekten zwar sehr nahrhaft und vergleichsweise gut verfügbar. Bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland kommt Insekten-Fleischersatz aber einfach nicht gut an.

 

Der Markt für pflanzliche Fleischersatzprodukte boomt

Grüne Hülsen an einer Sojapflanze
Basis für pflanzlichen Fleischersatz ist häufig Protein aus der Sojabohne, die zunehmend auch in Deutschland angebaut wird.
Quelle: Mailson Pignata via Getty Images

Vegetarische und vegane Ersatzprodukte für Fleisch und Wurst auf Basis pflanzlicher Rohstoffe werden seit einigen Jahren zunehmend beliebter in Deutschland. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2022 knapp 6,5 Prozent mehr Fleischersatzprodukte produziert als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2019 erhöhte sich die Produktion sogar um rund 73 Prozent . Der Fleischkonsum in Deutschland nimmt dagegen stetig ab: Während 2012 pro Kopf knapp 61 Kilogramm Fleisch verzehrt wurden, waren es 2022 nur noch 52 Kilogramm.

Es gibt verschiedene Gründe, warum immer mehr Menschen zu Fleischersatzprodukten greifen. Dem Ernährungsreport 2023 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zufolge machen fast drei Viertel der Konsumentinnen und Konsumenten dies aus reiner Neugier und jeweils 63 Prozent aus Tierschutzgründen, wegen des Geschmacks und aus Gründen des Klima- und Umweltschutzes.

Fleischersatzprodukte klima- und umweltschonender

Dass tierische Lebensmittel insgesamt schädlicher für Umwelt und Klima sind als pflanzliche, ist wissenschaftlich untersucht. Dies gilt besonders für Fleisch. Die intensive Tierhaltung sorgt für einen Großteil der Treibhausgase aus der Landwirtschaft, belastet Grundwasser, Luft und Umwelt und steht auch wegen der Haltungsbedingungen zunehmend in der Kritik.

Um wie viel besser sind aber Fleischersatzprodukte auf Pflanzenbasis? Dazu hat das Umweltbundesamt (UBA) 2020 in einer Studie die Ökobilanz von Fleisch und Fleischersatzprodukten miteinander verglichen. Neben rein pflanzlichen Fleischersatzprodukten wurde auch Fleischersatz auf Basis von Insektenprotein sowie In-vitro-Fleisch untersucht.

Das Fazit der Studie ist eindeutig: Pflanzliche Fleischersatzprodukte schneiden in puncto Umwelt- und Klimabilanz im Vergleich zu herkömmlichem Fleisch am besten ab. Erzeugnisse aus essbaren Insekten liegen auf Platz zwei, gefolgt vom In-vitro-Fleisch.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine jüngere Studie der Universität Oxford, bei der Forschende den ökologischen Fußabdruck von 57.000 verarbeiteten Lebensmitteln abgeschätzt haben.

Nie mehr Fleisch?

Auch wenn vegetarische oder vegane Fleischersatzprodukte eine bessere Klima- und Umweltbilanz aufweisen, heißt das nicht, dass niemand mehr Fleisch essen sollte. Zumal die Tierhaltung ja auch positive Beiträge zum Umwelt- und Klimaschutz leistet. So spielt zum Beispiel die Rinderhaltung eine wichtige und sinnvolle Rolle bei der Landschaftspflege und bei der Nutzung von Grünlandflächen, die große Mengen CO2 binden.

Eine Reduzierung der Tierbestände wäre jedoch ein wirksames Mittel, um die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft möglichst schnell zu reduzieren. Und ein geringerer Fleischkonsum wäre nicht nur gut fürs Klima, sondern auch für die eigene Gesundheit.

So empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche zu sich zu nehmen. 2022 betrug der durchschnittliche Fleisch-Verzehr pro Kopf in Deutschland rund ein Kilogramm pro Woche.

Dass die pflanzlichen Fleischersatzprodukte so gut abschneiden, liegt laut UBA unter anderem daran, dass Pflanzen wie Weizen und Soja auf direktem Wege der menschlichen Ernährung dienen können. Somit entfällt die bei der Tierhaltung nötige Kalorienumwandlung pflanzlicher Futtermittel in Fleisch oder andere tierische Produkte, die immer mit einem hohen Kalorienverlust einhergeht.

Zudem wird beim direkten Verzehr von Pflanzen sehr viel weniger Wasser und Landfläche benötigt: Die Produktion von 100 Gramm fleischlichem Protein verbraucht sechs- bis siebenmal mehr Fläche als die Produktion von 100 Gramm Sojaprotein, schreiben die Autorinnen und Autoren der Studie. Gleichzeitig sei die Belastung des Grundwassers und des Bodens durch Nährstoffüberfrachtung und -auswaschung bei pflanzlichen Fleischersatzprodukten geringer. Denn insgesamt wird eine geringere Menge landwirtschaftlicher Erzeugnisse benötigt, um die gleiche Menge an Menschen zu ernähren. Sojabohnen, Erbsen und Lupinen sind zudem stickstofffixierende Eiweißpflanze (Leguminosen), die Stickstoff im Boden anreichern, so zur Bodenverbesserung beitragen und den Einsatz mineralischer Dünger verringern.

Auch in Sachen Klimabilanz haben die pflanzenbasierten Fleischersatzprodukte die Nase vorn. Laut UBA-Studie entstehen zum Beispiel bei der Erzeugung von Fleischersatzprodukten auf Basis von Soja 75 Prozent weniger Treibhausgasemissionen als bei der gleichen Menge Hühnerfleisch, der Fleischsorte mit der besten Klimabilanz. Im Vergleich zu Rindfleisch – der treibhausgasintensivsten Fleischsorte – seien die Emissionen sogar um den Faktor 27 geringer.

Protein aus Weizen schneidet in der Klimabilanz deutlich schlechter ab als Soja, dennoch fallen die Treibhausgasemissionen immer noch um die Hälfte geringer aus als bei der Erzeugung von Geflügelfleisch.

Fleischersatz auf Basis regionaler Rohstoffe ist möglich

Reife Lupinen auf einem Feld
Lupinen enthalten viel hochwertiges Eiweiß und lassen sich in vielen europäischen Ländern anbauen.
Quelle: Hans-Georg Levin /BLE

Viele der Kulturpflanzen, deren Protein in vegetarischen und veganen Fleischersatzprodukten Verwendung findet, können in Deutschland angebaut werden. Neben Weizen sind dies vor allem die Hülsenfrüchte Erbsen, Lupine und Soja. Lange Zeit fristeten Hülsenfrüchte hierzulande eher ein Nischendasein. Seit einigen Jahren nimmt deren Anbaufläche aber stark zu. Das liegt vor allem daran, dass man sich wieder der bodenverbessernden und stickstoffnachliefernden Eigenschaften dieser Kulturen bewusstwird.

Zu verdanken ist diese Entwicklung unter anderem der Eiweißpflanzenstrategie und der Ackerbaustrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Letztere spricht sich für eine Steigerung des Leguminosenanbaus auf zehn Prozent der Anbaufläche bis 2030 aus.

Wie viel Fleisch essen die Deutschen pro Jahr?

BZL-Infografik: Wie viel Fleisch essen die Deutschen pro Jahr?

Die Deutschen essen immer weniger Fleisch. Dieser Trend verfestigt sich. Zum vierten Mal in Folge ist der Fleischverzehr im Vergleich zum Vorjahr gesunken – 2022 auf 52 Kilogramm pro Kopf. Ein Rückgang um mehr als zehn Prozent innerhalb von nur drei Jahren und der mit Abstand niedrigste Wert der vergangenen drei Jahrzehnte. Ein möglicher Grund für den sinkenden Fleischverzehr könnte die anhaltende Tendenz zu einer stärker pflanzenbasierten Ernährung sein.

Der Schweinefleischkonsum ist bereits seit Jahren rückläufig. 2022 lag er mit 29 Kilogramm erstmals seit Beginn der Verzehrsberechnung unter der 30-Kilo-Marke. Während der Schweinefleischkonsum innerhalb der vergangenen zehn Jahre um ein Viertel zurückging, legte der Verzehr von Geflügelfleisch im selben Zeitraum um ein Achtel zu. Das stetige Wachstum der vergangenen Jahrzehnte scheint aber auch beim Geflügelfleisch an seinem Ende angelangt zu sein. Denn so viel Geflügelfleisch wie noch 2018 wurde in den vergangenen vier Jahren in Deutschland nicht mehr konsumiert.

Letzte Aktualisierung: 13. Oktober 2023


Weitere Informationen

Umweltbundesamt: Fleischersatz auf Pflanzenbasis mit bester Umweltbilanz

BZfE: Pflanzliche Alternativen zu Fleisch

Statistisches Bundesamt: Fleischersatz weiter im Trend: Produktion stieg 2021 um 17 % gegenüber dem Vorjahr

Michael Clark et al. (Universität Oxford): Estimating the environmental impacts of 57,000 food products

BMEL: Deutschland, wie es isst – BMEL-Ernährungsreport, 2023


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