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Wie sich die Landwirtschaft an die Folgen des Klimawandels anpassen kann

Die Landwirtschaft ist den Auswirkungen des Klimawandels nicht hilflos ausgesetzt. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Viele Betriebe tun dies bereits.

Landwirt steht auf einer vertrockneten Wiese und schaut in den Himmel
In manchen Jahren warten die Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland vergeblich auf Regen. Besser als Warten ist es, die landwirtschaftliche Erzeugung an den Klimawandel anzupassen.
Quelle: Edgar G. Biehle via Getty Images

Landwirtinnen und Landwirte arbeiten in und mit der Natur und müssen daher seit jeher auch mit Wetterlagen wie extremer Hitze, Dürre und Starkregen zurechtkommen. Allerdings nicht in der Ausprägung wie heute. Langjährige Wetterdaten zeigen, dass die Häufigkeit von Extremwettereignissen durch den Klimawandel in den letzten Jahren stark zugenommen hat.

Alles das hat zum Teil erhebliche Folgen für Landwirtschaft und Gartenbau. Denn Extremwetterereignisse sorgen auf den Äckern häufig für Ertragseinbußen und mindern damit das Einkommen der betroffenen Landwirtinnen und Landwirte.

Werden die Betriebe durch extreme Wetterereignisse in ihrer Existenz bedroht – wie im Dürrejahr 2018 – gewährt der Staat finanzielle Beihilfen. So verständlich diese Hilfszahlungen in der jeweiligen Situation sind, stellen sie jedoch immer nur eine Notlösung dar. Denn das vom Staat bereitgestellte Geld kann meist nur einen Bruchteil des tatsächlich entstandenen Schadens abdecken.

Versicherungen – für viele Betriebe zu teuer

Wenn es um die Absicherung klima- und witterungsbedingter Gefahren in der Landwirtschaft geht, kommen als erstes meist Versicherungen auf die Vorschlagliste. Für deutsche Landwirtinnen und Landwirte sind die Möglichkeiten, sich gegen Ernteausfälle infolge von Extremwetterereignissen zu versichern, bislang jedoch sehr beschränkt.

Nur Versicherungen gegen Hagelschäden sind hierzulande von Bedeutung. Für alle anderen Ereignisse – allen voran Dürre – liegen die Beiträge so hoch, dass sich die meisten Betriebe eine Versicherung nicht leisten können. Anders als in vielen anderen europäischen Ländern, erhalten deutsche Landwirtinnen und Landwirte keine nennenswerte finanzielle Unterstützung bei den Versicherungskosten.

Vertrocknete Maispflanzen auf einem Feld
Das Dürrejahr 2018 hat zu starken Ertragsausfällen geführt, viele Pflanzenbestände sind schlichtweg vertrocknet, wie dieser Mais.
Quelle: Marcus Millo via Getty Images

Produktionssysteme anpassen

Die Landwirtschaft ist sich bewusst, dass sie künftig nicht umhinkommt, die Produktionssysteme an die sich ändernden Klimabedingungen anzupassen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten zu reagieren, zahlreiche Anpassungsprozesse sind bereits im Gang.

Züchtung angepasster Sorten

So arbeitet zum Beispiel die landwirtschaftliche Züchtungsforschung schon seit Jahren an Sorten, die an die veränderten Bedingungen wie Trockenheit, verlängerte Vegetationsperiode und Hitze besser angepasst sind. Züchterinnen und Züchter sind auch gefragt, wenn es darum geht, Sorten zu entwickeln, die widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Schädlinge sind. Denn es steht zu befürchten, dass sich Pilze, Viren und Schadinsekten, bedingt durch die milderen Winter, verstärkt ausbreiten und auch neue hinzukommen.

Ein Feld mit Triticale-Pflanzen, einige Ähren stecken in Isoliertüten.
Seit einigen Jahren schon arbeitet die Züchtungsforschung an Sorten, die mit den Auswirkungen des Klimawandels besser zurechtkommen.
Quelle: landpixel.de

Risikostreuung - mehr Vielfalt auf den Feldern nötig

Das Problem mit der Züchtung ist, dass es meist viele Jahre oder Jahrzehnte dauert, bis eine Sorte mit den gewünschten Eigenschaften die Marktreife erlangt. Ohnehin hat der Einsatz angepasster Sorten seine Grenzen: Extremwetterereignisse sind vielfältig und können in sehr unterschiedlicher Weise Einfluss auf die landwirtschaftliche Produktion nehmen. Wann welches Ereignis eintritt, lässt sich meist nur schwer voraussagen. Somit lässt sich auch nur schwer voraussagen, wann welche Sorte die geeignete ist.

Eine der besten Möglichkeiten, das Risiko von Ertragsausfällen so gering wie möglich zu halten, ist daher eine vielfältige Fruchtfolge – das heißt, der gleichzeitige Anbau möglichst vieler verschiedener Kulturen und Sorten auf den Feldern eines Betriebs. Das hat folgenden Grund: Jede Kulturart und Sorte ist anders anfällig für Extremwetterereignisse. Je breiter das Spektrum aus Arten und Sorten auf den Feldern, umso größer ist die Chance, dass auch Pflanzen dabei sind, denen die jeweils auftretende Extremsituation weniger ausmacht. Zusätzliche Sicherheit können die Landwirtinnen und Landwirte erreichen, wenn sie verschiedene Reifetypen wählen oder den Zeitpunkt der Aussaat variieren.

Grüne Hülsen an einer Sojapflanze
Trocken- und hitzetolerante Pflanzen wie die Sojabohne werden wegen des Klimawandels künftig auch in Deutschland mehr Bedeutung erlangen.
Quelle: Mailson Pignata via Getty Images

Neue Kulturen probieren

In den Fokus rücken zunehmend auch solche Kulturen, die hierzulande bislang noch keine oder nur wenig Bedeutung haben. So könnte künftig zum Beispiel die wesentlich trockentolerantere Sorghum-Hirse den Mais als Futterpflanze und als Rohstoffpflanze für Biogasanlagen ersetzen. Auch wärmeliebende Kulturen wie Sojabohne, Rispenhirse, Sonnenblume oder Hartweizen werden in Zukunft vermutlich häufiger zu finden sein.

Deutsche Landwirtinnen und Landwirte müssen sich aber an den Anbau dieser "neuen" Kulturen erst einmal gewöhnen. Außerdem ist es notwendig, die Pflanzen züchterisch noch besser an die hiesigen Bedingungen anzupassen. Der Staat steckt daher seit einigen Jahren schon viel Geld in die Züchtungsforschung.

Bei aller Diversifizierung sollten die Betriebe jedoch immer Angebot und Nachfrage im Auge behalten. Denn für einige der Kulturen gibt es noch keine Abnehmer oder zu wenig verarbeitende Unternehmen, die daraus Lebens- oder Futtermittel herstellen.

Bei Sojabohnen zum Beispiel ist man hier jedoch schon auf einem guten Weg: Soja kann hierzulande gut vermarktet werden, entweder als Lebensmittel oder als Futtersoja. So hat sich die Soja-Anbaufläche in Deutschland allein zwischen 2016 und 2022 von 15.800 auf 51.400 Hektar mehr als verdreifacht.

Böden verbessern

Ein wichtiger Ansatz, den Ackerbau widerstandsfähiger gegen den Klimawandel zu machen, ist es, die Fruchtbarkeit, Struktur und Wasserhaltefähigkeit der Böden nachhaltig zu verbessern. Strukturstarke und humusreiche Böden mit einem aktiven Bodenleben mindern zum Beispiel die Anfälligkeit gegen Erosion durch Wind und Wasser und schützen Pflanzennährstoffe vor der Auswaschung in tiefere Bodenschichten.

Bei der Verbesserung des Bodens spielen die oben beschriebenen vielfältigen Fruchtfolgen ebenso eine Rolle wie der Zwischenfruchtanbau. In Kombination mit dem Einbringen von Gülle, Mist oder Kompost erhöhen Landwirtinnen und Landwirte gezielt die organische Substanz im Boden und stärken das Bodengefüge.

Das macht den Boden nicht nur widerstandsfähiger, sondern dient zugleich auch als Kohlenstoffsenke. Das heißt, die tote organische Substanz – der Humus – sorgt dafür, dass Kohlenstoff aus der Luft im Boden langfristig gebunden werden kann. Bekommen Landwirte und Landwirtinnen Geld für solche Maßnahmen des Humusaufbaus, spricht man von Carbon Farming.

Regner einer Bewässerungsanlage auf einem Kartoffelfeld
In Gebieten mit wiederkehrender Dürregefahr kann die Anschaffung von Bewässerungstechnik sinnvoll sein.
Quelle: cookedphotos via Getty Images

Mit Technik das Risiko mindern

Für einige Betriebe kann auch die Investition in risikomindernde Technik lohnend sein. Vor allem in trockenen Gebieten oder solchen, in denen dies künftig zu befürchten ist, kann es sinnvoll sein, über eine effiziente Bewässerungstechnik nachzudenken. In Gebieten mit hohem Wasseraufkommen sollten Landwirtinnen und Landwirte dagegen eher eine technische Lösung zur Ableitung (Dränung) überschüssigen Wassers in Erwägung ziehen. Eine Investition in geeignete Frostschutztechnik – zum Beispiel Frostschutzberegnung oder Ventilatoren für den Obstbau – macht überall dort Sinn, wo in Zukunft mit erhöhter Frühfrostgefahr gerechnet werden muss.

Investitionen in technische Anlagen rechnen sich für die Betriebe in der Regel jedoch nur, wenn die zu erwartenden Ertragsausfälle hoch und die Schadensfälle relativ wahrscheinlich sind.

Anpassungen in der Tierhaltung

Auch für die Tierhaltung bleibt der Klimawandel nicht ohne Folgen. Eines der Hauptprobleme in diesem Bereich ist, dass die Tiere in heißen Sommern zunehmend unter Hitzestress leiden. Einbußen in der Milch-, Eier- und Fleischerzeugung sind dadurch möglich. Darüber hinaus kann es zu einer Abnahme der Fruchtbarkeit, oder bei Kühen zu einer Beeinträchtigung der Eutergesundheit kommen.

Mit einem angepassten Herdenmanagement, der richtigen Stalltechnik und stallbaulichen Maßnahmen lassen sich diese negativen Folgen deutlich abmildern. So ist zum Beispiel auf eine ausreichende Wasserversorgung zu achten, denn in Hitzeperioden trinkt eine Kuh bis zu 180 Liter pro Tag. Im Stall kommt es darauf an, die Temperaturen niedrig zu halten und für einen maximalen Luftaustausch zu sorgen. Dies kann über Ventilatoren, Kuhduschen, Vernebelungsanlagen oder geöffnete Tore, Türen und Seitenwände erreicht werden.

Bei Dürre kommt auch die Futtererzeugung auf Wiesen und Weiden schnell an ihre Grenzen. Besonders Grünland mit flachwurzelnden Gräsern, wirft dann kaum noch Futter ab. Hier kann über artenreichere Grünlandmischungen, Nachsaaten im Herbst und angepasstes Erntemanagement Abhilfe geschaffen werden. Außerdem sollte der Betrieb immer auch für ausreichend Futterreserven sorgen.

Gibt es finanzielle Unterstützung für die Landwirtschaft?

Auf den Kosten für die Klimaanpassungen bleiben die Landwirtinnen und Landwirte in erster Linie allein sitzen. Denn über den Produktpreis ist vorerst keine Vergütung zu erwarten. Investitionen in technische Anlagen können zum Teil jedoch über staatliche Programme gefördert werden. Für Maßnahmen, die der Diversifizierung des Anbaus oder der Bodenverbesserung gelten, gibt es verschiedene Förderprogramme in den Bundesländern, über die die Landwirtinnen und Landwirte zusätzliches Einkommen erzielen können.

Außerdem steckt der Staat Geld in die landwirtschaftliche Züchtungs- und Anbauforschung sowie in die Beratung, die den landwirtschaftlichen Betrieben letztlich zugutekommt.

Syrah-Weinrebe im Weinberg
Durch den Klimawandel sind inzwischen besonders wärmeliebende Rotweinsorten wie Syrah auch in Deutschland anbaufähig.
Quelle: BruceBlock via Getty Images

Nicht alles negativ, was der Klimawandel mit sich bringt

Bei aller Schwarzmalerei darf man auch in der Landwirtschaft nicht vergessen, dass der Klimawandel mit seiner Temperaturerhöhung – zumindest in manchen Regionen – auch Vorteile haben kann.

So kann zum Beispiel eine verlängerte Vegetationsperiode auf fruchtbaren Standorten mit guter Wasserspeicherung für den Gemüsebau von Nutzen sein, weil mehrere Ernten möglich werden.

Eine schnellere Abreife beim Mais führt dazu, dass auch in den nördlichen Gebieten Deutschlands spät abreifende Sorten angebaut werden können: sie werfen mehr Ertrag ab. Beim Winterraps bringt die frühere Blüte Vorteile für die Regulierung von Schädlingen und Krankheiten und für die Fruchtfolgegestaltung.

Deutsche Weinbauern profitieren davon, dass durch die Erwärmung nun auch einige bisher auf südliche Regionen beschränkte, besonders wärmeliebende Rotweinsorten (wie Merlot und Syrah) in deutschen Weinbaugebieten angebaut werden können.

Letzte Aktualisierung: 8. April 2024


Weitere Informationen

Praxis-agrar.de: Anpassungsstrategien in der Tierhaltung

Umweltbundesamt UBA: Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Umweltbundesamt UBA: Klimarisikoversicherung - Potenziale als strategisches Instrument zur Klimaanpassung in Deutschland


Lückiger Bestand an jungen Erbsenpflanzen auf einen ausgetrockneten Boden.

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