Wie wirkt sich der Klimawandel auf den Obstbau in Deutschland aus?
Der Klimawandel stellt Obstbau-Betriebe vor große Herausforderungen. Denn viele Kulturen reagieren sensibel auf klimatische Veränderungen.
Im Jahr 2022 bauten 6.510 Betriebe in Deutschland auf rund 49.200 Hektar Baumobst an. Die mit Abstand wichtigste Kultur sind Äpfel mit einer Fläche von etwa 33.100 Hektar, gefolgt von Süßkirschen, Pflaumen und Birnen.
Die klimatischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte treffen Obstbaubetriebe besonders hart, weil viele Kulturen im Obstbau sehr sensibel auf wechselnde Bedingungen reagieren. Hinzu kommt, dass Obstbäume im Gegensatz zu Kulturen im Ackerbau sehr lange Standzeiten haben. So wird etwa eine Apfelplantage meist erst nach 20 Jahren neu gepflanzt. Betriebe können deshalb nicht kurzfristig auf veränderte Anbaubedingungen reagieren, indem sie zum Beispiel besser angepasste Sorten wählen.
Höhere Durchschnittstemperaturen, längere Hitze- und Trockenphasen oder häufiger auftretender Hagel- oder Starkregen – alle Veränderungen durch den Klimawandel beeinflussen direkt oder indirekt den Ertrag und die Qualität der Früchte. So setzt die Apfelblüte im Alten Land, dem zweitgrößten Obstanbaugebiet Deutschlands, heute etwa drei Wochen früher ein als Mitte der 1970er-Jahre. Der Grund: Die Durchschnittstemperatur ist seit 1975 um 1,7 Grad gestiegen.
Frühere Blüte erhöht das Risiko für Frostschäden
Mit der früheren Blüte hat sich das Risiko für größere Ertragseinbußen durch Spätfröste deutlich erhöht. Die Betriebe müssen die empfindlichen Blüten deshalb häufiger schützen, etwa durch eine aufwändige Frostschutzberegnung oder mithilfe von Gas- oder Ölbrennern in den Plantagen. Das gilt noch mehr für Kirschen, Pflaumen und Birnen, die frostempfindlicher als Äpfel sind.
Auf die einzelnen Sorten hat die verlängerte Vegetationsphase unterschiedlichen Einfluss. Während die neuseeländische Apfelsorte Braeburn in nördlichen Anbaugebieten inzwischen besser ausreift, wurden bei klassischen Sorten der Region wie Holsteiner Cox verstärkt Qualitätsprobleme wie eine schlechtere Lagerfähigkeit festgestellt.
Bewässerung ist bei langen Trockenphasen notwendig
Seit einigen Jahren kommt es in zahlreichen deutschen Anbaugebieten vermehrt zu längeren Trockenphasen, sodass immer mehr Betriebe auf eine Bewässerung angewiesen sind. Mangelt es an Wasser in den entscheidenden Wachstumsphasen, sinkt der Ertrag schnell um 30 bis 40 Prozent. Auch die Qualität der Früchte verschlechtert sich bei Wassermangel.
Probleme bereitet auch die zunehmende Sonneneinstrahlung, die bei Äpfeln zu Sonnenbrand führen kann. Bei intensiver Strahlung verbrennt die Schale regelrecht und wird braun, sodass die Früchte nicht mehr vermarktet werden können. Die Betriebe können darauf reagieren, indem sie zum Beispiel Kaolin auf die Bäume spritzen, eine Tonerde, die eine schützende Schicht auf der Schale bildet. Auch mit einer kühlenden Beregnung lässt sich Sonnenbrand vermeiden.
Hagel führt immer häufiger zu Schäden
Sehr große Ernte- und Qualitätsverluste können Hagelschauer verursachen, die im Zuge des Klimawandels öfter auftreten. So war etwa im Alten Land allein im Juni 2019 ein Viertel der Anbaufläche von Hagel betroffen.
Als Schutz installieren viele Betriebe deshalb großflächige Netze über den Anlagen, die zusätzlich die Folgen von Starkregen und intensiver Sonneneinstrahlung abmildern.
Schädlingsdruck nimmt zu
Die klimatischen Veränderungen beeinflussen das Auftreten von Schaderregern wie Insekten oder Pilzerkrankungen. So profitiert zum Beispiel der Apfelwickler, einer der wichtigsten Schädlinge im Apfelanbau, von den längeren und wärmeren Sommern. Die Larve des Falters bohrt sich ins Innere der Frucht und macht sie unverkäuflich. Durch die längere Vegetationsdauer können sich inzwischen häufig zwei Larvengenerationen entwickeln statt einer. Dadurch verdoppelt sich der Schädlingsdruck und die Betriebe müssen ihren Aufwand für den Pflanzenschutz erhöhen.
Neue Schädlinge wandern ein
Steigende Temperaturen führen dazu, dass verstärkt Schadinsekten aus südlichen Ländern in Baumobstkulturen einwandern. Dazu gehören zum Beispiel verschiedene Schildlaus-Arten oder die aus Asien stammende Marmorierte Baumwanze, die in Apfelplantagen große Schäden verursachen kann. Auch wenn die meisten Arten bisher nur vereinzelt auftreten, rechnen Fachleute in Zukunft mit einer stärkeren Verbreitung dieser sogenannten invasiven Arten.
Trockenere Sommer bieten aber auch Vorteile für den Obstbau. So treten Schadpilze wie Apfelschorf, Mehltau oder Fäulniserreger bei längeren Phasen ohne Niederschlag deutlich seltener auf. Auch die Vermehrung der Kirschessigfliege, einem wichtigen Schädling in Kirschplantagen, wird durch Trockenheit deutlich gebremst.
Letzte Aktualisierung: 9. April 2024
Weitere Informationen
Sächsisches Landwirtschaftsministerium: Apfelanbau im Klimawandel
Hessischer Landesbetrieb Landwirtschaft: Mehr Schädlinge im Obstbau durch Trockenheit