Springe zur Hauptnavigation Springe zum Inhalt

Crowdbutching – Fleisch mal anders

Beim Crowdbutching kaufen sich mehrere Haushalte gemeinsam ein Schlachttier. Geschlachtet wird erst wenn alle Anteile verkauft sind.

Verschiedene Teilstücke vom Rind liegen vakuumiert auf einem braunen Holztisch.
Wer beim Crowdbutching-Anbieter kauft, bekommt in der Regel ein mehrere Kilogramm schweres Fleischpaket mit verschiedenen Teilstücken nach Hause geschickt.
Quelle: Ilia Nesolenyi via Getty Images

Unser heutiger hoher Konsum an Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln bringt viele negative Begleiterscheinungen mit sich. Nicht nur in Bezug auf Klima, Umwelt und Grundwasser, sondern auch aus ethischer Perspektive.

Das wirft die Frage auf: Wie können wir unseren Fleischkonsum nachhaltiger und ethischer gestalten? Einen Ansatz liefert das Konzept Crowdbutching.

Was ist Crowdbutching?

Crowdbutching funktioniert folgendermaßen: Ein Unternehmen bietet – meist über das Internet – ein schlachtreifes Tier zum Kauf an: zum Beispiel ein Rind, ein Schwein oder ein Lamm. Kundinnen und Kunden – die Crowd – können Anteile an diesem Tier erwerben – zum Beispiel ein Achtel eines Rinds oder ein Viertel eines Schweins. Der Anteil entspricht immer einem Fleischpaket, in welchem dem Anteil entsprechend die gleichen Teilstücke enthalten sind. Je nach Anbieter können die Kundinnen und Kunden meist noch Wünsche äußern, wie sie ihren Anteil verarbeitet haben möchten – zum Beispiel zu Hackfleisch oder zu Wurst.

Wenn alle Anteile des Tiers verkauft sind, wird es geschlachtet und das Fleisch nach einer gewissen Reifezeit an die Kundinnen und Kunden verschickt. Die Fleischteile werden dabei portionsweise vakuumiert und gekühlt auf den Weg gebracht, sodass sie von den Verbraucherinnen und Verbrauchern nach Erhalt entweder sofort verwertet oder eingefroren werden können.

Alte Tradition in neuem Gewand

Eigentlich ist Crowdbutching nichts Neues. Vielmehr lässt es alte Traditionen wieder neu aufleben. Denn schon früher war es üblich, die von einem Bauernhof aufgezogenen Tiere unter den Familien eines Dorfes aufzuteilen. Diese Form des Crowdbutchings gibt es auch heute noch, wenn Landwirtinnen und Landwirte im Vorfeld einer Schlachtung über Kontakte im Dorf oder im Freundeskreis dafür sorgen, dass das komplette Tier Abnehmerinnen und Abnehmer findet. Inzwischen wird Crowdbutching aber meist über das Internet abgewickelt.

Qualitativ hochwertiges Fleisch aus tiergerechter Haltung

Das von Crowdbutching-Anbietern gehandelte Fleisch stammt meist aus kleineren landwirtschaftlichen Tierhaltungen einer bestimmten Region. In sehr vielen Fällen sind das Bio-Betriebe, teils auch konventionelle Betriebe, die ihre Tiere besonders tiergerecht halten. Das wird von den Crowdbutching-Anbietern regelmäßig überprüft. Die tiergerechtere Haltung ist für viele Kundinnen und Kunden ein wichtiges Kriterium und für die Anbieter daher nicht nur aus idealistischen Motiven, sondern auch aus Marketing-Gründen ein wesentlicher Faktor.

Nicht selten bieten die beteiligten Betriebe besondere Rassen und Herkünfte an, die sich von der breiten Masse der deutschen Intensivtierhaltung absetzen. Dabei handelt es sich um Rassen, die sich durch eine besondere Fleischqualität auszeichnen und/oder solche, die besonderen Seltenheitswert haben, wie zum Beispiel vom Aussterben bedrohte Rassen.

Den Handel übernehmen oft spezielle Unternehmen

Bei den Anbietern von Crowdbutching handelt es sich meist um Unternehmen, die die Tiere nicht selbst halten oder schlachten, sondern sich allein um die Vermarktung und die Logistik des Fleischs kümmern. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass sich jeder Akteur auf das konzentrieren kann, was er am besten kann: die landwirtschaftlichen Betriebe auf die Erzeugung von hochwertigem Fleisch, die Schlachterei auf das Schlachten und Zerlegen und das Crowdbutching-Unternehmen auf eine gewinnbringende Vermarktung und Verteilung.

Vorteile des Crowdbutchings

Den Kundinnen und Kunden bietet Crowdbutching den Vorteil, dass sie qualitativ hochwertiges Fleisch erhalten – und zwar von Tieren, bei denen sie davon ausgehen können, dass sie gut gehalten und stressfrei geschlachtet wurden. Davon können sie sich bei Bedarf auf den Betrieben selbst überzeugen, denn jedes Stück Fleisch kann bis zur Weide zurückverfolgt werden.

Da die Käuferinnen und Käufer für die höhere Fleischqualität in der Regel mehr bezahlen und weder Händler noch Fleischindustrie zwischengeschaltet sind, bleibt insgesamt für die fleischerzeugenden und schlachtenden Betriebe ein höherer Erlös übrig.

Weil die Tiere erst dann geschlachtet werden, wenn alle Anteile verkauft sind, entstehen auch keine Lebensmittelabfälle, wie sie im herkömmlichen Einzelhandel vorkommen, wenn nicht alles verkauft wird.

Viele Crowdbutching-Anbieter packen in ihre Fleischpakete auch solche Teilstücke, die in der Regel nicht so häufig nachgefragt werden, wie zum Beispiel Beinscheiben oder Markknochen für die Suppe. Wer möchte, kann auch ganz gezielt Pakete mit Innereien und anderen weniger nachgefragten Teilstücken erhalten. Damit kommt das Crowdbutching dem Nose to Tail-Ansatz nach (siehe Infokasten), der – wie der Name schon sagt – die komplette Verwertung eines Tieres von der Nase bis zum Schwanz anstrebt.

Nose to Tail – Alles vom Tier soll verwertet werden

Grafik aus dem Fleischatlas 2018 der Heinrich Böll Stiftung, in der die nicht "edlen" Teile von Rind, Schwein und Huhn vorgestellt werden.
Auf diese Weise lassen sich auch die nicht "edlen" Teile von Rind, Schwein und Huhn verwerten.
Quelle: Bartz/Stockmar

Bei jeder Schlachtung eines Tiers fallen neben den ungenießbaren Schlachtabfällen (wie Knochen, Hufe, Borsten) verschiedene essbare Teilstücke an. Deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher bevorzugen die sogenannten Edelteile. Beim Schwein sind das vor allem die Schnitzel, Filets, Koteletts und Schinken. Andere Teilstücke wie Kopf und Beinteile, Schweinefüße und -schwänze oder Innereien werden hierzulande dagegen kaum noch gegessen.

Wer ein Tier schlachtet, muss es aus Respekt auch ganz verwerten, fordert die Bewegung Nose to Tail – zu Deutsch "Von der Nase bis zum Schwanz". Zu deren Anhängern gehören heute verschiedene Spitzenköche, aber auch immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher.

Im Fleischatlas 2018 der Heinrich Böll Stiftung werden die fast vergessenen Teile von Rind, Schwein und Huhn sowie ihre Zubereitungsweise vorgestellt.

Grafik-Lizenz: CC BY 4.0

Tipps zum Ausprobieren

Wer diese besondere Form des Fleischkaufs ausprobieren möchte, wird im Internet unter dem Suchbegriff "Crowdbutching" schnell fündig. Im Netz gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Anbietern mit unterschiedlichen Tierarten und Schwerpunkten. Um zu vermeiden, dass das Fleischpaket durch ganz Deutschland reisen muss, sollte man möglichst nach Anbietern in der Region suchen.

Für all diejenigen, die befürchten, die Tiefkühltruhe mit einem Achtel-Rind an die Kapazitätsgrenze zu bringen: Man kann bei den meisten Anbietern auch kleinere Anteile erwerben. Auch Mixpakete mit Fleisch von mehreren Tierarten sind möglich.

Letzte Aktualisierung: 8. Juli 2024


Weitere Informationen

Oekolandbau.de: Beim Crowdbutching Kühe und Co. teilen

Oekolandbau.de: Crowdbutching und Schweineleasing – Bio-Fleisch online vermarkten

Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Crowdbutching – Gemeinschaftliche Fleischbestellung beim Erzeuger

Heinrich Böll Stiftung: Der Fleischatlas


Eine tiergerechtere Haltung kostet Geld – doch wer soll das bezahlen?

Viele Menschen in Deutschland wünschen sich eine tiergerechtere und umweltschonendere Tierhaltung. Die ist machbar, kostet aber.

Legehennen in Freilandhaltung

Reizwort "Massentierhaltung"

Das Reizwort "Massentierhaltung" prägt viele Debatten. Was ist damit genau gemeint? Und hat die Betriebsgröße tatsächlich Einfluss aufs Tierwohl?

Junge Frau hält Gemüsekorb im Arm

Solidarische Landwirtschaft

Die landwirtschaftliche Produktion finanzieren und dafür regional erzeugte Lebensmittel erhalten: das ist Solidarische Landwirtschaft.