Sind Blühstreifen gut fürs Klima?
Blühstreifen an Feldrändern sind hübsch und bieten viele ökologische Vorteile. Aber welche Rolle spielen sie fürs Klima?
Wer aufmerksam durch ländliche Regionen fährt, kann an den Rändern von Mais-, Raps- oder Getreidefeldern häufig bunte Streifen mit vielen unterschiedlichen Blühpflanzen entdecken. Dabei handelt es sich um sogenannte Blühstreifen, die landwirtschaftliche Betriebe gezielt auf ihren Flächen anlegen.
Betriebe erhalten Förderung für Blühstreifen
Dafür werden Saatmischungen mit verschiedenen Pflanzenarten, die sich in der Regel aus regionalen Wild- und Kulturpflanzen zusammensetzen, streifenförmig ausgesät. Welche Pflanzenarten genutzt werden, hängt unter anderem davon ab, ob ein Blühstreifen ein- oder mehrjährig angelegt wird.
In einjährigen Streifen sind zum Beispiel Gelbsenf, Ölrettich, Buchweizen und Phacelia üblich. Bei mehrjähriger Anlage enthalten die Mischungen unter anderem verschiedene Kleearten, Kornblumen, Sonnenblumen, Dill und Gräserarten. Die Artenzahl der Mischungen reicht von 15 in einjährigen Mischungen bis zu 60 verschiedenen Pflanzenarten.
Für die Anlage solcher Blühstreifen erhalten Betriebe Fördermittel. Dafür müssen sie je nach Bundesland verschiedene Vorgaben einhalten, von der Anbaudauer über die Zusammensetzung der Saatmischung bis zur Mindest- und Maximalbreite der Streifen. Üblich ist eine Anbaudauer von ein bis fünf Jahren bei einer Streifenbreite von sechs bis zehn Metern. Dünger und Pflanzenschutzmittel dürfen in dieser Zeit grundsätzlich nicht ausgebracht werden.
Wertvoller Lebensraum für Insekten
Blühstreifen sind aus ökologischer Sicht sehr wertvoll. Sie dienen zum Beispiel vielen Insekten als wertvolle Nahrungsquelle und Lebensraum. Dadurch tragen sie dazu bei, die Population bestimmter Arten zu stabilisieren und auch die Artenvielfalt, vor allem der blütenbestäubenden Insekten, in Agrarlandschaften zu verbessern.
Auch für zahlreiche Wildtiere wie Rehe, Feldhasen oder verschiedene Vogelarten sind Blühstreifen eine vielfältige Nahrungsquelle und dienen als Fortpflanzungs- oder Rückzugsbiotop. Zudem tragen sie dazu bei, wichtige Lebensräume für Insekten wie Brachflächen, Hecken und andere Landschaftselemente zu vernetzen.
Denn insbesondere in Regionen, die landwirtschaftlich intensiv genutzt werden, ermöglicht diese Vernetzung den genetischen Austausch von Tieren aus unterschiedlichen Biotopen. Das ist für den Erhalt von Arten mit geringem Bewegungsradius besonders wichtig.
Auch der Boden profitiert
Darüber hinaus wirken sich Blühstreifen auch positiv auf den Boden aus. Denn anders als bei den angebauten Kulturen wird die gebildete Biomasse nicht geerntet, sondern verbleibt auf dem Acker. Die abgestorbenen Pflanzen sind eine willkommene Nahrung für Pilze, Mikroorganismen, Regenwürmer und andere Bodenlebewesen, die durch ihre Aktivität den Aufbau von Humus fördern. Je länger ein Blühstreifen angelegt ist, desto größer ist der Effekt auf den Boden.
Der in der Biomasse der abgestorbenen Pflanzen enthaltene Kohlenstoff aus der Luft wird in Form von Humus langfristig im Boden gebunden. Auf diese Weise entfalten Blühstreifen zusätzlich auch eine klimafreundliche Wirkung. Wie groß diese Klimawirkung ist, haben Forscherteams des Thünen-Instituts für Agrarklimaschutz in Braunschweig in einem aufwändigen Projekt untersucht.
Humusaufbau bindet CO2
Dabei stellten sie fest, dass ein Blühstreifen von 10 Meter Breite und 100 Meter Länge im Mittel zwischen 800 und 1.900 Kilogramm Biomasse bilden kann. Ein Teil dieser Biomasse wird nach dem Absterben der Pflanzen in einem komplizierten Prozess in Humus umgewandelt.
Nach einer Modellrechnung des Forscherteams bindet ein solcher Blühstreifen (10 mal 100 Meter) über den zusätzlichen Humusaufbau im Schnitt etwa 50 Kilogramm Kohlenstoff pro Jahr. Das entspricht rund 180 Kilogramm CO2 – ungefähr so viel CO2 wie ein Auto auf 900 Kilometern ausstößt. Voraussetzung für die Kohlenstoffbindung im Boden ist aber, dass die Blühstreifen mehrere Jahre bestehen bleiben.
Allerdings sind die Mengen an gebundenem CO2 überschaubar, weil Blühstreifen nur einen kleinen Teil der Ackerflächen ausmachen: Laut Thünen-Institut 2022 etwa einem Prozent des Ackerlands in Deutschland.
Letzte Aktualisierung: 13. Oktober 2024
Weitere Informationen
Thünen-Institut: Pressemeldung zum Forschungsprojekt Klimawirkung von Blühstreifen