Wie groß ist der Einfluss der Landwirtschaft auf den Klimawandel?
Die Landwirtschaft leidet unter dem Klimawandel, ist aber auch Teil des Problems. Doch in welchem Umfang? Und was lässt sich besser machen?
In Kürze
- Die Landwirtschaft leidet unter dem Klimawandel, ist aber auch Teil des Problems.
- Der Anteil der Landwirtschaft an den gesamten Treibhausgas- Emissionen in Deutschland ist seit 2006 gestiegen.
- 90% aller ursprünglichen Moore sind zur landwirtschaftlichen Nutzung trockengelegt worden, obwohl sie sehr wichtig für das Klima sind.
- Viel problematischer für das Klima sind die in der Landwirtschaft entstehenden Treibhausgase Methan und Lachgas.
- Ziel der Bundesregierung ist es, die Emissionen aus der Landwirtschaft bis 2030 auf 56 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu senken – gegenüber 2021 wäre das eine Reduktion um gut 8 Prozent.
Mit knapp 62 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent lag der Anteil der Landwirtschaft an den gesamten Treibhausgas-Emissionen in Deutschland im Jahr 2022 bei 8,3 Prozent. Das klingt auf den ersten Blick überschaubar. Schließlich ist die Erzeugung von Lebensmitteln eine elementare Grundlage für unser Leben.
Beim Blick auf weitere Zahlen ergibt sich aber ein etwas anderes Bild. So hat der Ausstoß klimarelevanter Gase in der Landwirtschaft seit 2007 nur geringfügig abgenommen, während die Emissionen in anderen Sektoren und auch insgesamt im selben Zeitraum sehr viel stärker zurückgegangen sind. Dadurch ist der relative Anteil der Landwirtschaft an den erzeugten Klimagasen gestiegen.
Wie werden die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft berechnet?
Es gibt unterschiedliche Methoden zur Berechnung der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft. So werden beispielsweise die Emissionen aus dem landwirtschaftlichen Verkehr und der landwirtschaftlichen Wärmeerzeugung (beispielsweise zum Heizen von Ställen und Gewächshäusern) gemäß der internationalen Klimaberichterstattung den energiebedingten Emissionen zugerechnet, gemäß der nationalen Sektorzuordnung für das Klimaschutzgesetz aber der Landwirtschaft. Dementsprechend kursieren unterschiedliche Angaben sowohl zu den Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft als auch zum Anteil der Landwirtschaft an den Gesamtemissionen. Maßgeblich für das im Klimaschutzgesetz festgeschriebene Ziel, die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft bis zum Jahr 2030 auf 57 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu reduzieren, sind die oben im Text angegeben Werte.
Landwirtschaftliche Nutzung von Mooren hat große Klimawirkung
Nicht berücksichtigt ist in diesen Zahlen die folgenschwere Wirkung der landwirtschaftlichen Nutzung von Moorböden. Über 95 Prozent aller ursprünglichen Moore in Deutschland sind bereits trockengelegt. Fast drei Viertel dieser Flächen werden landwirtschaftlich genutzt.
Das ist ein Problem. Denn Moore speichern riesige Mengen an Kohlenstoff. Werden die Flächen trockengelegt, reagiert der Kohlenstoff im Torf mit der Luft, sodass sehr viel CO2 entsteht. Allein in Deutschland macht dies gut fünf Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen aus.
Lachgas und Methan sind Problemgase der Landwirtschaft
Die eigentlichen Problemgase in der Landwirtschaft sind jedoch Lachgas und Methan. Beide sind um ein Vielfaches klimawirksamer als CO2. Methan entsteht vor allem beim Verdauungsvorgang von Wiederkäuern wie Rindern und Schafen und bei der Lagerung von Gülle und Mist. Rund 76 Prozent der gesamten Methan-Emissionen in Deutschland stammen aus der Landwirtschaft.
Die Landwirtschaft emittiert viel Lachgas
Bei Lachgas, das etwa 300-mal so klimaschädlich ist wie CO2, gehen ebenso rund 77 Prozent des Gesamtausstoßes auf das Konto der Landwirtschaft. Es entsteht vor allem durch die Ausbringung von stickstoffhaltigen Mineraldüngern und Gülle auf Äckern und Grünland.
Doch inzwischen arbeiten Praxis und Politik in Deutschland und der Europäischen Union (EU) daran, die Erzeugung von Lebensmitteln zukünftig klimafreundlicher zu gestalten. Ganz konkret hat sich die Bundesregierung das Ziel gesteckt, die Emissionen aus der Landwirtschaft bis 2030 auf 57 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zu senken – gegenüber 2022 wäre das eine Reduktion um acht Prozent.
Auch die neue EU-Agrarreform sieht vor, verstärkt klimafreundliche Anbau- und Tierhaltungsmethoden zu fördern.
Moorschutz ist Klimaschutz
Einen großen und relativ kostengünstigen Beitrag könnte dabei vor allem die Wiedervernässung von Mooren leisten. Immerhin werden mehr als 70 Prozent der Moorflächen in Deutschland landwirtschaftlich genutzt. Würde man diese Flächen und alle weiteren trockengelegten deutschen Moore renaturieren, könnten etwa 27 Prozent der gesamten CO2-Emissionen der Landwirtschaft eingespart werden.
Dadurch ginge aber natürlich auch landwirtschaftliche Nutzfläche verloren. Um diese Zahlen besser einordnen zu können: Etwa die Hälfte der Fläche Deutschlands wird landwirtschaftlich genutzt, Moorböden machen weniger als vier Prozent der Bundesfläche aus.
Verbraucherinnen und Verbraucher können aktiv zum Moorschutz beitragen, indem sie zum Beispiel auf den Kauf von Torf als Blumenerde verzichten.
Stickstoff effizienter nutzen
Durch eine noch effizientere Nutzung der eingesetzten Stickstoffdünger, wie sie etwa die Düngeverordnung vorsieht, sollen zudem die Lachgasemissionen verringert werden. Das wäre zum Beispiel möglich durch eine stärkere Orientierung an den verfügbaren Stickstoffmengen im Boden und den in Abhängigkeit von der Witterung zu erwartenden Erträgen.
Weitere Klimaschutzpotenziale bietet eine Bodenbewirtschaftung, die den Humusaufbau im Blick hat.
Humusfördernd wirkt sich unter anderem der Anbau sogenannter Zwischenfrüchte im Winter und mehrjähriger Kulturen wie Kleegras aus. Auch das Einbringen von organischer Substanz wie Mist oder Kompost trägt zum Humusaufbau bei. Besonders vorteilhaft für den Humusaufbau ist der Erhalt von Dauergrünland. Messungen zeigen, dass die Humusgehalte unter Grünland im Schnitt etwa zweimal höher sind als auf reinen Ackerflächen.
Öko-Landbau bietet Vorteile
Eine humusfördernde Bewirtschaftung gilt vor allem im Öko-Landbau als ein wichtiges Ziel. Für den Öko-Landbau spricht in Bezug auf den Klimaschutz zudem der vollständige Verzicht auf synthetisch hergestellte Düngemittel, ein geringerer Stickstoffeinsatz und eine dadurch bedingte bessere Verwertung des Stickstoffs im Pflanzenbau . Deshalb entstehen hier auch deutlich weniger Lachgas-Emissionen.
Ein Nachteil des Öko-Landbaus sind dagegen die im Vergleich zum konventionellen Anbau deutlich geringeren Erträge, die einen höheren Flächenbedarf erfordern.
Methanbildung verringern
Ein weiterer Baustein für den Klimaschutz sind Verbesserungen in der Tierhaltung. Hier zielen die Maßnahmen vor allem darauf ab, die Methanbildung durch die anfallende Gülle zu verringern. Deshalb sollen zum Beispiel verstärkt gasdichte Anlagen für die Lagerung und die energetische Nutzung von Gülle in Biogasanlagen gefördert werden.
Auch Verbraucherinnen und Verbraucher können einen Beitrag leisten
Doch auch Verbraucherinnen und Verbraucher können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Klimabilanz im Bereich der Lebensmittelerzeugung zu verbessern. Ganz einfach, indem sie weniger Lebensmittel wegschmeißen. Denn zurzeit landen jedes Jahr noch etwa elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Abfall. Die Bundesregierung hat sich mit der Kampagne "Zu gut für die Tonne" zum Ziel gesetzt, diese Menge bis zum Jahr 2030 zu halbieren. Damit würden immerhin sechs Millionen Tonnen CO2 eingespart.
Letzte Aktualisierung: 16. November 2023
Weitere Informationen
Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL): Landwirtschaft und Klimaschutz
BMEL: Dem Wandel begegnen (PDF)
Umweltbundesamt (UBA): Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas-Emissionen
Bundesamt für Naturschutz (BfN): Ökosystemleistungen der Moore