Was ist Grünlandwirtschaft und was macht sie so wertvoll?
Grünland ist ein so selbstverständlicher Teil der Landschaft, dass sich kaum jemand Gedanken über seinen Wert macht. Das lohnt sich aber.
Wiesen und Weiden sind in der landwirtschaftlichen Kulturlandschaft weit verbreitet. Sie machen knapp 30 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland aus. Das entspricht etwa 4,8 Millionen Hektar. Dennoch wird Grünland im Gegensatz zu Ackerflächen häufig eher als wertlos angesehen, weil Gras keinen direkten Nutzen als Lebensmittel hat. Dabei ist Dauergrünland für tierhaltende Betriebe eine wichtige Futterquelle und aus ökologischer Sicht enorm wertvoll.
Unter Grünland versteht man allgemein landwirtschaftlich genutzte Flächen, auf denen verschiedene Gräser, Kräuter und Leguminosen wie Klee dauerhaft wachsen. Wird eine Fläche mindestens fünf Jahre lang als Wiese oder Weide genutzt, gilt sie gesetzlich als Dauergrünland und nicht mehr als Acker. Der Aufwuchs wird als wertvolles Grundfutter für Wiederkäuer eingesetzt, vor allem in der Milchviehhaltung und Bullenmast, aber auch in der Pferdehaltung. Zudem nutzen Betriebe das Gras auch als energiereiches Substrat für Biogasanlagen.
Grünland ist in ackerbaulich ungünstigen Regionen verbreitet
Die Grünlandbewirtschaftung hat sich vor allem in Regionen entwickelt, in denen eine ackerbauliche Nutzung nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich war. Das gilt zum Beispiel für Mittelgebirgslagen mit steilen Hängen, Gebiete mit hohen Niederschlägen, hohen Grundwasserständen oder schwer zu bearbeitenden Böden. Hier lassen sich mit Acker- oder Gemüsebaukulturen nur geringe Erträge erzielen, die für einen Betrieb nicht wirtschaftlich wären.
Grünland bietet hier dagegen in Verbindung mit Tierhaltung die Möglichkeit, die Flächen wirtschaftlich zu nutzen, insbesondere mit Wiederkäuern wie Rindern oder Schafen. Denn durch ihre spezielle Verdauung können sie das energiereiche Gras verwerten, sodass landwirtschaftliche Betriebe Grünland für die Erzeugung von Fleisch und Milch nutzen können.
Die meisten tierhaltenden Betriebe bewirtschaften neben Grünland auch Ackerflächen. Hier können die anfallende Gülle oder der Mist aus der Tierhaltung als wertvoller Dünger auf dem Acker genutzt werden. Vor allem im Ökolandbau ist die Kombination aus Ackerbau und Tierhaltung notwendig und weit verbreitet. Gülle und Mist sind hier wichtige Düngemittel, während konventionelle Betriebe auch auf chemisch-synthetische Dünger zurückgreifen können.
Der Grünlandaufwuchs wird unterschiedlich genutzt. Im Jahr 2021 ließen Betriebe 54 Prozent der Grünlandflächen beweiden, während 41 Prozent als Wiese zur reinen Schnittnutzung mit Maschineneinsatz genutzt wurden. Dabei wird das geerntete Gras überwiegend als Grassilage konserviert und dient als Futterreserve für den Winter. Eine weitere Form der Konservierung ist die Trocknung in Form von Heu, die aber nur in geringem Umfang praktiziert wird.
Intensive und extensive Grünlandnutzung
Große Unterschiede gibt es bei der Intensität der Nutzung. Je nach Standort, Flächenausstattung und Futterbedarf wird Grünland zum Teil sehr intensiv bewirtschaftet.
Bei intensiver Bewirtschaftung wird der Aufwuchs bis zu fünfmal pro Jahr geschnitten und geerntet und entsprechend stark gedüngt, um Nährstoffverluste auszugleichen. Viele Schnitte im Jahr ermöglichen große Futtermengen und hohe Futterqualitäten in Form von höheren Energiegehalten.
Auf ungünstigeren Standorten und bei geringerem Futterbedarf wird Grünland dagegen meist extensiver genutzt.
Bei extensiver Bewirtschaftung sind ein bis drei Schnitte im Jahr üblich und es wird weniger gedüngt, weil der Nährstoffbedarf geringer ist. Auf diesen Flächen ernten die Betriebe insgesamt weniger und das Futter ist meist weniger energiereich.
Je extensiver desto größer die Artenvielfalt
Die Intensität der Nutzung hat großen Einfluss auf die Zusammensetzung der Pflanzenarten und auf den ökologischen Wert von Grünland. Grundsätzlich gilt: Je intensiver die Nutzung durch mehr Tierbesatz, mehr Schnitte und stärkere Düngung, desto geringer ist die Artenvielfalt auf den Flächen. Der Grund dafür ist, dass nur wenige Gräser- und Kräuterarten mit häufigen Schnitten und intensiver Stickstoffdüngung zurechtkommen. Auf intensiv bewirtschaftetem Grünland liegt deshalb die Zahl der Arten etwa bei 15 bis 20, während auf extensiv geführten Flächen 30 bis 45 Pflanzenarten vorkommen.
Neben einem artenreichen Aufwuchs hat Grünland im Vergleich zu Ackerflächen viele weitere ökologische Vorteile.
Grünlandböden speichern mehr Kohlenstoff
Durch den dauerhaften Aufwuchs wird im Boden sehr viel Biomasse in Form von Wurzeln aufgebaut, die zum Teil in Humus umgewandelt wird. Grünland speichert also große Mengen an Kohlenstoff. Während Ackerboden ein bis vier Prozent Humus enthalten, liegen die Humusgehalte unter Grünland bei vier bis 15 Prozent. Im Schnitt speichern Grünlandböden etwa 200 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar und damit doppelt so viel wie Ackerböden.
Wirksamer Erosionsschutz
Zudem schützt Grünland den Boden durch die ganzjährige Bedeckung viel besser vor Austrocknung und Erosion durch Wind oder Wasser als die ackerbauliche Nutzung. Starke Niederschläge können leichter aufgenommen und länger gespeichert werden. Darüber hinaus trägt Grünland auch zum Schutz von Grundwasser bei, weil es durch eine hohe Filterwirkung den Eintrag von Nähr- und Schadstoffen verhindert.
Artenreicher Lebensraum
Hinzu kommt eine große Bedeutung als artenreicher Lebensraum. Neben zahlreichen unterschiedlichen Pflanzenarten sind auch viele Insekten, Vögel und Säugetiere auf Grünland als Lebensraum und Nahrungsquelle angewiesen. Wie bei der Pflanzenzusammensetzung steigt auch bei Tieren die Artenvielfalt, je extensiver das Grünland bewirtschaftet wird. So gehören zum Beispiel langjährig extensiv bewirtschaftete Kalkmagerrasen mit geringem Nährstoffangebot zu den artenreichsten Biotopen Mitteleuropas.
Politik unterstützt den Erhalt von Grünland
Der große Wert von Grünland wurde inzwischen auch von der Politik erkannt. Nachdem zwischen 1991 und 2015 etwa 600.000 Hektar Grünland umgebrochen und in Ackerland umgewandelt wurden, ist der Umbruch inzwischen durch eine Genehmigungspflicht deutlich erschwert. Seit 2015 ist der Umfang der Grünlandflächen in Deutschland deshalb stabil.
Zudem fördern viele Bundesländer eine extensive Bewirtschaftung von Wiesen und Weiden. Betriebe, die weniger Dünger ausbringen, auf Pflanzenschutzmittel verzichten und den Viehbesatz reduzieren, erhalten pro Hektar zusätzliche Fördermittel. Dafür nehmen die Betriebe in Kauf, dass sie weniger Gras mit geringerem Futterwert ernten.
Fazit
Grünland macht etwa ein Drittel der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland aus. Vor allem für rinderhaltende Betriebe ist Grünland eine wichtige Futterquelle. Gleichzeitig hat Grünland einen hohen ökologischen Wert, weil es unter anderem ein wichtiger Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten ist und durch Bindung großer Kohlenstoffmengen zum Klimaschutz beiträgt. Je extensiver Grünland bewirtschaftet wird, desto größer ist die Artenvielfalt an Tieren und Pflanzen.
Letzte Aktualisierung: 12. Oktober 2023