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Ferkelkastration: nur noch mit Betäubung

Seit dem 1. Januar 2021 ist in Deutschland die betäubungslose Ferkelkastration verboten.

Muttersau mit Ferkeln
Muttersau mit Ferkeln
Quelle: BLE

Dies ist ein großer Fortschritt in Sachen Tierwohl. Für die deutschen Ferkelerzeugerinnen und -erzeuger war es eine große Umstellung. Denn in der Schweinezucht wurden in der Regel alle männlichen Ferkel kastriert. Dies war bis zum siebten Lebenstag ohne Betäubung erlaubt.

Der Grund, warum Ferkel überhaupt kastriert werden, ist: Bei einem geringen Anteil des Jungeberfleisches kann es beim Erhitzen zu einem sehr unangenehmen Geruch kommen – dem "Ebergeruch". Er sorgt dafür, dass das Fleisch nur schwer oder gar nicht verkäuflich ist. Kastriert man männliche Ferkel, wachsen sie nicht zu Jungebern heran, sondern bleiben sogenannte "Börge".

Tierschützerinnen und Tierschützer kritisierten die Praxis der betäubungslosen Kastration schon sehr lange. Der Bundestag hatte 2013 eine Änderung des Tierschutzgesetzes beschlossen, nach der ab 2019 die Ferkelkastration in Deutschland nur noch unter Betäubung zulässig sein sollte. Diese Frist wurde Ende 2018 um zwei Jahre verlängert. Seit dem 1. Januar 2021 ist nun endgültig Schluss mit der betäubungslosen Kastration.

Welche Alternativen stehen Schweinehaltungsbetrieben zur Verfügung?

Die Alternativen

Die in Deutschland zulässigen Alternativen sind die Kastration unter Narkose, die Immunokastration und die Ebermast:

Kastration unter Narkose

Ein Ferkel bekommt eine Injektionsnarkose verabreicht
Die Injektionsnarkose darf nur von einem Tierarzt oder einer Tierärztin durchgeführt werden.
Quelle: BLE, Foto: Christian Mühlhausen (Landpixel)

Eine Möglichkeit ist die Durchführung der chirurgischen Kastration unter Narkose, also unter vollständiger Schmerzausschaltung – so wie es das Tierschutzgesetz vorschreibt. Derzeit kommen dafür zwei Betäubungsverfahren in Betracht: die Injektionsnarkose und die Inhalationsnarkose. Bei der Injektionsnarkose wird das Betäubungsmittel mit einer Nadel injiziert. Sie darf nur von einem Tierarzt oder einer Tierärztin durchgeführt werden. Die Inhalationsnarkose, bei der die Tiere über eine spezielle Apparatur das Betäubungsgas Isofluran einatmen, darf auch durch Landwirtinnen und Landwirte angewendet werden, wenn diese über einen entsprechenden Sachkundenachweis verfügen. Bei beiden Verfahren müssen die Tiere anschließend mit Schmerzmitteln für die Behandlung des Wundschmerzes versorgt werden.

Immunokastration

Ein zweiter Weg ist die sogenannte Immunokastration. Dabei handelt es sich um eine Impfung gegen Ebergeruch. Das Fleisch der Tiere wird durch die Impfung nicht nachteilig beeinflusst. Die Impfung unterdrückt bei den Tieren zuverlässig die Produktion von Geschlechtshormonen. Nach außen sichtbar wird dies durch deutlich kleinere Hoden. Das verwendete Tierarzneimittel ist ein EU-weit zugelassener Impfstoff, der weltweit bereits seit längerem mit Erfolg eingesetzt wird. Verabreicht wird er über zwei Injektionen, die im Abstand von mindestens vier Wochen durchgeführt werden. Die zweite Impfung muss zwischen vier und sechs Wochen vor der Schlachtung verabreicht werden. Bis die Wirkung der zweiten Impfung einsetzt, werden die Tiere als intakte Eber mit allen Vor- und Nachteilen gehalten.

Ebermast

Eine weitere Alternative ist die Ebermast. Die Mast von intakten Ebern ist aus Tierschutz-Sicht die am wenigsten umstrittene Methode, weil die Kastration beziehungsweise Eingriffe gänzlich entfallen. Sie funktioniert, wenn man einige Dinge beachtet. Zum Beispiel müssen Jungeber mehr Futterplätze als Börge haben und ihre Buchten sollten möglichst sauber sein. In schmutzigen Buchten besteht eine größere Gefahr, dass sich der gefürchtete Ebergeruch entwickelt. Auch muss das Futter für die Jungeber anders zusammengesetzt sein als für Börge. Um Trächtigkeiten vor der Schlachtung zu vermeiden, müssen Eber und Sauen getrennt aufgestallt werden.

Doch die Mühe lohnt sich: Jungeber haben eine günstigere Futterverwertung als Börge. Sie benötigen bis zu einem halben Kilogramm weniger Futter, um ein Kilogramm Körpersubstanz zu bilden. Außerdem bilden sie höhere Fleischanteile bei weniger Speckauflage. Im Schlachthof angekommen riechen nur drei bis fünf Prozent der Eber so stark, dass man ihr Fleisch nicht ohne Weiteres vermarkten kann. Dieser Wert soll durch Forschungsprojekte zur züchterischen Selektion von Schweinen mit geringem Ebergeruch sowie zur Reduzierung des Ebergeruchs durch gezielte Fütterung weiter reduziert werden.

Cover der Broschüre "Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration"

BZL-Broschüre

Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration

Die Broschüre informiert Schweinehalterinnen und -halter über Vor- und Nachteile der vier zulässigen Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration, erläutert die betrieblichen Voraussetzungen und bewertet sie ökonomisch.

Zur Broschüre

Letzte Aktualisierung: 1. Juli 2023


Weitere Informationen

Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL): Debatte zur Ferkelkastration

Deutscher Tierschutzbund: Ferkelkastration

Oekolandbau.de: Bio-Schweine brauchen Stroh und Frischluft

Nutztierhaltung.de: Betriebsreportage: Jungebermast auf dem Betrieb Knees

Nutztierhaltung.de: Betriebsreportage: Jungebermast mit Immunokastration

Nutztierhaltung.de: Betriebsreportage: Inhalationsnarkose mit Isofluran

Nutztierhaltung.de: Injektionsnarkose mit Ketamin und Azaperon


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