Milch
Die Milcherzeugung ist der wichtigste Betriebszweig der deutschen Landwirtschaft. 32,4 Millionen Tonnen Kuhmilch wurden 2022 hierzulande erzeugt.
Das ist mehr als ein Fünftel der in der EU erzeugten Milch, was Deutschland zum größten Milcherzeuger der EU macht – hinter Frankreich (16,6 %) und der Niederlande (9,5 %).
2022 lieferten Bio-Landwirtinnen und -Landwirte knapp 1,3 Millionen Tonnen Bio-Milch an – beinahe doppelt so viel wie noch 2014. Der Bio-Anteil an der Gesamtanlieferungsmenge von Kuhmilch in Deutschland erreicht bislang dennoch nur 4,2 Prozent.
3,8 Millionen Milchkühe wurden 2022 hierzulande gehalten. Eine imposante Zahl, doch die Zahl der Milchviehbetriebe in Deutschland sinkt stetig: 52.895 waren es im November 2022 – im Jahr 2000 waren es noch 138.500. Im Gegenzug hat sich die durchschnittliche Anzahl der auf einem Betrieb gehaltenen Milchkühe seitdem von 33 auf 72 mehr als verdoppelt.
Milchbäuerinnen und -bauern stehen wirtschaftlich seit Jahren unter Druck. Besonders für kleinere Betriebe ist eine rentable Milcherzeugung schwer möglich. Futter- und Energiekosten sind in den letzten Jahren stark angestiegen. Die Erzeugerpreise für Milch sind schwankend, lagen aber lange Zeit deutlich unter dem, was Milchviehhalterinnen und -halter in Deutschland benötigen, um kostendeckend arbeiten zu können.
Seit Anfang 2021 steigt der durchschnittliche Erzeugerpreis jedoch kontinuierlich an. Die Erzeugungskosten sind zwar ebenfalls aufgrund steigender Preise für Futter und Energie gestiegen. Erstmals seit vielen Jahren können Milchviehbetriebe jedoch nicht mehr nur kostendeckend arbeiten, sondern sogar Gewinne erzielen.
Wie viel Milch gibt eine Kuh?
Im Durchschnitt gab eine Milchkuh 2022 in Deutschland 8.499 Kilogramm Milch (ein Liter Milch entspricht rund 1,02 Kilogramm). Solche enormen Mengen sind das Ergebnis einer zielgerichteten Zucht auf hohe Milchleistungen.
Damit hat sich die Milchmenge gegenüber 1950 weit mehr als verdreifacht. Und selbst in den vergangenen 23 Jahren gab es noch einen Zuwachs von fast 37 Prozent.
Im Durchschnitt bekommt eine Kuh in Deutschland etwa jedes Jahr ein Kalb. Nach der Geburt eines Kalbes wird eine Kuh etwa zehn Monate lang gemolken. Einige Wochen vor der Geburt des neuen Kalbes wird die Kuh dann "trockengestellt", also nicht mehr gemolken, um sie vor der anstehenden Kalbung zu schonen.
Mit der Geburt des Kalbes beginnt eine neue Milchperiode – auch Laktation genannt. Die höchste Milchleistung erreicht eine Kuh bei der vierten bis sechsten Laktation. So alt werden die meisten Milchkühe in Deutschland aber nicht.
Wo werden Milchkühe gehalten?
Gehalten werden Milchkühe hierzulande vor allem dort, wo es einen hohen Anteil an Grünland, also Wiesen und Weiden gibt. Der Hauptgrund dafür ist, dass Kühe mit ihren vier Mägen – im Gegensatz zu beispielsweise Schweinen oder Geflügel – das Raufutter aus Gras besser verwerten können. Die Milchproduktion auf Grünlandstandorten ist also zum einen aus biologischen Gründen sinnvoll und zum anderen auch wirtschaftlicher als in reinen Ackerbauregionen ohne Grundfutter.
Bayern mit seinem Voralpenland und Niedersachsen mit seinem Grünlandgürtel entlang der Nordsee sind deshalb die beiden Bundesländer in Deutschland, in denen zusammen fast die Hälfte aller Kühe steht. In keinem anderen Bundesland gibt es so viele Milchkühe und Milchviehbetriebe wie in Bayern, gleichzeitig sind die Milchkuhherden nirgendwo sonst so klein wie dort. Im Schnitt halten bayerische Milchviehbetriebe 44 Tiere. Im extremen Gegensatz dazu der Osten Deutschlands: hier stehen die größten Milchkuhherden. Spitzenreiter ist Mecklenburg-Vorpommern mit durchschnittlich 244 Tieren.
Wie werden Milchkühe gehalten?
Etwa 87 Prozent aller Milchkühe in Deutschland werden in offenen Laufställen gehalten. Das geht aus der letzten Landwirtschaftszählung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2020 hervor. In Laufställen können sich die Kühe frei bewegen. Die Stallfläche ist in die Funktionsbereiche Fressen, Liegen und Laufen aufgeteilt. Im ökologischen Landbau ist eine Mindestfläche von sechs Quadratmetern pro Tier vorgeschrieben.
Aber auch die Anbindehaltung, die in früheren Zeiten die Regel war, gibt es noch. Sie ist meist in kleinen Milchbetrieben mit wenigen Kühen zu finden, vorwiegend im Süden Deutschlands – dort besonders im Alpenraum. 2020 wurden noch 11,5 Prozent aller Milchkühe angebunden gehalten. Ein deutlicher Rückgang gegenüber 2010, als dies noch auf gut 27 Prozent der Milchkühe zutraf. In der ökologischen Tierhaltung sind Anbindeställe seit Ende 2013 verboten. Ausnahmeregelungen gelten für Kleinbetriebe.
Etwa 31 Prozent der deutschen Milchkühe haben im Schnitt knapp die Hälfte des Jahres Weidegang. In den letzten Jahren hat in Deutschland die Stallhaltung ohne Weidegang stark zugenommen. Um den Tieren trotzdem frische Luft zu verschaffen, werden die Laufställe mit einem Auslauf kombiniert. Im ökologischen Landbau haben die Tiere in aller Regel Anspruch auf Weidegang.
Ob und wie viel Zeit Milchkühe auf der Weide verbringen ist regional sehr unterschiedlich und hängt auch von der Betriebsgröße ab. Vor allem in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen erhalten etwa die Hälfte der Kühe regelmäßig Weidegang. Dort haben noch viele Betriebe arrondierte, also den Hof umgebende Wiesen, die sie nutzen können, ohne verkehrsreiche Straßen überwinden zu müssen.
Milch, die von den Molkereien als "Weidemilch" vermarktet wird, stammt übrigens von Kühen, die im Laufe des Jahres an mindestens 120 Tagen mindestens sechs Stunden auf der Weide waren.
Hätten Sie’s gewusst?
Die Tagesration einer Kuh ist ebenso imposant wie ihre Milchleistung. Eine Kuh, die 40 Liter Milch gibt, benötigt bis zu 25 Kilogramm Grassilage, 15 Kilogramm Maissilage, 12 Kilogramm Kraftfutter und 160 Liter Wasser.
Was fressen Milchkühe?
Von der bedarfsgerechten Fütterung der Milchkühe hängen Gesundheit, Fruchtbarkeit und Milchleistung ab. Der Bedarf an Energie, Eiweiß und Mineralstoffen richtet sich nach der Milchmenge, dem Nährstoffbedarf der Kuh und dem Stadium der Trächtigkeit.
Das Verdauungssystem der Kühe ist an Strukturfutter wie Gras, Grassilage und Heu angepasst. Diese Art von Futter benötigen Kühe immer, da sonst das Säuregleichgewicht des Pansens gestört wird und die Kuh schwer erkranken kann. Das Grundfutter stammt meist vom eigenen Hof und besteht aus Komponenten wie Grassilage, Maissilage, Luzernesilage, Futterstroh, Feuchtkornmais, Kalk und Mineralfutter.
Um hohe Milchleistungen erzielen zu können, muss die Futterration aber mit energie- oder eiweißreichem Futter – sogenanntem Kraftfutter – ergänzt werden. Dabei handelt es sich um Mischfutter aus verschiedenen Getreide- und Eiweißkomponenten wie Weizen, Triticale, Gerste, Weizenkleie, Rapsextraktionsschrot, Ackerbohne oder Erbse.
Für Öko-Milchkühe muss das gesamte Futter aus ökologischem Anbau stammen. Es wird meist in den Betrieben selbst erzeugt oder stammt von anderen Bio-Höfen.
Wie werden die Kühe gemolken?
Melkanlagen und Melkroboter sind heute der Standard in der Milchkuhhaltung. Beim Melken mit der Melkanlage bedienen Melkerinnen und Melker von einem Gang mit abgesenktem Boden aus die Melkzeuge – vier Zylinder mit Gummiköpfen, die über die Zitzen gestülpt werden.
Mit einem Melkroboter verläuft der gesamte Melkvorgang vollautomatisch: Nachdem die Kuh in den Melkstand getreten ist, sendet ein Transponder im Halsband alle notwendigen Daten an das System.
Die Kuh erhält eine von der Landwirtin oder dem Landwirt vorher individuell bestimmte Menge an Kraftfutter und wird dann gemolken. Dabei erkennt ein Laser die Position der Zitzen, ein Roboterarm setzt das Melkzeug an und die erste Milch wird vollautomatisch untersucht.
Der Melkroboter kann erkennen, ob die Milch in Ordnung ist, oder ob eine Kuh vielleicht an einer Euterentzündung leidet. Dazu misst er bestimmte Parameter in der Milch, zum Beispiel die Temperatur, die Farbe, die elektrische Leitfähigkeit oder die Zellzahl. Und er informiert die Landwirtin oder den Landwirt, wenn eine Kuh eventuell behandelt werden muss und ihre Milch nicht mehr für den Konsum verwendet werden darf.
Ist die Milch in Ordnung, wird vollständig gemolken. Dabei ist es wichtig, dass keine Milchreste im Euter verbleiben, aber auch nicht zu lange gemolken wird. Beides kann zu Entzündungen führen. Sinkt der Milchfluss unter eine bestimmte Menge, wird das Melkzeug automatisch abgehängt und gereinigt. Die Zitzen des Euters werden desinfiziert und die Kuh kann den Melkstand verlassen. Auf diese Weise werden Kühe im Schnitt 3-mal am Tag gemolken.
Was passiert nach dem Melken mit der Milch?
Milch zählt zu den leicht verderblichen Lebensmitteln. Die Milch gesunder Euter ist zwar so gut wie keimfrei, um eine hohe Qualität zu gewährleisten, muss sie aber nach dem Melken möglichst schnell auf vier bis acht Grad Celsius gekühlt werden. Dazu wird die Milch über ein Leitungssystem zu einem Kühltank transportiert, der die Milchqualität ständig überwacht.
Mit dem Molkereifahrzeug wird die Milch täglich zur Molkerei gefahren. Bevor sich die abgeholte Milch mit der von anderen Betrieben vermischt, werden Menge und Fettgehalt gemessen und erneut geprüft, ob die Milch in einwandfreiem Zustand ist und für den Konsum zugelassen werden kann. Der Kühltank wird nach seiner Entleerung gereinigt, um eine maximale Hygiene bei der Lagerung der Milch zu garantieren.
In der Molkerei findet zunächst eine gründliche Reinigung der Milch statt. Dabei kommt die Milch in eine Zentrifuge und wird geschleudert. Schwere Bestandteile – dazu gehören auch Verunreinigungen – werden nach außen gedrückt und abgetrennt. Außerdem erfolgt eine Auftrennung in Magermilch und Rahm. Später wird der gewünschte Fettgehalt der Milch festgelegt und der Magermilch wieder eine entsprechende Menge an Rahm zugemischt. Aus dem Rest des reinen Rahms werden Sahne und Butter hergestellt.
Hätten Sie’s gewusst?
Durch das Homogenisieren der Milch wird verhindert, dass sich auf der Oberfläche Rahm absetzt. Dazu wird sie unter Druck durch haarfeine Düsen gepresst, wodurch sich die Fettkügelchen in feine Tröpfchen teilen, die nicht mehr an die Oberfläche steigen.
Bevor sie in den Laden kommt, wird die Milch bis auf wenige Ausnahmen erhitzt, um Keime abzutöten, die selbst bei sauberster Gewinnung in die Milch gelangen können. Dadurch ist die Milch auch länger haltbar.
Beim Pasteurisieren wird die Milch für 15 bis 30 Sekunden auf 72 bis 75 Grad Celsius erhitzt. Sie muss aber ebenso im Kühlschrank aufbewahrt werden wie die heute in den Kühlregalen der Supermärkte weit verbreitete, bis zu drei Wochen haltbare ESL-Milch (= Extended Shelf Life). Sie wird entweder für ein bis vier Sekunden auf 85 bis 127 Grad Celsius hocherhitzt oder nach einem Mikrofiltrationsprozess kurzzeiterhitzt.
Bei beiden Verfahren bleibt der frische Geschmack erhalten und der Vitaminverlust ist geringer als bei der Herstellung von H-Milch, die für ein bis vier Sekunden auf mindestens 135 Grad Celsius ultrahocherhitzt wird und dann ungeöffnet auch ohne Kühlung haltbar ist.
Letzte Aktualisierung: 10. Oktober 2023
Weitere Informationen
Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Milch – Vom Stall bis in die Küche
Destatis: Tierhaltung im Wandel: Landwirtschaftszählung 2020