Tipps für den Obstbaumschnitt
Damit Obstbäume große und gesunde Früchte tragen, müssen sie geschnitten werden. Wir erklären Ihnen wie’s geht – im Text und per Video.
Warum müssen Obstbäume überhaupt geschnitten werden?
Obstbäume, die nicht geschnitten werden, bringen sehr unregelmäßige Erträge und vergreisen frühzeitig. Es entsteht eine zu dichte Krone, in der die Früchte stark beschattet werden und klein und geschmacklos bleiben. Auch das Risiko für Pilzinfektionen steigt. Dagegen hilft nur regelmäßiges Schneiden.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Schnitt?
Kernobstarten wie Apfel, Birne oder Quitte werden meist im Winter geschnitten. Erstens, weil dann im Garten weniger zu tun ist, und zweitens, da man ohne Laub besser erkennen kann, wie die Krone aufgebaut ist.
Ein Winterschnitt führt aber zu einem relativ starken Neuaustrieb. Soll der Baum weniger stark austreiben, schneidet man besser im Sommer oder zumindest erst im späten Winter.
Frost bis minus fünf Grad ist kein Problem, in jedem Fall sollte es aber trocken sein.
Schnittarbeiten am Steinobst werden vorzugsweise im Sommer vorgenommen, da dann die Schnittwunden besser verheilen – im Winter "bluten" sie länger und stehen somit Krankheitserregern länger offen.
Bei Sauerkirschen, die am einjährigen Holz fruchten (wie ’Morellenfeuer', 'Gerema'), kann man sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und ältere Triebe samt Fruchtbehang entnehmen. Die Ernte findet dann sozusagen direkt am Küchentisch statt.
Welches Werkzeug brauche ich?
Ob man eine Schere nimmt oder besser eine Säge, richtet sich danach, wie dick der zu schneidende Ast ist. Ab daumendicken Ästen wird es mit der Schere schwierig, hier sollte die Säge zum Einsatz kommen.
Wichtig ist in jedem Fall, dass die Werkzeuge scharf und sauber sind, damit die Wundränder nicht ausfransen und keine Krankheiten eintreten können. Die Schnittflächen mit Wundverschlussmitteln zu bestreichen, hat sich nicht bewährt. Besser ist es, sie – falls nötig – mit einem scharfen Messer zu glätten.
Welche Triebe werden entfernt?
Welche Triebe herausgeschnitten oder gekürzt werden, hängt davon ab, wie alt der Baum ist, und was man erreichen möchte. Junge Bäume brauchen einen Erziehungsschnitt, um eine gleichmäßige und dauerhaft stabile Krone aufzubauen. Was hier falsch gemacht wird, lässt sich später nur schwer korrigieren. Bei alten Bäumen geht es darum, die Vitalität zu erhalten, sie benötigen einen Erhaltungs- oder einen Verjüngungsschnitt.
Wichtig ist, dass die Früchte viel Licht bekommen, deshalb sollte die Krone nicht zu dicht sein. Für Gärten und Streuobstwiesen eignet sich besonders eine sogenannte Pyramidenkrone, die neben der Stammverlängerung in der Mitte noch drei bis vier gut verteilte Gerüstäste hat. An diesen können sich die Seitenäste mit dem Fruchtholz entwickeln.
Auch wenn es je nach Obstart und Baumform Unterschiede gibt, lassen sich folgende Grundsätze verallgemeinern.
Entfernt werden sollten
- Triebe, die ins Kroneninnere wachsen,
- Triebe, die über Kreuz wachsen und aneinander reiben oder zu reiben drohen, denn die dadurch entstehenden Wunden sind potenzielle Eintrittspforten für Krankheitserreger,
- beschädigte, dürre oder kranke Triebe,
- senkrecht aufragende Triebe, sogenannte "Wasserschosser" – sie tragen kaum Früchte und verdichten die Krone. Tipp: Besser als sie abzuschneiden, ist es, die jungen Wasserschosser im Sommer mit einem kräftigen Ruck abzureißen. Auf diese Weise werden die am Triebansatz befindlichen "schlafenden Augen" mit entfernt, aus denen der Baum andernfalls im nächsten Jahr gleich wieder austreibt. Die entstehenden Wunden verheilen sehr gut.
- alte Triebe beziehungsweise vergreistes Fruchtholz. Apfelbäume beispielsweise tragen vor allem an zweijährigen Trieben. Alle zwei bis drei Jahre sollte man darum die dann meist schon bogig wachsenden Fruchttriebe auf einen möglichst in die Waagerechte weisenden Seitentrieb einkürzen.
Wo und wie schneide ich richtig?
Soll ein Ast gekürzt werden, schneidet man kurz über einer Knospe, die nach außen zeigt. Wird zu knapp über der Knospe geschnitten, kann sie verletzt werden. Schneidet man dagegen zu weit oben, bleibt ein Stück Holz stehen, das abstirbt und Krankheiten begünstigen kann. Die Knospe sollte nach außen stehen, damit ihr Austrieb nicht nach innen wächst und Licht aus der Krone nimmt.
Soll ein Ast nicht gekürzt, sondern komplett entfernt werden, schneidet man "auf Astring". Der Astring ist ein kleiner Wulst, dort wo der Ast "entspringt". Knapp darüber wird abgeschnitten.
Die Stärke des Schnittes beeinflusst direkt das Wachstum im nächsten Jahr. Ein starker Schnitt führt zu einem stärkeren Wachstum und geht zulasten von Blütenknospen, Ertrag und Fruchtgröße – kann aber sinnvoll sein, um schwachwachsende Bäume in Schwung zu bringen. Umgekehrt bremst ein schwacher Schnitt das Wachstum und fördert Blütenbildung, Fruchtgröße und Gesamtertrag.
Wichtig: die richtige Anleitung
Wer sich nicht nur für die Grundlagen, sondern auch für Pflanzung sowie Pflanz-, Erziehungs-, Erhaltungs- und Verjüngungsschnitt interessiert, findet in der BZL-Videoreihe zum Obstbaumschnitt jede Menge vertiefende Informationen und kann dem Experten über die Schulter schauen. Ergänzende Zeichnungen fassen das Wichtigste zusammen.
Sollten trotz der Videos noch Fragen offenbleiben, empfiehlt sich der Besuch eines Schnittkurses. Denn nichts ist so wertvoll wie das aktive Lernen am Baum – gerade beim Obstbaumschnitt. Viele Volkshochschulen und Kleingartenvereine bieten solche Kurse an, die Interessierten die Grundlagen des Winter- und Sommerschnitts von Obstbäumen praxisnah vermitteln.
Letzte Aktualisierung: 24. Mai 2024
Weitere Informationen
Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau: Winterschnitt bei Apfelbäumen