Was sind Edelreiser?
Edelreiser sind einjährige Triebe einer Obstsorte, mit denen man durch Veredeln ein genetisch 100-prozentiges Abbild einer Baumsorte schaffen kann.
Sie wollen gerne einen eigenen Obstbaum? Die einfachste Methode ist: Sie gehen in die nächste Baumschule, kaufen sich einen bewurzelten Jungbaum und pflanzen diesen in den Garten. Die meisten Baumschulen führen gängige Sorten, die sich für den Freizeitgarten eignen.
Wollen Sie allerdings gerne eine alte "Liebhabersorte" in Ihrem Garten haben, wird es schon schwieriger, an geeignetes Pflanzgut zu kommen. Denn solche Sorten findet man nur selten als fertigen Jungbaum im Topf in der Baumschule vor Ort.
Es gibt aber Baumschulen in Deutschland, die sich der Erhaltung von alten Obstsorten verschrieben haben und sogenannte Edelreiser der gewünschten Sorten an Interessenten verschicken.
Das Reis
bedeutet "junger Trieb, dünner Zweig, Schößling".
Edelreiser sind einjährige Triebe, die auf eine entsprechende Stamm-Unterlage veredelt werden können. Auf diese Weise erhält man einen neuen Baum mit den gewünschten Eigenschaften der Edelreiser-Sorte für den eigenen Garten.
Doch eins nach dem anderen: Warum veredelt man Obstbäume überhaupt und was sind Stamm-Unterlagen?
Obstbäume vermehren
Wie alle Pflanzen, könnte man prinzipiell auch Obstbäume über Samen vermehren. Diese Form der Vermehrung – auch generative Vermehrung genannt – führt in aller Regel aber zu uneinheitlichen Nachkommen, da die Erbanlagen der beiden Elternpflanzen ja immer neu kombiniert werden. Will man die Eigenschaften einer Sorte – zum Beispiel Geschmack, Farbe oder Krankheitsresistenz – zu 100 Prozent auf einen neuen Baum übertragen, empfiehlt sich bei Obstgehölzen die sogenannte Veredelung.
Anbieter von Edelreisern
Ein sehr umfangreiches Verzeichnis an Anbietern von Edelreisern alter Apfelsorten hat zum Beispiel der Pomologen Verein auf seiner Internetseite.
Dafür schneidet man von der zu vermehrenden Sorte meist einen einjährigen Trieb – das sogenannten Edelreis – ab und verbindet dieses auf eine spezielle Art mit einer sogenannten Unterlage, sodass beide miteinander verwachsen. Bei der Unterlage handelt es sich um einen Baum einer anderen Sorte – meist ein bis drei Jahre alt –, der nur die Wurzel und den Stammansatz des neuen Baumes bilden wird.
Über die Wahl der Unterlage kann man bestimmen, wie stark der neue Baum wachsen wird. Vom Hochstammbaum, mit langem Stamm und ausladender Krone bis hin zum "Spindelbusch", bei dem der Stamm höchstens 60 Zentimeter hoch wird, ist vieles möglich. Das Edelreis bildet den Stamm und die neue Baumkrone, das heißt den Teil des Baumes, an dem Blätter und Früchte wachsen. Somit bestimmt das Edelreis die Eigenschaften der Früchte.
Veredeln muss gelernt sein
Das Veredeln selbst erfordert nicht nur entsprechende Werkzeuge und Kenntnisse, sondern auch Übung. Wer will, kann sich dieses Wissen über entsprechende Literatur (siehe Link unten) oder Kurse aneignen. Wem das zu aufwändig ist, der kann sich mit den gekauften Edelreisern aber auch an Profis in der nächstgelegenen Baumschule wenden.
Viele bieten einen solchen Service gegen Bezahlung an. Die Unterlage wird manchmal durch die Baumschule gestellt, die Sie auch gleich dabei beraten kann, welche für Ihren Garten und die gewünschte Sorte die geeignete ist.
Sie können die Edelreiser übrigens auch selbst schneiden. Das macht zum Beispiel dann Sinn, wenn Sie eine Obstsorte, die sie bei den Großeltern oder bei Freunden im Garten entdeckt haben, für den eigenen Garten vermehren möchten.
Die Reiser-Veredelungstechnik bietet sich auch dann an, wenn man sogenannte Mehrsortenbäume schaffen möchte. Dabei handelt es sich um Obstbäume, die mehrere Sorten an einem Baum tragen. Hier können zum Beispiel Geschmacksrichtungen oder Reifezeiten variiert werden.
Letzte Aktualisierung: 23. Februar 2024