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Neue Schädlinge im Garten

Neue Schädlinge breiten sich in unseren Gärten aus. Was bedeutet das für den Pflanzenschutz? Und wieso ist es wichtig, neue Schädlinge zu melden?

Nahaufnahme einer Kirschessigfliege auf einem Blatt
Die Kirschessigfliege ist ein bekanntes Beispiel für einen neuen Schädling, der schon für viel Schaden an Kulturpflanzen gesorgt hat.
Quelle: Katja Schulz, CC BY 4.0 via Wikimedia Commons

Die Kirschessigfliege beschäftigt den Hobby- und den Erwerbsgartenbau gleichermaßen. Seit dem Jahr 2011 breiten sich die nur wenige Millimeter großen Insekten in Windeseile in Deutschland aus – weitgehend unerwartet und so massiv in der Befallsstärke, dass an eine vollständige Abwehr nie zu denken war und von Anfang an die Schadensbegrenzung im Mittelpunkt stand.

Was die Kirschessigfliege so problematisch macht, ist zum einen die rasante Vermehrungsrate mit zehn bis dreizehn Generationen pro Saison und etwa 300 Eiern je Fliegenweibchen. Zum anderen sind es das breite Spektrum an Pflanzenarten, die befallen werden, sowie der Zeitpunkt der Fruchtschädigung. Betroffen sind sämtliche Stein- und Beerenobstarten, und da die Früchte kurz vor der Vollreife befallen werden, ist der Einsatz herkömmlicher Spritzmittel nahezu ausgeschlossen.

Eine Gesamtsituation, die schon für Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtner ausgesprochen ärgerlich ist, für Obstbaubetriebe aber schnell existenzbedrohende Ausmaße annehmen kann.

Zuzug weiterer Schaderreger erwartet

Die Kirschessigfliege ist bei Weitem nicht der einzige neue Schädling in heimischen Gärten. Zahlreiche in anderen Ländern oder sogar auf anderen Kontinenten beheimatete Schaderreger profitieren sowohl von der Globalisierung als auch vom Klimawandel. Die weltweiten Handelsströme ermöglichen es einer Vielzahl von Schädlingen, als blinde Passagiere in Pflanzen und Verpackungsmaterialien einzureisen.

Der Klimawandel wiederum begünstigt den Zuzug in doppelter Hinsicht: Viele Schaderreger benötigen höhere Durchschnittstemperaturen oder zumindest mildere Winter, um sich dauerhaft etablieren zu können. Für manche wie die Kirschessigfliege stellte früher auch der Alpenkamm ein unüberwindbares Hindernis dar. Doch die ausschlaggebende, einst bis zu 50 Kilometer breite Eisbarriere schmilzt in manchen Jahren auf unter 15 Kilometer zusammen. Und wo es früher nur vereinzelt einmal ein Insekt über die Berge wehte, lassen sich heute bei günstigem Wind Tausende in neue Gefilde tragen.

Vorbereitung auf den Ernstfall

Hiesige Pflanzenschutzexpertinnen und Pflanzenschutzexperten haben längst eine ganze Reihe von Schaderregern im Visier, mit denen über kurz oder lang gerechnet werden muss. Um das Ausmaß der Bedrohung abschätzen und eine Prioritätenliste erstellen zu können, stehen sie im intensiven Austausch mit Kolleginnen und Kollegen weltweit.

Das tatsächliche Risiko lässt sich allerdings oft erst ermessen, wenn eine größere Invasion kurz bevorsteht oder bereits erfolgt ist, zu unterschiedlich sind die regionalen Bedingungen. Das frühzeitige "Monitoring", also die intensiven Beobachtungen und Recherchen, ist dennoch immens wichtig, denn es hilft, im Bedarfsfall kurzfristig Lösungsstrategien zu entwickeln.

Passende Pflanzenschutzmittel finden

Für den Hobbygarten sind Pflanzenschutzmittel nur in sehr begrenztem Umfang zugelassen – aus gutem Grund. Freizeitgärtnerinnen und Freizeitgärtner können sich über eine Onlinedatenbank des Julius Kühn-Instituts darüber informieren, welche Maßnahmen sie gegen häufig vorkommende Schaderreger ergreifen können. Zudem können sie über eine Onlinesuche im Verzeichnis zugelassener Pflanzenschutzmittel herausfinden, welche Wirkstoffe beziehungsweise Pflanzenschutzmittel sie aktuell einsetzen dürfen.

Neue Bekämpfungsstrategien werden aus wirtschaftlichen Gründen in der Regel nämlich erst dann entwickelt, wenn bereits die ersten Schäden entstanden sind. Und es braucht mitunter Jahre, bis passende, in ihren Umweltauswirkungen vertretbare Wirkstoffe gegen die neuen Schädlinge untersucht beziehungsweise geeignete neue entwickelt sind.

Manchmal, wie im Fall der Kirschessigfliege, ist eine Bekämpfung mit herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln auch von vornherein wenig sinnvoll oder nur im Erwerbsobstbau eine Option. Eine umso größere Bedeutung kommt den natürlichen Gegenspielern der Schädlinge zu.

So wie Florfliegen, Marienkäfer, Schlupfwespen, Raubwanzen, Raubmilben und viele andere Nützlinge "alteingesessene" Schädlinge wie Blattlausarten, Apfelwickler oder Spinnmilben in Schach halten, haben auch "die Neuen" Fressfeinde – die zum Teil sogar gleich mit einreisen.

Diese Fressfeinde auszumachen und zu bewerten – nach ihrer Schlagkraft, aber auch im Hinblick auf potenzielle Gefahren für andere heimische Pflanzen oder Tiere – ist ein wichtiger Teil der Verteidigungsstrategie.

Kontakt bei Beobachtungen im heimischen Garten

Verbraucherinnen und Verbraucher melden ihre Beobachtungen aus dem heimischen Garten gerne an das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg in Karlsruhe:                                                 Pflanzenschutz-Schaedlinge@ltz.bwl.de

Hobbygärtnernde können wichtige Hinweise liefern

Vor allem Freizeitgärtnerinnen und Freizeitgärtner werden zwangsläufig eine neue Gelassenheit entwickeln müssen, wenn es um das Thema Pflanzenschutz geht: Der Trend führt eindeutig weg von Spritzmitteln und Co. Aus Kostengründen kommt im Hausgarten auch nicht jede biologische Gegenmaßnahme in Frage, und vollständig eingenetzte Kulturen dürften vielen Menschen aus optischen Gründen ein Dorn im Auge sein.

Dennoch kommt gerade den Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtnern bezüglich der invasiven Schaderreger eine besondere Rolle zu. Denn sie sind es in der Regel, denen unbekannte Tierchen an Gemüse, Obst oder Zierpflanzen als Erstes auffallen – und das im Idealfall noch bevor sich die Schädlinge in den großflächigen Anbaugebieten ausbreiten.

Bläulingszikade (Metcalfa pruinosa)

Bläulingszikaden an einem Ast
Bläulingszikade (Metcalfa pruinosa)
Quelle: Olaf Zimmermann - LTZ Augustenberg

Diese unauffällige Art aus Nordamerika breitet sich sehr langsam aus. Da das pflanzensaftsaugende Insekt jedoch viele ganz unterschiedliche Pflanzen befällt, steht sie ebenfalls unter Beobachtung. Auch wegen eines interessanten Nebenaspekts: Ähnlich wie Blattläuse sondern Bläulingszikaden reichlich Honigtau ab, der gerne von Bienen aufgenommen wird. Der Zikaden-Honig ähnelt dem Wald-Honig.

Bei der Empfehlung von Pflanzenschutzmitteln muss daher Rücksicht auf Bienen und andere Nützlinge genommen werden, die sich vom Honigtau ernähren. Eine spezialisierte Zikaden-Schlupfwespe wurde in Deutschland bereits festgestellt. Schnittgut von befallenen Pflanzen sollte über die Biotonne entsorgt werden. Den Transport über weitere Strecken, etwa zur städtischen Kompostieranlage, sollte man vermeiden, um die Zikaden nicht zu verschleppen. Weitere Informationen finden Sie in diesem Merkblatt.

Maulbeerschildlaus (Pseudaulacaspis pentagona)

Nahaufnahme von Maulbeerschildläusen
Maulbeerschildlaus (Pseudaulacaspis pentagona)
Quelle: Olaf Zimmermann - LTZ Augustenberg

Anders, als es ihr Name vermuten lässt, befällt die Maulbeerschildlaus auch zahlreiche andere Pflanzenarten wie Stein- und Kernobst, Johannisbeeren und Kirschlorbeer. In wärmeren Regionen Deutschlands hat sich dieser ebenfalls als gefährlich eingestufte Schaderreger bereits etabliert, weshalb es umso wichtiger ist, die Ausbreitungsgebiete möglichst genau zu erfassen.

Im Hausgarten genügt es jedoch, Befallsnester mit einem scharfen Wasserstrahl abzuspritzen, mit einer harten Bürste zu entfernen, oder die natürlichen Gegenspieler wie Schlupfwespen und räuberische Gallmücken zu fördern, die den Befall langfristig reduzieren helfen.

Zu diesem Zweck lohnt es sich auch von der Schildlaus besiedeltes Schnittgut im Garten zu belassen: Die Schildläuse sitzen darauf fest, die Nützlinge können jedoch wieder auf andere Pflanzen übersiedeln. Dort bekämpfen sie nicht nur die Maulbeerschildlaus, sondern auch viele weitere Schaderreger. Nähere Informationen zur Maulbeerschildlaus finden Sie in diesem Merkblatt.

Grüne Reiswanze (Nezara viridula)

Nahaufnahme einer Grünen Reiswanze
Grüne Reiswanze (Nezara viridula)
Quelle: fcerez - stock.adobe.com

Dieser in warmen Regionen weltweit verbreitete Pflanzensaftsauger ist bereits seit Jahrzehnten gelegentlich als Klimaanzeiger in Deutschland anzutreffen, konnte sich aufgrund der einst strengeren Winter jedoch lange nicht dauerhaft ansiedeln. Für den Oberrheingraben ist das jedoch nicht mehr zutreffend. Etwa seit 2010 hat sich die Art dort vor allem im Gemüsebau als Dauerschädling etabliert und zählt nun im Sommer zu den optisch auffälligsten Insekten – vor allem die vielen bunt gefärbten Larven, die dem Pflanzenschutzdienst mitunter als „schwarze Marienkäfer“ gemeldet werden.

Die erwachsenen Reiswanzen können auf den ersten Blick mit der ebenfalls überwiegend grün gefärbten, jedoch nicht als Schädling einzustufenden Gemeinen Stinkwanze (Palomena prasina) verwechselt werden. Gegen die Grüne Reiswanze können für den Haus- und Kleingarten zugelassene nützlingsschonende Pflanzenschutzmittel gegen saugende Insekten angewendet werden. Diese schonen Schlupfwespen, die sowohl die erwachsenen Wanzen als auch deren Eier parasitieren. Nähere Informationen finden Sie hier.

Japankäfer (Popillia japonica)

Nahaufnahme eines Japankäfers
Japankäfer (Popillia japonica)
Quelle: hildeanna - stock.adobe.com

Der Japankäfer ähnelt äußerlich dem Maikäfer und dem Gartenlaubkäfer. In Japan selbst halten ihn natürliche Gegenspieler in Schach. Anderswo richtet er durch sein massenhaftes Auftreten Millionenschäden an: Seine Engerlinge fressen an den Pflanzenwurzeln, insbesondere von Rasenflächen; die ausgewachsenen Käfer an den oberirdischen Pflanzenteilen von über 200 Wirtspflanzen, darunter auch Obst und Wein.

In Deutschland wurde der Japankäfer bislang noch nicht beobachtet, in Italien ist er allerdings seit einigen Jahren etabliert. 2016 folgten erste Meldungen aus der Südschweiz, daher ist er unter den noch nicht gemeldeten neuen Schaderregern der wahrscheinlichste Kandidat für den südlichen Oberrheingraben. Als Quarantäneschädling muss er bei Verdacht dem zuständigen Pflanzenschutzdienst gemeldet werden. Gegen den Japankäfer helfen sowohl Insektizide als auch biologische Mittel und biotechnische Maßnahmen. Nähere Informationen finden Sie hier.

Letzte Aktualisierung: 25. September 2023


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