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Invasive Arten – Bedrohung für die Landwirtschaft?

Gebietsfremde Pflanzen oder Tiere verändern oft das Gleichgewicht in einem Ökosystem. Für die Landwirtschaft kann dies zum Problem werden.

Erwachsener Japankäfer auf einem Blatt mit Lochfraß.
Kleiner Käfer – große Gefahr: Gebietsfremde Arten wie der Japankäfer "Popillia japonica" können immense Schäden in Gartenbau und Landwirtschaft verursachen. Eine Ausbreitung sollte frühzeitig verhindert werden.
Quelle: silukstockimages/stock.adobe.com

Was sind invasive Arten?

Werden Tier- oder Pflanzenarten vom Menschen in Gebiete eingebracht, in denen sie natürlicherweise nicht heimisch sind, so spricht man von gebietsfremden Arten. Diese werden zu invasiven Arten, sobald sie sich an ihrem neuen Standort etablieren und gleichzeitig die ursprüngliche Lebensgemeinschaft beeinträchtigen.

Wie verbreiten sich invasive Arten?

Dabei werden die Tier- und Pflanzenarten sowohl absichtlich durch den Menschen in neuen Gebieten angesiedelt – wie das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera), das als Zierpflanze und Bienenweide nach Europa kam. Oder sie gelangen unbeabsichtigt mit dem Menschen in neue Gebiete. Ein Beispiel ist die Körbchenmuschel (Corbicula fluminea), die quasi als blinder Passagier mit dem Schiffsverkehr von Asien aus verbreitet wurde.

Dass der Mensch unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten in Mitteleuropa von einem Gebiet in ein anderes bringt und diese sich dann dort ansiedeln, ist nicht neu. Erste Beispiele sind bereits seit Beginn des Ackerbaus rund 5.500 Jahre vor Christus bekannt.

Blühende Pflanzen des Drüsigen Springkrautes in der freien Natur.
Einst als Zierpflanze nach Deutschland gebracht, hat sich das Drüsige Springkraut in der freien Natur nun weit verbreitet.
Quelle: orestligetka/stock.adobe.com

Die Zahl gebietsfremder und invasiver Arten nimmt seit Jahrhunderten in allen Regionen zu. Durch den globalisierten Handel und den weltweiten Tourismus gelangen gebietsfremde Arten auf verschiedenen Wegen des Güter- und Personenverkehrs immer schneller in neue Gebiete.

Die Einfuhr größerer Tiere ist durch das Washingtoner Artenschutzabkommen geregelt. Schwierig ist es jedoch, kleinere Wirbellose, Insekten, Mikroorganismen, Pilzsporen oder Pflanzensamen zu kontrollieren. Sie sind aufgrund ihrer Größe schwer zu finden. So sind beispielsweise Samen des giftigen Schmalblättrigen Greiskraut (Senecio inaequidens) über importierte Schafswolle von Südafrika in viele Teile der Welt gelangt.

Wie viele Arten sind invasiv?

Probleme mit invasiven Arten gibt es weltweit. Der Weltbiodiversitätsrat IPBES geht von mehr als 37.000 gebietsfremden Arten aus, über 3.500 davon gelten als invasiv – mit steigender Tendenz in allen Regionen. In der gesamten EU soll es rund 12.000 gebietsfremde Arten geben. Von diesen benennt die EU in einer Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung – kurz "Unionsliste" – 88 Tier- und Pflanzenarten, die für die heimische Natur problematisch sind.

Der Weltbiodiversitätsrat IPBES geht davon aus, dass die Zahl der gebietsfremden Arten bis zum Jahr 2050 um ein Drittel zunehmen wird. Die Schätzung bezieht sich allerdings auf den unwahrscheinlichen Fall gleichbleibender Bedingungen, also keiner weiteren Beschleunigung der Weltwirtschaft, keiner zunehmenden Land- und Meeresnutzung oder demografischen Änderung und auch keiner weiteren Verschärfung des Klimawandels.

Neobiota und Archäobiota

Die Wissenschaft legt die Entdeckung Amerikas 1492 als "Stichtag" für eine zeitliche Abgrenzung fest: Alle gebietsfremden Arten, die bis zu diesem Jahr in ein Gebiet eingebracht wurden und sich im Folgenden dort angesiedelt haben, bezeichnet man als Archäobiota, alle danach eingeführten und etablierten Arten sind Neobiota.

Heutzutage stammen über 70 Prozent unserer Lebensmittel von ursprünglich nicht heimischen Pflanzen. Beispiele für Archäobiota sind etwa Weizen und Linsen, welche beide aus Vorderasien stammen. Bekannte Neobiota sind Kartoffeln, Tomaten, Mais oder Kürbis, welche allesamt in Mittel- oder Südamerika beheimatet sind.

Was macht eine gebietsfremde Art zu einer invasiven Art?

Die meisten der eingebrachten Arten können sich in ihrer neuen Umgebung nicht dauerhaft ansiedeln. Dies gelingt häufig nur denjenigen, die aus Regionen mit ähnlichen Klimabedingungen stammen. Haben sich die eingebrachten Arten dann doch etabliert, so sind sie überwiegend völlig unproblematisch an ihrem neuen Standort. Teilweise werden sie sogar als Bereicherung empfunden. Viele unterliegen sogar dem allgemeinen Artenschutz für wildlebende Arten: Manche Archäobiota stehen auf der Roten Liste und sind damit geschützt.

Nur wenige gebietsfremde Arten sind invasiv, beeinflussen in den neuen Regionen die vorhandenen Ökosysteme und Lebensgemeinschaften also negativ und verdrängen heimische Arten. Dies geschieht zum Beispiel dadurch, dass sie mit einheimischen Arten um Lebensräume oder Nahrung konkurrieren, Krankheiten übertragen oder durch Kreuzung mit den heimischen Arten den Genpool verändern. Neben den Problemen im Naturschutz, können invasive Arten als Schädlinge auftreten und Krankheiten bei Pflanzen, Tieren und Menschen verursachen.

Ob eine gebietsfremde Art zu einem Problem werden kann, hängt auch davon ab, wie rasch sie sich in der neuen Umgebung ausbreiten kann. Findet sie am neuen Standort ähnliche klimatische Bedingungen vor und es fehlen zudem noch die Fressfeinde, so ist die Ausgangsposition für eine Ansiedlung optimal.

Adulter Asiatischer Marienkäfer und Blattläuse auf Pflanzenblatt.
Der Asiatische Marienkäfer wurde Anfang der 80er Jahre nach Europa eingeführt, um in Gewächshäusern Blattläuse biologisch zu bekämpfen. Er gelangte ins Freiland und verdrängt inzwischen andere heimische Marienkäfer-Arten.
Quelle: David Daniel/stock.adobe.com

Eine weitere Rolle spielt die Klimaerwärmung: Aufgrund der milderen Winter können sich frostempfindliche Arten leichter ansiedeln und ausbreiten.

Manche invasive, aber auch heimische Arten können so statt einer Generation auch zwei Generationen im Jahr hervorbringen und sich in kurzer Zeit stark ausbreiten – wie der Maiszünsler (Ostrinia nubilalis).

Zudem ist das frühzeitige Erkennen gebietsfremder Arten ausschlaggebend. Frühwarnsysteme helfen dabei, neue invasive Arten rechtzeitig auszumachen. Auf diese Weise wird es möglich, eine Etablierung und Ausbreitung zu verhindern. Je länger eine invasive Art sich in einem Gebiet verbreitet, umso schwieriger wird es, sie zu bekämpfen, wie das Beispiel des Japanischen Staudenknöterich in Deutschland zeigt. Die Kosten für die Verhinderung einer Ausbreitung beziehungsweise die Bekämpfung einer invasiven Art sind hoch.

Welche Auswirkungen haben invasive Arten auf Natur und Landwirtschaft?

Die eingeschleppten oder absichtlich angesiedelten Arten gelten als eine der Hauptursachen für den weltweiten Artenrückgang. Bei über 60 Prozent aller ausgestorbenen Tiere und Pflanzen waren invasive Arten weitgehend daran beteiligt. In 16 Prozent gelten invasive Arten sogar als alleinige Ursache für das Aussterben einer Art an einem Ort.

So soll der Nordamerikanische Ochsenfrosch (Lithobates catesbeianus) ein wesentlicher Grund für das Aussterben des Ash-Meadows-Killifischs im US-amerikanischen Staat Nevada gewesen sein. Rotfüchse, Hauskatzen sowie Wildkaninchen führten zum Aussterben des Kleinen Kaninchennasenbeutlers in Australien.

Zwei erwachsene Kirschessigfliegen Drosophila suzukii an einer reifen Himbeere.
Die Kirschessigfliege Drosophila suzukii befällt gesunde Früchte weichfleischiger Obstarten kurz vor der Ernte.
Quelle: Tomasz/stock.adobe.com

In der Landwirtschaft gibt es viele Beispiele für Schäden durch invasive Arten. Die Raupen des Maiszünslers fressen sich durch die Stängel von Maispflanzen und führen zur Unterbrechung des Nährstofftransports, was meist erhebliche Ertrags- und Qualitätseinbußen verursacht. Er gilt weltweit als wichtigster Schädling im Mais und kommt ursprünglich aus den Tropen.

Auch die Larven des Asiatischen Laubholzbockkäfers (Anoplophora glabripennis) schädigen durch einen Fraß im Pflanzeninneren. Der ursprünglich in Asien beheimatete Käfer befällt bei uns beinah alle heimischen Laubholzarten. Bei starkem Befall können die Bäume sogar absterben. Die Grüne Reiswanze (Nezara viridula) soll vom Menschen von Ostafrika aus verbreitet worden sein.

Sie saugt hierzulande an Blättern und Früchten vieler Nutzpflanzen, unter anderem Obst und Gemüse wie Kirschen und Tomaten, aber auch an Ackerfrüchten wie Bohnen und Mais. Die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii)stammt aus Asien und ist seit 2014 in ganz Deutschland verbreitet. Sie befällt – im Gegensatz zu den heimischen Fruchtfliegen – gesunde weichfleischige Früchte kurz vor der Ernte und verursacht regelmäßig große Schäden mit hohen wirtschaftlichen Verlusten im Obst- und Weinbau.

Historische Beispiele: Kraut- und Knollenfäule und Falscher Mehltau

Der Schadpilz Phytophthora infestans wurde um 1840 von Nordamerika nach Europa eingeschleppt. Er infiziert alle Teile der Kartoffelpflanze und verursachte von 1845 bis 1849 große Ernteausfälle des so wichtigen Grundnahrungsmittels. In Irland kam es zur Großen Hungersnot, infolge derer rund eine Million Menschen starben – etwa zwölf Prozent der irischen Bevölkerung – und weitere zwei Millionen auswanderten.

Am Beispiel der Kraut- und Knollenfäule an Kartoffeln wird deutlich, welche immensen Auswirkungen der Befall mit einer invasiven Art haben kann und auch wie lange die Schäden nachwirken können. Die Kraut- und Knollenfäule gehört auch heute noch zu den wichtigsten Krankheiten an der Kartoffel. Landwirtinnen und Landwirte stehen vor großen Herausforderungen: Neue aggressive Pilzstämme verbreiten sich, eingesetzte Pflanzenschutzmittel wirken oft nicht mehr, Resistenzen des Schadpilzes gegen die eingesetzten Mittel bedrohen den Kartoffelertrag.

Auch der Erreger des Falschen Mehltau an der Weinrebe, der Pilz Plasmopara viticola, ist ein Beispiel. Der Pilz kommt ursprünglich auf wildwachsenden nordamerikanischen Rebarten vor, die gegen ihn allerdings weitgehend immun sind. 1878 kam er nach Europa, vermutlich mit Rebmaterial, das als Unterlage zur Bekämpfung der Reblaus diente.

Im Weinbau stellt der Falsche Mehltau eine große Herausforderung dar – insbesondere im ökologischen Anbau, da hier neben Kupfer keine anderen Präparate zur Bekämpfung eingesetzt werden dürfen. Ein starker Befall kann die Trauben komplett unbrauchbar machen. Ernteausfälle sind die Folge, darüber hinaus beeinträchtigt der Pilz auch langfristig die Vitalität und das Wachstum der Reben. Mit der Züchtung und dem Anbau pilzwiderstandsfähiger Weinrebensorten, sogenannter Piwis, versucht der Weinbau, die Schäden durch Falschen Mehltau zu reduzieren.

Wie hoch sind die Schäden?

Invasive Arten haben in der europäischen Land- und Forstwirtschaft wirtschaftliche Schäden in Höhe von 116,61 Milliarden Euro verursacht – allein im Zeitraum von 1960 bis 2020. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studiengruppe des Senckenberg Forschungsinstituts. Neben Großbritannien, Spanien und Frankreich gehört Deutschland zu den am stärksten betroffenen Ländern. Mindestens 8,21 Milliarden Euro betrugen die erfassten Schäden hierzulande, indirekte Kosten durch gesundheitliche Folgen oder ökologische Schäden sind in der Berechnung nicht enthalten.

Asiatische Hornisse

Adulte Asiatische Hornisse.
Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) hat eine schmale gelbe Binde und ist nach hinten gelb-schwarz gefärbt.
Quelle: Henk Wallays/Wirestock/stock.adobe.com

Eine neue gebietsfremde und invasive Art ist die Asiatische Hornisse (Vespa velutina). 2004 erstmals in Europa nachgewiesen, hat sie sich zügig ausgebreitet und wird seit 2014 in Deutschland beobachtet. Insbesondere Imkerinnen und Imker sorgen sich vor der neuen Hornissenart, da es in verschiedenen Ländern zu Schäden an Honigbienen gekommen ist. Als Allesfresserin ernährt sich die Asiatische Hornisse von Fliegen, Käfern, Mücken, Wirbeltieren, Früchten und eben von Honigbienen.

Der Anteil von Honigbienen an der Nahrung kann bis zu 80 Prozent betragen. Vor allem in städtischen Gebieten stellen sie die Hauptbeute der Asiatischen Hornisse dar. Fallen durch die gefräßigen Asiatischen Hornissen ganze Bienenschwärme für die Bestäubung aus, so hat das auch Folgen für den Obst- und Weinbau.

Die Asiatische Hornisse ist vom Kopf bis zum Beginn des Hinterteils schwarz gefärbt und ein bisschen kleiner als die Europäische Hornisse (Vespa crabro).

Wer eine Asiatische Hornisse sieht, kann dies über eine Web-App unter https://www.naturgucker.info/naturgucker-tipps/asiatische-hornisse an NABU-naturgucker.de melden. Die App enthält viele Bilder, um Verwechslungen zum Beispiel mit der Europäischen Hornisse, anderen Wespen sowie Wespenschwebfliegen zu vermeiden.

Letzte Aktualisierung: 12. September 2024


Weitere Informationen

Bundesamt für Naturschutz (BfN): Gebietsfremde und invasive Arten

ARD Alpha: Pflanzen und Tiere auf Wanderschaft

IPBES-Bericht: Schäden durch invasive Arten wachsen exponentiell

Naturschutzbund Deutschland (NABU): Die Asiatische Hornisse breitet sich in Deutschland weiter aus


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