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Torf: unersetzlich oder verzichtbar?

Torf steckt in vielen gärtnerischen Produkten, doch seine Verwendung steht in der Kritik. Was macht Torf so besonders? Was sind die Alternativen?

In Deutschland darf Torf nur noch auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen abgebaut werden.
Quelle: contadora1999 - stock.adobe.com

Torf steckt in zahlreichen Blumenerden, in Presstöpfen für die Sämlingsanzucht und in den Wurzelballen der meisten im Handel angebotenen Pflanzen – ob Gehölz, Staude, Balkonblume oder Gemüsejungpflanze.

Und das, obwohl ihn dort viele Menschen gar nicht mehr haben möchten: Torf steht seit Jahren in der Kritik, seine Verwendung wird oft gleichgesetzt mit der Zerstörung intakter Moore. Zurecht? Welche Eigenschaften machen Torf so besonders und wie kann er durch umweltfreundlichere Alternativen ersetzt werden?

Torfbildung – 1.000 Jahre für einen Meter

Ob Wiese, Wald oder Gartenboden: Regenwürmer, Asseln, Springschwänze, Pilze, Bakterien und viele weitere Bodenorganismen sorgen normalerweise dafür, dass totes pflanzliches Material rasch zersetzt wird. In Mooren sind die Böden aber über längere Zeiträume oder dauerhaft wassergesättigt. In dieser sauerstoffarmen Umgebung gehen Abbauprozesse nur sehr langsam vonstatten. Das nur teilweise zersetzte Material sammelt sich allmählich an und bildet eine ganz besondere Humusform, den Torf. Etwa 1.000 Jahre dauert es, bis sich eine einen Meter dicke Torfschicht gebildet hat.

Es gibt unterschiedliche Arten von Mooren: Niedermoore sind artenreiche Lebensräume, deren Wasserzufuhr sich aus dem Grundwasser speist oder die regelmäßig überflutet werden. Hochmoore hingegen speisen sich ausschließlich aus Niederschlägen. Aufgrund der entsprechend geringen Nährstoffeinträge und dem niedrigen pH-Wert wachsen dort vergleichsweise wenige, sehr anspruchslose Pflanzen, vor allem Torfmoose.

Für die Pflanzenproduktion wird vor allem Hochmoortorf verwendet. Er ist sehr einheitlich in seiner Zusammensetzung, nährstoffarm und hat einen niedrigen pH-Wert. Der älteste und daher auch am stärksten zersetzte Torf wird als Schwarztorf bezeichnet. Der jüngere Weißtorf ist deutlich gröber strukturiert.

Torf bringt hervorragende Eigenschaften mit, um Pflanzen mit möglichst wenig Aufwand in großer Zahl anbauen zu können.
Quelle: auremar - stock.adobe.com

Torf – nichts drin und gerade deshalb gärtnerisch wertvoll

Jahrhundertelang war Torf vor allem als Brennstoff verwendet worden. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dann aber insbesondere der Hochmoorweißtorf zum Hauptausgangsstoff für gärtnerische Kultursubstrate, also für "Blumenerden". Denn er bringt gleich eine ganze Reihe von Vorteilen mit sich:

Einheitliche Eigenschaften und flexibel anpassbar an die anzubauenden Pflanzen – eine geradezu sensationelle Kombination, wenn es darum geht, Pflanzen mit möglichst wenig Aufwand in großer Zahl anzubauen. Noch dazu war Weißtorf jahrzehntelang äußert preisgünstig.

Das änderte sich, als der Natur- und Umweltschutz an Bedeutung gewann und Moore aus einem neuen Blickwinkel betrachtet wurden.

Moore sind wertvolle Lebensräume und CO2-Speicher.
Quelle: Blickfang - stock.adobe.com

Moore – unersetzlich als Lebensräume und CO2-Speicher

Einst galten Moore als wertloses Land und es wurden aufwändige Entwässerungsmaßnahmen ergriffen, um die sumpfigen Flächen landwirtschaftlich oder für den Torfabbau nutzbar zu machen. Heute wissen wir, dass Moore gleich in zweifacher Hinsicht äußerst wertvoll sind.

Zum einen als einzigartige Lebensräume für viele Pflanzen und Tiere, darunter auch zahlreiche bedrohte Arten. Zum anderen als Kohlenstoffspeicher, denn der in den Pflanzen enthaltene Kohlenstoff entweicht nicht, wie bei der normalen Humusbildung als CO2 in die Atmosphäre, sondern wird im Torf konserviert.

Wo intakte Moore entwässert werden, gehen nicht nur wertvolle Biotope verloren. Es setzen auch die Abbauprozesse wieder ein, die vorher durch den Wasserabschluss gestoppt worden waren. In der Folge wird der im Torf gebundene Kohlenstoff als Klimagas CO2 frei und trägt zur Erderwärmung bei. Der Schutz intakter Moore ist somit aktiver Klimaschutz.

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Torfabbau in Deutschland

Der weit überwiegende Teil des in Deutschland gewonnenen Torfs stammt aus Niedersachsen. Die Abbaumenge hat sich zwischen 2005 und 2019 von rund acht Millionen Kubikmetern auf 4,7 Millionen reduziert. Dafür werden immer größere Mengen importiert – das meiste aus dem Baltikum.

In Deutschland werden seit Ende der 1980er-Jahre keine intakten Moore mehr für den Abbau freigegeben. Torf wird hierzulande nur noch auf Flächen abgebaut, die vorher landwirtschaftlich genutzt, also schon vor Jahrzehnten entwässert wurden. Von diesen Flächen darf eine genau festgelegte Menge Torf gewonnen werden. Die Produzenten verpflichten sich im Gegenzug, die Abbauflächen anschließend zu renaturieren.

Aus landwirtschaftlichen Flächen entstehen also nach der Zwischennutzung für den Torfabbau wieder neue Moore und somit lebendige Lebensräume. Auch die CO2-Bilanz der Flächen soll auf diese Weise langfristig wieder ausgeglichen werden.

Bei einem durchschnittlichen Torfwachstum von einem Millimeter pro Jahr kann die abgebaute Torfmenge jedoch nur über Jahrzehnte und Jahrhunderte allmählich ersetzt werden.

Unstrittig besser wäre es daher, wenn landwirtschaftlich genutzte ehemalige Moorflächen sofort renaturiert würden. Die Zwischennutzung zum Torfabbau ist eine Kompromisslösung.

Auch in professionellen Gartenbaubetrieben geht der Trend zu torfreduzierten und torffreien Substraten.
Quelle: Ingo Bartussek - stock.adobe.com

Torfverzicht – ganz einfach oder unmöglich?

Zumindest im Erwerbsgartenbau wird sich nicht von heute auf morgen auf Torf verzichten lassen. Es sind vor allem zwei Gründe, die hier dafür sorgen, dass die Umstellung auf torfreduzierte oder sogar komplett torffreie Substrate relativ langsam vonstattengeht: Zum einen ist es schwierig, aus Torfersatzstoffen ähnlich beständige Substrate zu entwickeln, zum anderen sind nicht alle diese Ersatzstoffe immer in ausreichender Menge verfügbar. 

Grünkompost, Rindenhumus, Holzfaser, Kokosfaser, Kokosmark, Kokoschips, Perlite, Blähton – die Liste potenzieller Torfersatzstoffe ist lang, doch keiner kann allein verwendet werden und jede Komponente bringt ganz unterschiedliche physikalische und chemische Eigenschaften sowie Qualitäten mit sich.

Zwar gibt es auch beim Weißtorf unterschiedliche Qualitäten. Die Unterschiede, die zum Beispiel zwischen zwei Kompost- oder zwei Rindenhumuschargen auftreten können – auch noch während des Pflanzenanbaus – sind jedoch wesentlich größer. Es ist daher eine Wissenschaft für sich, aus Torfersatzstoffen ein Substrat zu mischen, dass ähnlich homogen und beständig in seinen Qualitätseigenschaften ist wie die bewährten Torfsubstrate.

Gartenbaubetriebe, die torffreie Substrate verwenden, müssen ihre Kulturen deutlich intensiver überwachen, um beispielsweise auf Veränderungen in den Nährstoffgehalten rechtzeitig reagieren zu können. Eine Umstellung bedeutet also ein höheres unternehmerisches Risiko und höhere Kosten, die zumindest teilweise auf die Endprodukte umgelegt werden müssen.

Die Frage lautet daher ähnlich wie bei der Umstellung auf ökologischen Anbau: Sind die Kundinnen und Kunden bereit, für Zimmerpflanzen, Balkonblumen, Gemüsesetzlinge, Containerrosen und andere gärtnerische Produkte mehr zu zahlen?

Und auch Betriebe, die diese Frage für sich bejahen, stehen noch vor dem Problem, dass aktuell die verfügbare Menge aller Torfersatzstoffe nicht ausreicht, um Torf komplett zu ersetzen.

Cover der Broschüre "Torf und alternative Substratausgangsstoffe"

BZL-Broschüre

Torf und alternative Substratausgangsstoffe

Torf ersetzen: Das Heft vergleicht die Eigenschaften alternativer Substratausgangsstoffe mit denen von Torf und bietet einen umfassenden Überblick über ihre Eignung als Torfersatz.

Zur Broschüre

Insbesondere regional sind Torfersatzstoffe nicht immer in ausreichender Menge erhältlich – auch aufgrund der Konkurrenz zu anderen Branchen. Holz beispielsweise wird auch zur Herstellung von Papier und Spanplatten benötigt, Rinde dient als Heizmaterial, Kokosfasern werden für die Fertigung von Kokosmatten, Matratzen, Autositzen, Wärmedämmstoffen und Erosionsschutzmatten verwendet.

Hinzu kommen bei Importen soziale und Umweltschutzaspekte. Bei der Bewertung von Kokosprodukten etwa müssen auch die Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern, das erforderliche Waschen in Süßwasser (um die für Kokos charakteristischen hohen Salzgehalte zu senken) sowie lange Transportwege berücksichtigt werden.

Auch wenn es bis zum kompletten Torfverzicht noch ein weiter Weg ist; nahezu alle Substrathersteller haben mittlerweile verschiedene torfreduzierte oder torffreie Produkte im Sortiment.

Um zukünftig verantwortungsbewusster mit der Ressource Torf umzugehen, hat sich die Substratindustrie inzwischen selbstverpflichtet, bei den auf dem deutschen Markt angebotenen Blumenerden für den Hobbygartenbereich den Torfanteil bis 2025 auf 50 Prozent und bis 2030 weiter auf 30 Prozent zu reduzieren. Bei Profisubstraten werden 80 Prozent (bis 2025) beziehungsweise 70 Prozent (bis 2030) angestrebt. Erfreulich ist, dass die Branche dieses erste Etappenziel in beiden Bereichen bereits vorzeitig erreicht hat. Laut Industrieverband Garten betrug der Torfanteil 2023 nur noch 41 Prozent bei Hobbysubstraten und 73 Prozent bei solchen für den Profibereich.

Zudem laufen diverse Forschungsprojekte, die den Wechsel auf torffreie Substrate weiter beschleunigen sollen. Es werden zum Beispiel diverse Substratmischungen für bestimmte Pflanzenkulturen getestet, es wird ermittelt, unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang bestimmte Rohstoffe hierzulande angebaut werden können, und natürlich geht auch die Suche nach weiteren potenziellen Torfersatzstoffe weiter.

Es geht auch ohne Torf – zum Beispiel mit selbstgemachten Anzuchttöpfen aus Eierkartons oder Zeitungspapier.
Quelle: Maya Kruchancova - stock.adobe.com

Das können Sie tun

Im Gegensatz zum Erwerbsgartenbau spielen im Hobbybereich uniforme Pflanzen und Höchsterträge eine untergeordnete Rolle, sodass der Verzicht auf Torf wesentlich einfacher ist. Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtner können bereits jetzt auf ein großes Angebot an torfreduzierten und torffreien Substraten zurückgreifen und damit einen wichtigen Beitrag zum Natur- und Klimaschutz leisten. Aber Achtung: Der Aufdruck "bio" bedeutet nicht automatisch auch torfreduziert oder torffrei. Gewissheit schaffen nur entsprechende Hinweise beziehungsweise ein Blick auf die Inhaltsstoffe.

Da insbesondere torffreie Substrate weniger universell einsetzbar sind als torfhaltige Produkte, empfiehlt es sich, torffreie Spezialerden zu verwenden. Diese sind genauer auf die Ansprüche bestimmter Pflanzenarten abgestimmt. 

Zur Pflanzenanzucht können Sie torffreie, meist aus Kokosfaser und -mark bestehende Quelltabletten verwenden, auf Eierkartons zurückgreifen oder kleine Papiertöpfchen aus Zeitungspapier selbst herstellen.

Gartenbaubetriebe, die ihre Pflanzen in torffreien Substraten heranziehen, bewerben dies in der Regel mit Aufdrucken auf den Pflanztöpfen oder Stecketiketten. Viele Bio-Verbände beschränken den Einsatz von Torf bei der Jungpflanzenanzucht und der Topfkultur in ihren Richtlinien. Auch beim Kauf von Pflanzen und Lebensmitteln können Verbraucherinnen und Verbraucher die aktuellen Entwicklungen also aktiv beeinflussen.

Letzte Aktualisierung: 30. September 2024


Weitere Informationen

Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL): Torfverwendung reduzieren - Klima schützen

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): BUND-Einkaufsführer für torffreie Erden

torffrei.info: Gärtnern ohne Torf – schütze das Klima!

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR): Torffreie Substrate, Erden

Oekolandbau.de: Paludikultur – Moore vernässen und landwirtschaftlich nutzen

Oekolandbau.de: Torfreduktion im Öko-Gartenbau


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