Welches Potenzial hat Pflanzenkohle für Landwirtschaft und Klima?
Pflanzenkohle ist ein Verkohlungsprodukt pflanzlicher Biomasse, dem in vielerlei Hinsicht positive Eigenschaften zugeschrieben werden.
Zahlreiche Studien der letzten Jahre belegen, dass man mit Pflanzenkohle der Atmosphäre langfristig Kohlenstoffdioxid (CO2) entziehen kann. Doch nicht nur das: In Landwirtschaft und Gartenbau eingesetzt wirkt Pflanzenkohle als Nährstoff- und Wasserspeicher und hat darüber hinaus positive Effekte auf die Fruchtbarkeit der Böden und das Pflanzenwachstum.
Doch was genau ist Pflanzenkohle? Woraus besteht sie, wie wird sie hergestellt und wie wirkt sie?
Was ist Pflanzenkohle?
Kurz gesagt, handelt es sich bei Pflanzenkohle um ein poröses kohlenstoffreiches Material, das entsteht, wenn man pflanzliche Biomasse unter Luftabschluss bei sehr hohen Temperaturen von mindestens 400 Grad Celsius erhitzt. Diesen Vorgang nennt man in der Fachsprache Pyrolyse. Als Nebenprodukte entstehen dabei Pyrolyseöl und Pyrolysegas, welche durch Verbrennung energetisch genutzt werden können – zum Beispiel in Nahwärmenetzen oder Industrieanlagen.
Was sind Ausgangsstoffe für die Pyrolyse?
Die Palette der möglichen Ausgangsstoffe ist sehr breit: Sie reicht von Baum- oder Strauchschnitt über Ernterückstände wie Stroh oder Spelzen, Sägespäne, Laub, Küchen- und Kantinenabfälle bis hin zu Rückständen aus der Lebensmittelverarbeitung. Sehr feuchte Biomasse muss erst auf einen gewissen Trockenmassegehalt runtergetrocknet werden, bevor sie pyrolisiert werden kann.
Grundsätzlich gilt: Je holziger das Ausgangsmaterial, umso höher ist später der Kohlenstoffgehalt der Pflanzenkohle. Während also zum Beispiel Pflanzenkohle aus holzigem Ausgangsmaterial (Baum- und Strauchschnitt) mit 70 bis 90 Prozent einen hohen Kohlenstoffgehalt aufweist, liegt dieser bei Pflanzenkohle aus Stroh, Laub oder Getreidespelzen mit 40 bis 60 Prozent niedriger.
Pflanzenkohle ist keine neue Erfindung
Schon die Ureinwohner Südamerikas im Amazonasgebiet stellten vor rund 4.000 Jahren Pflanzenkohle her und brachten sie zusammen mit Asche, Küchenabfällen und Fäkalien auf ihre Felder aus. Über die Jahrhunderte entstand daraus eine tiefschwarze und sehr fruchtbare Erde – die Terra Preta.
Das Wissen über die Terra Preta und die damit in Zusammenhang stehende Pflanzenkohle geriet jedoch lange Zeit in Vergessenheit. Erst die Herausforderungen des Klimawandels haben das Potenzial der Pflanzenkohle vor etwa 20 Jahren wieder stärker in den Fokus gerückt.
Warum ist Pflanzenkohle gut fürs Klima?
Pflanzen bestehen etwa zur Hälfte aus Kohlenstoff. Diesen nehmen sie während ihres Wachstums in Form von CO2 aus der Atmosphäre auf. Sterben die Pflanzen ab, wird der in ihnen gebundene Kohlenstoff durch biologische Abbauprozesse wieder freigesetzt und geht größtenteils als CO2 zurück in die Atmosphäre.
Diesen natürlichen Kreislauf kann man durch Pyrolyse im Sinne des Klimaschutzes unterbrechen. Bei der Verkohlung wird nämlich ein Großteil des Kohlenstoffs aus der pflanzlichen Biomasse so fest in molekulare Strukturen eingebunden, dass er nur sehr langsam wieder freigesetzt wird. Auf diese Weise verbleiben rund 50 Prozent des in den Pflanzen enthaltenen Kohlenstoffs über Jahrhunderte in der Pflanzenkohle und gelangen somit vorerst nicht zurück in die Atmosphäre. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang auch von "negativen Emissionen".
Welche positiven Eigenschaften hat Pflanzenkohle noch?
Doch Pflanzenkohle kann nicht nur Kohlenstoff binden. Wie die Ureinwohner Südamerikas schon sehr früh erkannt haben, besitzt sie auch bodenverbessernde Eigenschaften und gilt als außerordentlich guter Wasser- und Nährstoffspeicher. Wie man heute weiß, minimiert Pflanzenkohle darüber hinaus die biologische Verfügbarkeit von Schwermetallen im Boden und verringert Lachgas-Emissionen sowie Nitratauswaschungen. Alle diese Eigenschaften konnten in wissenschaftlichen Studien inzwischen mehrfach belegt werden.
Wie wird Pflanzenkohle angewendet?
Pflanzenkohle erfüllt ihre positive Wirkung auf den Boden und das Pflanzenwachstum am besten im Wurzelbereich von Pflanzen und sollte daher wurzelnah in den Boden eingearbeitet werden. Wichtig ist, dass sie vorab mit Nährstoffen "aufgeladen" wird. Denn andernfalls würde die Pflanzenkohle die Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen und binden und könnte das Pflanzenwachstum somit hemmen. Pflanzenkohle wird daher meist als Trägerstoff für Düngemittel, zur Güllebehandlung, als Zusatz zu Komposten oder Stalleinstreu verwendet. Die "aufgeladenen" Nährstoffe werden bei Einarbeitung in den Boden dann nach und nach wieder abgegeben.
Am besten schneidet die Kaskadennutzung ab
Die nachhaltigste Methode, Pflanzenkohle zu verwenden, ist die sogenannte Kaskadennutzung über die Tierhaltung. Sie könnte zum Beispiel damit beginnen, dass man Pflanzenkohle dem Futter der Milchkühe beimischt. Untersuchungen konnten zeigen, dass Pflanzenkohle sowohl die Futteraufnahme als auch die Verdauung der Tiere fördert. Mit der Ausbringung der Ausscheidungen gelangt die Pflanzenkohle dann – bereits mit den Nährstoffen aus der Gülle "aufgeladen" – als hochwertiger Dünger auf den Acker.
Wie weit verbreitet ist der Einsatz von Pflanzenkohle?
Laut einer Studie des Instituts für Ländliche Strukturforschung (ifls) aus dem Jahr 2023 ist Pflanzenkohle bislang noch ein Nischenthema – allerdings nimmt das Interesse daran zu. "In den vergangenen Jahren gab es eine rasante Entwicklung sowohl in der Forschung und Entwicklung zum Thema Pflanzenkohle als auch bei der Produktion und der Anwendung in der Praxis", so die Autoren der Studie.
Innerhalb Europas ist Deutschland aktuell das Land mit der größten Produktionsmenge von Pflanzenkohle. Schätzungsweise 50 Anlagen sollen laut ilfs in Betrieb sein mit einer Produktionskapazität von knapp 23.000 Tonnen Pflanzenkohle (Stand Januar 2023).
Letzte Aktualisierung: 6. Februar 2024
Weitere Informationen
German Biochar e.V. : Pflanzenkohle – Was ist das?
Praxis-agrar.de: Pflanzenkohle: Das Klima schützen und Böden verbessern