Hühnerhaltung im Mobilstall
Die konventionelle Hühnerhaltung steht häufig in der Kritik. Auch das ist ein Grund, wieso immer mehr Betriebe auf mobile Ställe setzen.
Derzeit gibt es in Deutschland etwa 3.000 Betriebe mit Mobilställen. Sie halten dort, nach Schätzungen des Bundesverbandes mobile Geflügelhaltung, rund drei Millionen Hühner. Vor dem Hintergrund, dass insgesamt in Deutschland mehr als 159 Millionen Hühner gehalten werden, erscheint das nicht viel, doch die Zahl mobiler Ställe wächst und dafür gibt es gute Gründe.
Welche Vorteile bringt die Hühnerhaltung in mobilen Ställen mit sich?
Fast die Hälfte aller Legehennen und fast 80 Prozent der Masthühner in Deutschland werden auf Betrieben mit mehr als 50.000 Tieren gehalten. Eine Legehennenherde darf maximal 6.000 Hühner umfassen, wobei aber auch mehrere Herden in einem Stall gehalten werden dürfen. Bei konventionell gehaltenen Masthühnern gibt es keine Obergrenze der Herdengröße. In Mobilställen können etwa 100 bis 2.500 Tiere gehalten werden.
Es handelt sich also um eine völlig andere Größenordnung der Hühnerhaltung. Das bietet auch kleineren, direkt- oder regionalvermarktenden Betrieben die Chance, mit überschaubarem finanziellen Risiko in die Hühnerhaltung einzusteigen. Gleiches gilt für Landwirtinnen und Landwirte, die nach einer Einkommensalternative zur Ergänzung ihres Hauptbetriebszweiges suchen.
Ein weiterer offensichtlicher Vorteil: Hühner halten sich in aller Regel in unmittelbarer Nähe des Stalls auf. Durch diesen geringen Aktionsradius wird die Weidefläche stark beansprucht und es wächst in Stallnähe schon bald kein Gras mehr. Wird der Stall regelmäßig versetzt, können sich die Auslaufflächen regenerieren. Die Grasnarbe wird geschont, den Hühnern steht immer frisches Grün zur Verfügung und die von den Tieren ausgeschiedenen Nährstoffe werden gleichmäßig über die Auslaufflächen verteilt.
Dass Mobilställe darüber hinaus auch ein tiergerechtes Haltungssystem sind, zeigen die Ergebnisse des in Rheinland-Pfalz durchgeführten Forschungsprojekts "Hühner werden mobil". Hierfür wurden mit Hilfe eines Indikatorsystems Wohlbefinden und Gesundheit von Bio-Legehennen in Mobilställen untersucht.
Den komplexen Zusammenhängen zwischen Umwelt, Tierwohl und der mobilen Hühnerhaltung widmet sich auch das Projekt MobiWohl der Uni Göttingen und des Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH). Es geht der Frage nach, welche Vorteile die Mobilstallhaltung für Umwelt und Tier im Einzelnen mit sich bringt, aber auch welche Risiken daraus gegebenenfalls für die Tiergesundheit entstehen können.
Lohnt sich die Mobilstallhaltung für die Betriebe?
Was die Forschenden bereits herausgefunden haben: Verbraucherinnen und Verbraucher stehen der Mobilstallhaltung positiv gegenüber. Sie nehmen sie als tierfreundlich und natürlich wahr und bevorzugen sie gegenüber der herkömmlichen Freilandhaltung. Etwa die Hälfte der Befragten wäre auch bereit, für Eier aus Mobilstallhaltung einen höheren Preis zu bezahlen.
Darin kommt die gesellschaftliche Erwartung zum Ausdruck, weniger Tiere tiergerechter zu halten. Für Betriebe mit Mobilstallhaltung ist dies einerseits eine gute Möglichkeit, ihre Erzeugnisse zu vermarkten und genau diesen Mehrwert zu kommunizieren. Andererseits ist eine solche Haltung für die Betriebe mit deutlich höheren Kosten verbunden. Sie sind daher darauf angewiesen, dass ihre Kundschaft auch tatsächlich bereit ist, tiefer in die Tasche zu greifen.
Hätten Sie’s gewusst?
Wer nach Bezugsquellen für Eier aus Mobilstallhaltung sucht, kann über die Mitgliedersuche des Bundesverbands Mobile Geflügelhaltung Betriebe in der Nähe ausfindig machen.
Bei der Legehennenhaltung im Mobilstall benötigen die Betriebe einen Verkaufspreis von mindestens 35 Cent pro Ei bei konventioneller beziehungsweise 45 Cent bei ökologischer Haltung, damit sich die Investition rechnet. Das hängt aber sehr vom Standort des Betriebs und der Frage ab, wie viele potenzielle Kundinnen und Kunden, aber auch andere Anbieter es im näheren Umkreis gibt, sodass dies nur grobe Richtwerte sind.
Viele Betriebe vermarkten ihre Produkte direkt ab Hof, zum Beispiel in ihrem Hofladen oder über einen Eierautomaten, auf dem Wochenmarkt oder über Naturkostläden. Die direkte Vermarktung bedeutet zusätzlichen Aufwand, garantiert aber auch höhere Margen und bedient die steigende Nachfrage nach regionalen Produkten.
Wie funktioniert die Haltung im Mobilstall?
Ehe Eier oder Fleisch vermarktet werden können, müssen sie jedoch erst einmal erzeugt werden. Wie also sieht die Hühnerhaltung im Mobilstall konkret aus?
Unterschieden wird zwischen vollmobilen und teilmobilen Ställen. Vollmobile Ställe verfügen über ein Fahrwerk und können auch über größere Entfernungen transportiert und flexibel eingesetzt werden, sodass Betriebe sie nicht nur in unmittelbarer Umgebung ihres Hofs nutzen können. Sie sind für maximal 600 Tiere ausgelegt und – was den Preis pro Haltungsplatz betrifft – für die Betriebe teurer als teilmobile Ställe, in denen auch größere Herden gehalten werden können.
Für teilmobile Ställe benötigen die Betriebe idealerweise größere Wiesenflächen, auf denen der Stall auf Kufen von einem Standort zum nächsten geschoben wird. Damit die Grasnarbe sich regenerieren kann, sollte die Fläche so groß sein, dass der Stall an mindestens fünf unterschiedlichen Standorten aufgestellt werden kann.
Mobilställe, die nicht in unmittelbarer Nähe des Hofes stehen, verfügen häufig über eigene Wassertanks und Futtersilos und eine autarke Stromversorgung über eine Solaranlage. Das erleichtert den regelmäßigen Umzug.
Unabhängig davon, ob es sich um einen vollmobilen, teilmobilen oder selbstkonstruierten Stall handelt, sind Hühnerhalterinnen und -halter verpflichtet, ihren Bestand bei den zuständigen Behörden anzumelden, die den Stall abnehmen und auch festgelegen, wie viele Tiere darin maximal gehalten werden dürfen.
Einblicke in die Praxis
Legehennen in mobilen Ställen im Siegerland
Auf dem Betrieb der Familie Kühn im Siegerland leben rund 800 Legehennen in drei mobilen Ställen. Die Mobilställe werden alle drei bis vier Wochen, je nach Bewuchs des Auslaufs, weitergefahren.
Im Inneren der Mobilställe befinden sich alle Versorgungseinrichtungen wie Tränken und Futterbehälter. Im oberen Teil des Hühnermobils gibt es Sitzstangen zum Auffliegen, auf denen die Hühner auch schlafen. Ein Wintergarten im unteren Stallbereich bietet den Hühnern im Sommer ein schattiges Plätzchen, bei Regen einen Unterstand und im Winter Schutz vor Schnee. Für die Eiablage sind Legenester vorhanden, die mit Dinkelspelz und Strohhäcksel eingestreut sind.
Insgesamt legen die Hühner an jedem Tag im Durchschnitt 730 Eier. Die Hühner leben etwa ein Jahr im Betrieb. Danach werden die Eier zu groß und die Schale zu instabil für den Handel. Verkauft werden die Eier im eigenen Hofladen und auf Wochenmärkten. Darüber hinaus beliefert der Betrieb auch Geschäfte in der Umgebung, wobei die Legehennenhaltung nur einer von mehreren Betriebszweigen ist.
Masthähnchen im Mobilstall – ein Betrieb setzt auf Regionalität
Im Mobilstall von Anne Körkel in Südbaden leben knapp 700 Tiere. Nach jedem Hähnchendurchgang wird der Stall versetzt. Ein Durchgang dauert etwa neun Wochen. Nach dieser Zeit werden die Tiere geschlachtet. Anne Körkel gehört zu den ganz wenigen Hühnerhalterinnen, die Masthähnchen im Mobilstall halten. Im Allgemeinen dominiert die Haltung von Legehennen, auf die in Deutschland etwa 97 Prozent der mobilen Stallplätze entfallen.
Körkels Masthähnchen werden in einem mit Stroh ausgestreuten Mobilstall aufgezogen und dürfen ab der dritten Woche auf der Weide picken und scharren. Der Stall verfügt über große Lüftungsklappen, die neben einer guten Lüftung auch sicherstellen, dass ranghöhere Tiere nicht die Zugänge blockieren können und alle Tiere ungehindert in den Stall hinein- und auch wieder hinausgehen können. Fallen Anne Körkel bei der regelmäßigen Tierbegutachtung verletzte oder gestresste Tiere auf, werden diese in einen gesonderten Stallteil gebracht, um sich dort erholen und auch auf ihr Gewicht kommen zu können.
Das Futter der Tiere stammt zum Großteil aus eigenem Anbau und auch bei Schlachtung und Vermarktung setzt der Betrieb auf Regionalität. Die Tiere werden entweder vor Ort mobil oder im Umkreis von 15 Kilometern geschlachtet und mit einem Schlachtgewicht von 1,7 bis 2,7 Kilogramm vermarktet. Sie müssen verbindlich vorbestellt werden und können dann direkt auf dem Hof oder bei einem Partner in der Region abgeholt werden.
Letzte Aktualisierung: 26. September 2023
Weitere Informationen
Nutztierhaltung.de: Einstieg in die Mobilstallhaltung
Nutztierhaltung.de: Mobilställe wirtschaftlich betreiben
Bundesverband Mobile Geflügelhaltung e.V.: Was ist bei uns anders?
Hühner-Ratgeber: Mobiler Hühnerstall
Landwirtschaftlicher Betrieb Familie Kühn: Die Hühner
Annes Ha(h)nauer: landwirtschaftlicher Betrieb von Anne Körkel