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Warum wird Wein häufig am Hang angebaut?

Weinreben stellen hohe Ansprüche an ihren Standort, unter anderem an Boden und Klima. Der Anbau am Hang ist ideal – zumindest für die Reben.

Weinreben im Weinberg bei Sonnenuntergang
Günstiges Mikroklima, viel Sonne, natürliche Drainage und vielfältige Bodentypen – der Weinbau am Hang bringt viele Vorteile mit sich.
Quelle: Bernd Schmidt/stock.adobe.com

Der Weinbau prägt viele Kulturlandschaften in Deutschland, insbesondere im Südwesten entlang des Rheins und der Mosel. Zu verdanken ist dies vor allem den Römern, die das milde Klima und die günstige Lage entlang der Flusstäler und -terrassen bereits vor rund 2.000 Jahren für den Anbau von Wein nutzten. 2023 wurden auf rund 103.700 Hektar Weinreben in Deutschland angebaut, verteilt auf 13 Anbaugebiete. Die Mehrheit der Flächen sind mit rund 60 Prozent Hang- oder Steilhanglagen.

Wie steil darf es sein?

Hanglagen im Weinbau sind Anbauflächen mit einem Gefälle von 5 bis maximal 30 Prozent. Alles, was darüber ist, fällt in die Kategorie Steilhang oder Steillage. Der steilste Weinberg Europas, der Bremmer Calmont im Weinbaugebiet Mosel, weist sogar eine Steigung von bis zu 248 Prozent auf. Das bedeutet, für jeden Meter nach vorne gibt es einen Höhengewinn von 2,48 Metern. Um die Arbeiten in solchen Schrägen zu erleichtern, werden in extremen Steillagen zum Teil Terrassen angelegt.

Wo wird in Deutschland Wein in Hanglage angebaut?

In Deutschland eignen sich vor allem die Hanglagen entlang des Rheins und seinen Nebenflüssen, sowie entlang der Elbe, Saale und ihres Nebenflusses, der Unstrut. Dort bieten die Süd- oder Südwesthänge in den geschützten Tälern die besten Bedingungen. Bekannte Steillagen sind an Mosel, Mittelrhein, Ahr und im Neckartal zu finden.

Hanglagen ermöglichen den Anbau von Wein auch dort, wo es sonst zu kalt dafür wäre. Wenn das Klima in einer Region milder ist, sind jedoch auch Flachlagen gut geeignet, wie etwa in der Pfalz, oder in berühmten Weinbauregionen in Frankreich und Italien.

Reife blaue Weintrauben an Rebstöcken.
Weinreben am Hang können das Sonnenlicht besser und länger ausnutzen. Das wirkt sich unter anderem positiv auf die gleichmäßige Reifung der Trauben aus.
Quelle: kraichgaufoto/stock.adobe.com

Welche Vorteile hat der Anbau am Hang?

Hang- oder Steilhanglagen bringen im Vergleich zu Flachlagen einige Vorteile mit sich. Dazu gehören insbesondere:

Optimale Sonneneinstrahlung

Die Sonneneinstrahlung trägt wesentlich zur Entwicklung der Aromen bei. Sie beeinflusst den Weinsäure-Gehalt und prägt somit maßgeblich den Charakter des Weins. Die Hanglage führt dazu, dass die Sonnenstrahlen in einem steileren Winkel auf die Weinstöcke treffen. Dadurch scheint die Sonne dort viel intensiver auf die Reben als im Tal/Flachland. Süd- beziehungsweise Südwesthänge werden zudem im Tagesverlauf insgesamt länger von der Sonne beschienen. Das führt zu einer höheren Photosynthese-Rate und einer gleichmäßigeren Reifung der Trauben.

Grafische Darstellung einer Weinanbaufläche am Hang und auf einer Ebene, sowie den jeweiligen Winkeln der Sonnenstrahlen.
Auf Südhängen treffen die Sonnenstrahlen in einem steileren Winkel auf die Weinstöcke als im Tal.
Quelle: Midorie/stock.adobe.com

Vielfältige Bodenbeschaffenheit

Hanglagen befinden sich meist an Flüssen, die sich über Jahrmillionen tief durch viele verschiedene Erdschichten gegraben haben. Zusätzlich werden vom Regen feine Bodenpartikel in den unteren Hangbereich gespült. So entsteht in relativ kleinem Raum eine große Vielfalt an Bodentypen. Das beeinflusst zusammen mit dem vielfältigen Mikroklima den Geschmack und Charakter des Weins, das sogenannte Terroir.

Natürliche Drainage

Die Neigung des Hangs und die oft steinigen Böden sorgen für eine natürliche Entwässerung. Das Risiko von Staunässe wird reduziert, was sich günstig auf das Wurzelwachstum auswirkt und das Risiko von Wurzelkrankheiten senkt.

Günstiges Mikroklima

Hanglagen haben aufgrund der Geländeoberfläche mit Erhebungen, Ebenen und Tiefen sowie des Klimas spezielle Bedingungen. Die Neigung des Hanges wirkt sich günstig auf die Luftzirkulation aus, kühle Luft sinkt hinab, warme Luft steigt auf. Der verbesserte Luftaustausch reduziert die Gefahr eines Pilzbefalls. Im Gegensatz zu Flachlagen kann sich die kalte Luft nicht so gut stauen und Frostschäden verursachen. Die kalte Luft fließt talwärts, was die empfindlichen Knospen und Triebe eher schützt.

Ideale Temperaturunterschiede

In Hanglagen treten größere Temperaturschwankungen auf als in Flachlagen, insbesondere am Tag und in der Nacht. Für den Reifeprozess und die Qualität der Trauben ist dies gut: Höhere Temperaturen am Tag sorgen für einen besseren Zuckeraufbau, niedrigere Nachttemperaturen wirken sich günstig auf den Erhalt der Säuren und Aromen aus.

Ökologische Vielfalt

Hanglagen haben zudem oft eine höhere Biodiversität als Flachlagen. Insbesondere an Steillagen finden sich viele seltene Arten wie Mauereidechsen, Wildbienen oder Ödlandschrecken. Das hat verschiedene Gründe: Das Mikroklima ist warm und trocken, was den Bedürfnissen dieser Arten entspricht, und es gibt mehr Strukturelemente wie Mauern, Blühstreifen oder Bäume.

Aufgrund der schwierigen Bewirtschaftung werden Arbeitsschritte wie Bodenbearbeitung oder das Mähen der Grünstreifen tendenziell kleinräumiger und weniger intensiv praktiziert. Die vorhandenen Arten werden so weniger gestört und können leichter ausweichen.

Traktor im Weinberg
Maschinen erleichtern die Arbeit im Weinberg.
Quelle: fotografci/stock.adobe.com

Herausforderungen beim Anbau in Hanglage

Hanglagen sind ideal für die Weinreben, bringen aber einige Herausforderungen für die Winzerinnen und Winzer mit sich. Auch, wenn häufig moderne Technik die Arbeit erleichtert, wird noch vieles in Handarbeit erledigt. Aufgrund des großen Gefälles in Steillagen sind dort spezielle Maschinen und Geräte erforderlich. Das gilt sowohl für den Anbau und die Pflege der Reben, als auch für die Ernte.

Auch der Klimawandel stellt den Weinbau in Hanglagen vor Herausforderungen. Durch die natürliche Drainage sind die steinigen Böden zwar gegen Staunässe geschützt. In langen Trockenphasen sind insbesondere Steillagen dadurch jedoch besonders gefährdet gegen Dürre.

Wie können Winzerinnen und Winzer den Wein rentabel anbauen?

Der Weinbau in Deutschland steht vor großen Herausforderungen: Klimaveränderungen, Ressourcenknappheit, Fachkräftemangel und Umweltschutzauflagen beschäftigen die Winzerinnen und Winzer. Viele Betriebe sind familiengeführt und könnten ohne Nebengewerbe oder andere Einkommensquellen nicht überleben. Weinberge und Weinbauregionen prägen jedoch das Landschaftsbild,sind Kulturgüter von besonderem Wert und insbesondere auch für den Tourismus attraktiv. Zudem ist die Weinrebe für den Anbau am Hang besser als andere Kulturen geeignet. Um die Weinberge zu erhalten, gibt es daher spezielle Förderprogramme für Winzerinnen und Winzer, insbesondere für den Weinanbau in Steillagen. Viele wichtige Anbaugebiete beziehungsweise die Bundesländer unterstützen so den hohen Aufwand für Erhalt und Bewirtschaftung des Steillagenweinbaus.

Letzte Aktualisierung: 13. August 2024


Weitere Informationen

Südwestrundfunk (SWR): So klappt die Winzerarbeit im steilsten Weinberg Europas

Norddeutscher Rundfunk (NDR) Doku: Weinanbau: Alltag einer jungen Winzer-Familie

Deutsches Weininstitut: Boden, Lage, Terroir


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