Warum werden in Deutschland so wenig Nüsse angebaut?
Nüsse sind gesund und in Deutschland sehr beliebt. Doch obwohl Walnüsse und Co. hier gut wachsen, werden sie kaum angebaut. Was sind die Gründe?
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Hätten Sie’s gewusst?
Nicht jede Nuss ist eine Nuss! So gehört die Kokosnuss – genau wie die Mandel – zu den Steinfrüchten. Bei der Erdnuss ist es kompliziert: Sie gehört zur Familie der Hülsenfrüchtler, auch wenn ihre Frucht morphologisch eine sogenannte Mesokarpnuss ist. Walnüsse, Haselnüsse, Macadamianüsse und Maronen hingegen sind im botanischen Sinn "echte" Nüsse.
Nüsse gehören bei vielen Menschen zur täglichen Ernährung – denn sie schmecken gut und enthalten viele wertvolle Inhaltsstoffe. Auch in Deutschland haben insbesondere Walnüsse, Haselnüsse, Mandeln und Maronen (Esskastanien) eine lange Tradition.
Trotzdem ist der Anbau hierzulande eine Nische, in die sich nur wenige Erzeugerinnen und Erzeuger wagen. Ein Großteil der Nachfrage wird daher über Importe gedeckt.
Aus Gründen der Nachhaltigkeit wäre eine Ausweitung des heimischen Anbaus jedoch wünschenswert. Welches Potenzial steckt in Nüssen und im heimischen Nussanbau?

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Nüsse – warum sind sie so beliebt?
Nüsse sind kleine Kraftpakete: Sie enthalten viel Fett, Eiweiß, Spurenelemente, Kohlenhydrate und Ballaststoffe. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge wirkt sich der Verzehr günstig auf das Herz-Kreislauf-System und vor allem auf die Blutfettwerte aus.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, jeden Tag eine kleine Handvoll Nüsse zu essen – zum Beispiel als Zutat im Müsli zum Frühstück, als Snack zwischendurch, über den Salat gestreut oder als Nussmus auf dem Brot. Durchschnittlich verbrauchen die Bürgerinnen und Bürger hierzulande jährlich rund 5,2 Kilogramm Nüsse pro Person (2023/24).
Woher stammen die Nüsse, die wir essen?
In den vergangenen zehn Jahren ist der Verbrauch von Schalenobst um 12 Prozent gestiegen – von 387.000 Tonnen (2013/14) auf 434.000 Tonnen (2023/24). Unter dem Begriff Schalenobst werden dabei echte Nüsse (siehe Infokasten), aber beispielsweise auch Pistazien, Erdnüsse und Kokosnüsse zusammengefasst.
Um diese wachsende Nachfrage zu decken, ist Deutschland in hohem Maße auf Importe angewiesen. Hierzulande sind die Anbauzahlen so gering, dass die Erntemengen statistisch gar nicht erfasst werden, und auch keine Zahlen zum Selbstversorgungsgrad vorliegen.
Ganz oben auf der Beliebtheitsskala der Menschen in Deutschland stehen Erdnüsse. Unter den echten Nüssen sind Haselnüsse und Walnüsse besonders gefragt. Im Jahr 2023 wurden rund 72.000 Tonnen Haselnüsse und 52.000 Tonnen Walnüsse nach Deutschland importiert. Beinahe zwei Drittel der Haselnüsse stammten aus der Türkei, beinahe zwei Drittel der Walnüsse aus den USA. Wichtigste Lieferländer innerhalb der EU sind Italien (14 Prozent der Haselnussimporte) und Frankreich (acht Prozent der Walnussimporte).
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Welche Nüsse werden in Deutschland angebaut?
2024 haben hierzulande 830 Betriebe auf einer Fläche von 1.600 Hektar Nüsse angebaut. In den vergangenen fünf Jahren ist die Anbaufläche damit – wenn auch auf niedrigem Niveau – um 78 Prozent gewachsen. Rund die Hälfte dieser Flächen wird biologisch bewirtschaftet. Genauer nach Nussarten aufgeschlüsselt, werden diese Zahlen vom Statistischen Bundesamt nicht. Für 2022 liefert jedoch die alle fünf Jahre durchgeführte Baumobstanbauerhebung detailliertere Einblicke. Da betrug die Nussanbaufläche 1.500 Hektar, wovon 521 Hektar auf den Haselnussanbau entfielen. Auf 734 Hektar wuchsen Walnüsse – vor allem in Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg.
Warum werden in Deutschland so wenig Nüsse angebaut?
In Deutschland gab es bis vor rund hundert Jahren noch viele Walnussbäume. In beiden Weltkriegen wurden jedoch zahllose Bäume gefällt und ihr Holz zur Herstellung von Gewehrkolben verwendet. Zwei Extremwinter, 1941/42 und 1955/56, minimierten die Zahl der wärmeliebenden Bäume zusätzlich. In der Folgezeit wurden nur wenige Bäume nachgepflanzt, da sie erst sehr spät volle Erträge liefern und damit nicht in eine Zeit passten, in der die Landwirtschaft vor allem auf Effizienzsteigerung und maximale Produktivität ausgerichtet war.
Der Haselnussanbau spielte in Deutschland traditionell eine vergleichsweise untergeordnete Rolle und diente vor allem der Selbstversorgung. Ende des 20. Jahrhunderts erlebte der Anbau einen kurzzeitigen Aufschwung. Vor allem in Baden-Württemberg und Bayern versuchte eine zunehmende Zahl kleiner Betriebe, den steigenden Bedarf an Haselnüssen zu decken. Probleme mit der Sorten- und Standortwahl, fehlende Anbauerfahrung sowie Infektionskrankheiten führten jedoch zu einem schnellen Abebben dieses Aufschwungs.
Dieses Auf und Ab setzt sich fort. Gerade in den vergangenen Jahren ist die Anbaufläche für Haselnüsse wieder etwas gewachsen.
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Quelle: Andrii Iemelyanenko via Getty Images
Welche Perspektiven hat der Nussanbau in Deutschland?
Die Nachfrage nach Nüssen ist in Deutschland groß und dürfte weiter wachsen. Immer mehr Menschen ernähren sich vollständig oder weitgehend vegetarisch oder vegan und versuchen, ihren Eiweißbedarf nicht über Fleisch, sondern rein pflanzlich zu decken. Neben Soja eignen sich dazu Walnüsse und Haselnüsse sehr gut. Für einen heimischen Nussanbau spricht darüber hinaus, dass regionale Produkte im Trend liegen, sie können mit kurzen Transportwegen und einem Plus an Frische punkten. Und auch die Klimaveränderung wirkt sich auf den Nussanbau eher positiv aus. Denn sowohl Hasel- als auch Walnuss mögen es grundsätzlich gerne warm. Für Erzeugerinnen und Erzeuger kann der Nussanbau daher durchaus eine lukrative Nische sein.
Andererseits gibt es nicht ohne Grund bislang nur wenige Vorreiter, zahlreiche Hürden erschweren den Einstieg in den Nussanbau. Das betrifft vor allem die lange Durststrecke zu Beginn. Walnussbäume beginnen erst nach fünf bis zehn Jahren zu tragen und hohe Erträge sind sogar erst nach 15 bis 20 Jahren zu erwarten. Bei Haselnüssen sind es nur etwa fünf bis sechs Jahre. Doch hohe Investitionskosten und stark schwankende Erträge schrecken auch hier viele potenzielle Einsteigerinnen und Einsteiger ab.
Auch die Anschaffung einer Erntemaschine geht ins Geld, während im Hauptlieferland Türkei zumeist noch von Hand gepflückt wird – zu geringen Löhnen und zum Teil unter prekären Arbeitsbedingungen.
Dies ist nur einer von mehreren Gründen, wieso deutsche Nusserzeugerinnen und Nusserzeuger preislich mit der Konkurrenz aus den Hauptanbauländern nicht mithalten können.
Auch die Nacherntebehandlung ist aufwändig. Und die Konkurrenz kann nicht nur auf einen anderen Erfahrungsschatz und langfristig aufgebautes Know-how zählen, sondern auch auf optimierte Produktionsverfahren sowie ein breites Netzwerk aus Forschung, Produktion und Handel zurückgreifen. Das hilft, Synergien zu nutzen und Kosten zu sparen.
Der Schritt aus der Nische wird also schwer und Deutschland dürfte bis auf weiteres Nussimporteur bleiben. Nichtsdestotrotz können auch Erzeugerinnen und Erzeuger aus Deutschland von der steigenden Nachfrage nach Nüssen profitieren: wenn sie gezielt Kundinnen und Kunden ansprechen, die Wert auf Frische, Regionalität und Nachhaltigkeit legen – und bereit sind, dafür einen angemessenen Preis zu zahlen.
Letzte Aktualisierung: 17. Februar 2025
Weitere Informationen
Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Nüsse: Erzeugung: Erzeugung von Nüssen und Schalenfrüchten
Oekolandbau.de: Welches Potenzial steckt im ökologischen Anbau von Walnüssen?
Wirlandwirten.de: Das Comeback der Haselnuss
BzfE : Interaktive Multimedia-Reportage zu den wichtigsten Nussarten