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Wie funktioniert Bewässerung in der Landwirtschaft?

Immer mehr landwirtschaftliche Flächen in Deutschland werden bewässert. Ein Überblick über die Gründe, die Technik und die Herausforderungen.

Weizen mit Trockenstress
Trockenstress kann zu erheblichen Ertragseinbußen führen.
Quelle: vom via Adobe Stock

Die Niederschläge verschieben sich inzwischen immer häufiger in die Herbst- und Wintermonate, während im Frühjahr und Sommer vermehrt längere Dürre- und Hitzephasen auftreten. Dadurch fehlt den meisten Ackerbau- und Gemüsekulturen gerade in der wichtigsten Wachstumsphase Wasser. Je nach Länge der Dürrephase und den Standortvoraussetzungen kann das zu merklichen Ertragseinbußen führen: Im Dürrejahr 2018 ernteten die Betriebe beispielsweise 45 Prozent weniger Körnermais als im Vorjahr. Lokal sind auch höhere Schäden bis zum Totalausfall einer Kultur möglich.

Immer mehr Betriebe bewässern ihre Flächen

Deshalb setzen immer mehr Betriebe auf Bewässerung. So wurden in Deutschland im Jahr 2019 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor) rund 506.500 Hektar Ackerfläche bewässert. Das sind 36 Prozent mehr als im Jahr 2009. Etwa die Hälfte dieser Flächen liegt in Niedersachsen. Mit einem Anteil von knapp drei Prozent an der gesamten Ackerfläche wird in Deutschland aber im weltweiten Vergleich nach wie vor wenig bewässert. Im globalen Durchschnitt verbraucht die Landwirtschaft fast 70 Prozent des verfügbaren Wassers zur Bewässerung. In Deutschland sind es nur 0,2 Prozent.

Ob überhaupt bewässert werden muss und wenn ja, in welcher Intensität, hängt von vielen Faktoren ab. Neben der Niederschlagsmenge, den durchschnittlichen Temperaturen und der Kultur spielt vor allem der Boden eine wichtige Rolle. Dabei gilt: Je weniger Wasser ein Boden speichern kann, desto intensiver muss bewässert werden.

Eine feuchte Stelle des Bodens unter dem Schlauch einer Tröpfchenbewässerung.
Wie viel Wasser ein Boden speichern kann, hängt vor allem von der Bodenart ab.
Quelle: vfhnb12 via Adobe Stock

Böden speichern unterschiedlich viel Wasser

Die Speicherkapazität eines Standorts hängt vor allem von der Bodenart ab. Baut man Kartoffeln zum Beispiel auf sehr leichten Sandböden an, die nur wenig Wasser speichern können, müssen pro Saison bis zu 100 Millimeter Wasser zusätzlich ausgebracht werden, um Ertragsausfälle zu vermeiden. Das entspricht 100 Litern pro Quadratmeter. Auf guten Lehmböden liegt der zusätzliche Wasserbedarf von Kartoffeln bei gleichen Witterungsbedingungen dagegen nur bei bis zu 60 Millimetern.

Mehr als drei Viertel des Wassers für die Bewässerung stammt aus dem Grundwasser. Der Rest wird zu je elf Prozent aus Oberflächengewässern oder aus dem Wassernetz der öffentlichen Versorger entnommen. Die Wasserentnahme für die Bewässerung ist in Deutschland gesetzlich geregelt. Betriebe, die bewässern wollen, müssen dies bei der zuständigen Wasserbehörde melden und einen Antrag stellen, in dem unter anderem die vorgesehenen Flächen, Kulturen und die benötigten Wassermengen aufgeführt sind.

Wann ist bewässern sinnvoll?

Eine Bewässerung ist aufwändig. Deshalb müssen Betriebe den Nutzen einer Bewässerung betriebswirtschaftlich gut kalkulieren. Dabei werden die Kosten für die benötigte Technik und den laufenden Betrieb, etwa für den Strombedarf der Pumpen, dem zusätzlichen Gewinn durch die zu erwartenden Mehrerträge gegenübergestellt.

Am rentabelsten ist in der Regel die Bewässerung von Feldgemüse, da hier pro Fläche besonders hohe Umsätze erzielt werden und welkes oder zu kleines Gemüse schnell unverkäuflich wird. Entsprechend häufig werden im Gemüsebau Bewässerungsanlagen eingesetzt. Auch bei klassischen Ackerbaukulturen wie Speisekartoffeln und Zuckerrüben lohnt sich auf trockenen Standorten in der Regel die Investition.

Bewässerung mit Einzeldüse
Die mobile Trommelberegnung über eine große Düse ist die verbreitetste Bewässerungstechnik in Deutschland.
Quelle: defpics via Adobe Stock

Auch Mais und Getreide werden bewässert

Je nach Betriebsstruktur und Bedeutung einzelner Kulturen werden auch Getreide und Mais zum Teil bewässert, um Ausfallrisiken zu mindern. So ist zum Beispiel Mais in der Milchviehhaltung ein zentrales Futtermittel. Bei größeren Ertragsausfällen durch Trockenheit muss ein Betrieb Maissilage teuer zukaufen. Das gleiche gilt für Betreiber von Biogasanlagen, für die selbstangebauter Mais in der Regel ein wichtiges Substrat für den rentablen Betrieb der Anlage ist.

Die mit Abstand am häufigsten eingesetzte Bewässerungstechnik ist die sogenannte mobile Trommelberegnung mit einer großen Düse. Die Großtrommel mit aufgerolltem Schlauch wird auf einem Anhänger auf der Ackerfläche bewegt und das Wasser mit hohem Druck weiträumig über die Pflanzen verteilt. Das System ist sehr flexibel auf allen Flächengrößen einsetzbar. Allerdings verbraucht es viel Energie und es kommt zu größeren Wasserverlusten von bis zu 40 Prozent, etwa durch Verdunstung oder Abdrift durch Wind.

Tropfbewässerung in Obstplantage
Die Tröpfchenbewässerung ist besonders wassersparend, aber relativ teuer und aufwändig.
Quelle: Zorgens via Gettty Images

Tröpfchenbewässerung ist besonders effizient

Deutlich verlustärmer und energiesparender ist dagegen eine Tröpfchenbewässerung, bei der maximal 20 Prozent des eingesetzten Wassers verloren gehen. Dabei werden lange Kunststoffschläuche mit kleinen Löchern oder Düsen direkt an die jeweilige Kultur gelegt und das Wasser mit sehr niedrigem Druck ausgebracht. Jedoch sind entsprechende Anlagen sehr teuer, arbeitsintensiv und für Ackerbaukulturen wie Getreide oder Mais ungeeignet. Optimal ist das System dagegen für Dauer- oder Hochpreis-Kulturen wie Obst oder Erdbeeren.

Besser geeignet für den Ackerbau sind dagegen stationäre Kreiselanlagen, bei denen das Wasser über ein drehbares Gestänge großflächig und relativ verlustarm verteilt werden kann. Aufbau und Betrieb der Anlagen sind aber sehr aufwändig und teuer. Die Technik lohnt sich deshalb vor allem für sehr große Flächen.

Stationäre Kreiselanlage bei der Bewässerung eines Feldes.
In durchgehend trockenen Regionen wird auf großen Flächen mit stationären Kreiselanlagen bewässert.
Quelle: Sly via Adobe Stock

Grundwasser wird knapper

Auch wenn die Bewässerung in der deutschen Landwirtschaft zurzeit noch eine untergeordnete Rolle spielt, wird der Wasserbedarf im Zuge der klimatischen Veränderungen weiter steigen. Das hätte wiederum Auswirkungen auf den regionalen Wasserhaushalt. Schon jetzt beobachtet man in sehr trockenen Gebieten bei intensiver Bewässerung sinkende Grundwasserspiegel. In der EU-Wasserrahmenrichtlinie ist deshalb gesetzlich vorgeschrieben, dass "ein guter mengenmäßiger Zustand der Grundwasserkörper erhalten bleiben muss".

Aus diesem Grund werden die Betriebe nach Einschätzung von Fachleuten ihre Beregnung zukünftig noch effizienter als bisher gestalten müssen. Außerdem wird es notwendig sein, genauer zu kalkulieren, für welche Kulturen sich eine Bewässerung tatsächlich lohnt. Und Betriebe werden verstärkt auf Alternativen zu Grundwasser zurückgreifen müssen, zum Beispiel auf Prozesswasser aus der Industrie oder auf Klarwasser aus Kläranlagen.

Letzte Aktualisierung: 11. Juli 2023


Weiterführende Informationen

Praxis-agrar.de: Bewässerung in der Landwirtschaft

Deutscher Bauernverband (DBV): Wasser. Landwirtschaft und Klimawandel

Tagungsband des Thünen-Instituts: Bewässerung in der Landwirtschaft (PDF)


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