Insekten als Futter für Nutztiere
Insekteneiweiß hat das Potenzial, Import-Soja in der Nutzierfütterung zu ersetzen. Der Vorteil von Insekten: Sie sind nachhaltiger zu erzeugen als Soja.
Um Schweine und Geflügel ausreichend mit Eiweiß zu versorgen, müssen deutsche Tierhaltungsbetriebe zum Teil auf Futtermittelimporte zurückgreifen. Rund 24 Prozent des Futteraufkommens an verdaulichem Eiweiß hierzulande stammen aus importierten Futtermitteln. Ein Großteil davon ist Soja, das aus Südamerika und den USA importiert wird. Sowohl der Anbau als auch der Transport von Soja stehen jedoch in der Kritik, denn beides bringt Umwelt- und Klimaprobleme mit sich.
Um die Abhängigkeiten von importiertem Soja zu minimieren, ist man in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, vermehrt alternative Eiweißträger wie Raps- und Sonnenblumenschrot in der Fütterung einzusetzen. Zudem wird der heimische Anbau von eiweißreichen Körnerleguminosen wie Ackerbohne, Erbse und Soja flächenmäßig stark ausgebaut. Doch auch diese Alternativen reichen bei weitem nicht aus, um den Importbedarf an Eiweiß für die deutsche Nutztierhaltung nennenswert zu senken. Seit einiger Zeit wird daher eine weitere Proteinquelle für Nutztiere diskutiert: Insekten.
Warum Insekten?
Die Verfütterung von Insekten an Nutztiere bringt gleich mehrere Vorteile mit sich. Zum einen sind Insekten eine ausgezeichnete Eiweißquelle. Die Eiweißgehalte von Insekten liegen zwischen 50 und 60 Prozent und damit deutlich über denen von Soja. Zum Vergleich: Sojamehle enthalten je nach Typ zwischen 43 und 48 Prozent Eiweiß. Doch nicht nur die Eiweißgehalte von Insekten überzeugen, auch die Qualität des Insekten-Proteins ist für die Nutztierfütterung zu empfehlen. Zudem werden Insekten positive gesundheitliche Effekte zugeschrieben: So haben Studien ergeben, dass zum Beispiel das Chitin, aus dem der Panzer der Tiere besteht, das Immunsystem stimuliert. Außerdem enthalten Insekten hohe Gehalte an antimikrobiellen Peptiden, die als natürliche Antibiotika wirken.
Ein weiteres Argument, das für Insekten als Futtermittel spricht, ist, dass sie in puncto Erzeugung und Transport meist sehr viel ressourcen- und klimaschonender sind als importiertes Soja. Insekten selbst sind nämlich relativ anspruchslos, was ihr Futter angeht. In der Regel reichen ihnen Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie wie Kartoffelschalen oder Getreidereste, die als Abfallstoffe ohnehin anfallen. Letztlich werden also für das Futter der Insekten so gut wie keine landwirtschaftlichen Flächen beansprucht. Prinzipiell könnten einige Insekten sogar mit dem Inhalt einer Biotonne zurechtkommen, sagen Expertinnen und Experten. Das EU-Futtermittelrecht verbietet dies aber, wenn die biogenen Abfälle nicht als Futtermittel zugelassen sind. Dies betrifft jedoch nur den europäischen Raum.
Werden Insekten auf Basis heimischer Reststoffe in der Region erzeugt, entfallen aufwändige Transporte, was die Klima- und Umweltbilanz von Insekten als Futter zusätzlich verbessert. Besonders klimafreundlich ist die Insektenzucht dann, wenn sie im Sinne einer Kreislaufwirtschaft mit einer landwirtschaftlichen Biogasanlage kombiniert wird: Auf diese Weise ließe sich die Abwärme aus der Biogasanlage für die Insektenzucht nutzen – Insekten mögen es gerne warm. Umgekehrt könnten Reststoffe aus der Zucht in der Biogasanlage verwertet werden.
Insekten dürfen noch nicht lange an Nutztiere verfüttert werden
Lange Zeit durften Insekten und andere Futtermittel tierischen Ursprungs nicht an Nutztiere verfüttert werden. Grund dafür war die in den 1990er-Jahren ausgebrochene Tierseuche BSE – umgangssprachlich auch als Rinderwahnsinn bezeichnet. Diese Rinderseuche steht im Verdacht, bei Verzehr von verseuchtem Rindfleisch die neue Variante der tödlich verlaufenden Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen hervorzurufen.
Der BSE-Krankheitserreger wurde damals über die Verfütterung von unzureichend erhitztem Tiermehl auf die Rinder übertragen. In Folge dessen wurde die Verfütterung tierischer Proteine an alle Arten von Nutztieren EU-weit untersagt.
Erst seit 2021 dürfen in der Europäischen Union Schweine und Hühner unter strengen Voraussetzungen wieder mit Insekten gefüttert werden. Als Bestandteil von Fischfutter sind sie etwas länger zugelassen – nämlich seit 2017.
Welche Insekten bieten sich zur Nutztierfütterung an?
Für eine Kultivierung als Tierfutter spielt das Leistungsvermögen der Insekten eine zentrale Rolle: Im Fokus stehen hierbei vor allem Arten mit einer kurzen Mastzeit und hohen Reproduktionsraten. Zudem sollten sie möglichst wenig anfällig gegenüber potenziellen Krankheitserregern sein. Per Gesetz sind in der EU bislang nur die folgenden Insektenarten erlaubt: Soldatenfliege, Stubenfliege, Mehlkäfer, Getreideschimmelkäfer, Heimchen, Kurzflügelgrille, Steppengrille und Seidenspinner. Bei den Käfern und den Fliegen der genannten Arten werden die Larven verfüttert, bei den Grillen die erwachsenen Tiere.
Die Insekten werden entweder lebendig, getrocknet oder zu Mehl oder Pellets verarbeitet an die Nutztiere verfüttert.
Welche Nutztiere können mit Insekten gefüttert werden?
Per Gesetz ist die Verfütterung von Insekten nur für Geflügel, Schweine und Fische aus Aquakultur erlaubt. Bei diesen Nutztieren handelt es sich um Arten, die von Natur aus (auch) Tierisches fressen und gut verwerten können. Reine Pflanzenfresser wie Rinder, Schafe oder Ziegen dürfen hingegen nicht mit Insekten gefüttert werden.
Insekten als Futter für Nutztiere noch eine Nische
Bislang spielen Insekten lediglich als Futtermittel für Zoos und als Bestandteil von Heimtierfuttermitteln eine Rolle. Dort waren sie auch nie verboten. Seitdem Insekten auch für die Schweine- und Geflügelfütterung zugelassen wurden, entsteht gerade ein neuer Markt. Bisher gibt es jedoch nur sehr wenige Unternehmen in Deutschland, die Insekten als Futtermittel für Nutztiere erzeugen.
Das Interesse seitens der Landwirtschaft, Insekten zu füttern, scheint jedoch zu steigen, was derzeit vor allem auf die stark angestiegenen Futtermittelpreise zurückzuführen ist. Ob sich Insekten als Futtermittel langfristig auf dem deutschen Markt etablieren können, bleibt jedoch abzuwarten.
Letzte Aktualisierung: 6. Mai 2024
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Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage: Insekten als Futtermittel für Nutztiere