Selbstversorgergarten – Tipps für den Einstieg
Sich rund ums Jahr mit Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten zu versorgen. Kein Ding der Unmöglichkeit, wenn man es richtig angeht.
Leben von dem, was der eigene Garten hergibt. Diese Vorstellung fasziniert immer mehr Menschen. Doch was ist dran an der Selbstversorgung? Was ist realistisch umsetzbar und wie? Wir geben ein paar Tipps für den Einstieg.
Am Anfang steht die Frage nach der Fläche
Eine der ersten Fragen, die beim Thema Selbstversorgung aufkommt, ist meist die nach der Fläche. Leider ist das zugleich die Frage, die am wenigsten einfach beantwortet werden kann. Denn der tatsächliche Flächenbedarf hängt nicht nur davon ab, wie viele Personen man aus dem eigenen Garten ernähren möchte. Auch zahlreiche andere Faktoren spielen eine Rolle.
Sehr entscheidend zum Beispiel ist, wie viel Erfahrungen man schon im Anbau von Obst und Gemüse hat: Erfahrene Gärtnerinnen und Gärtner können höhere Erträge auf einer Fläche erzielen als unerfahrene. Relevant ist auch der Boden: Handelt es sich um einen ertragreichen, humosen Gartenboden oder eher um einen kargen und steinigen Boden. Schließlich muss man sich die Frage stellen, ob man sich nur während der Hauptanbauzeit von Frühling bis Herbst aus dem eigenen Garten versorgen will, oder auch den Winter über. Und: Ernährt man sich vegetarisch oder sogar vegan, oder ist auch Fleisch Bestandteil der eigenen Ernährung?
Die optimale Fläche zu ermitteln ist daher nicht ganz einfach. Dennoch möchten wir Ihnen im Folgenden ein paar Zahlen an die Hand geben, mit denen Sie sich dem notwendigen Flächenbedarf annähern können.
Dabei haben wir die Selbstversorgung mit Getreide sowie mit tierischen Produkten ausgeklammert, denn sie stellt aus mehreren Gründen eine ganz besondere Herausforderung dar. Vor allem ist dafür sehr viel mehr Fläche nötig als für eine Selbstversorgung alleinig mit Obst und Gemüse. Zumal man bei der Tierhaltung auch das Futter selbst anbauen muss.
Flächenbedarf für eine Selbstversorgung mit Gemüse und Obst
Gemäß einer Studie, die von der Regionalwert AG Eichstetten in Auftrag gegeben wurde, würde eine Person rechnerisch rund 85 Quadratmeter benötigen, um sich selbst mit Gemüse, Kartoffeln und Obst zu versorgen. Wer sich, wie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlen, mit einem höheren Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln ernähren will, ist mit einer Fläche von 140 Quadratmetern pro Person gut aufgestellt. Vorausgesetzt wurde dabei eine ökologische Wirtschaftsweise. Das kommt dem Ertragsniveau in einem Selbstversorgergarten recht nah – zumindest dann, wenn schon einige Anbauerfahrungen vorliegen. Falls nicht, sollte man ein paar Quadratmeter mehr einkalkulieren.
Will man zwei Personen ganzjährig mit Gemüse, Kartoffeln und Obst aus dem eigenen Garten versorgen, ist man schnell bei 300 bis 400 Quadratmetern und mehr. Denn man muss ja auch noch Fläche für Wege, Kompost und anderes mit einkalkulieren.
Es muss keine komplette Selbstversorgung sein
Wer sich nicht gerade ein neues Gartengrundstück für die Selbstversorgung zulegen will, muss sich mit der Fläche zurechtfinden, die zur Verfügung steht. Und, wenn das eher wenig ist, gibt es auch hier Mittel und Wege, sich zu arrangieren. Denn es muss ja nicht unbedingt auf eine ganzjährige Selbstversorgung hinauslaufen. Beschränkt man sich auf den Zeitraum von Frühling bis Herbst, fällt dadurch schon mal der Teil der Fläche weg, den man für den Anbau von Lagergemüse – also jenes für den Winter – vorhalten müsste.
Auch die Wahl der Kulturen kann an die verfügbare Fläche angepasst werden. Baumobst wie Apfel, Kirsche oder sogar Walnuss benötigt zum Beispiel wesentlich mehr Fläche als Beerenobst – vor allem dann, wenn hochstämmige Baumformen gewählt werden. Für kleinere Gärten sind daher sogenannte Spindelbüsche besser geeignet.
Weiterhin kann man über die Methode, wie man sein Gemüse kultiviert, Fläche sparen. So ist beispielsweise der Anbau per Mischkultur oder auf einem Hügelbeet weniger flächenintensiv . Platz sparen lässt sich im Kleinen außerdem dadurch, dass man zum Beispiel Kartoffeln in Kisten oder Eimern kultiviert, Stangenbohnen statt Buschbohnen anbaut oder Schlangengurken an Pflanzgittern aufbindet, statt sie flächig übers Beet wachsen zu lassen.
Wie viel Zeit ist nötig?
Neben dem Flächenbedarf unterschätzen angehende Selbstversorgerinnen und Selbstversorger häufig den Zeitbedarf, der für so einen Garten nötig ist. Will man sich autark oder auch nur teilautark mit Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten versorgen, ist das ein sehr zeitintensives Unterfangen. Denn es ist ja nicht allein mit dem Anbau der Pflanzen – also Bodenbearbeitung, Aussaat, Pflege und Ernte – getan. Ein Teil der Ernte muss eingelagert, verarbeitet und konserviert werden, damit man auch in der erntearmen Zeit noch genug zu essen hat. Will man sich auch den kompletten Winter über mit eigenem Obst und Gemüse versorgen, ist der Aufwand für Lagerung und Haltbarmachung nochmal höher.
Je umfassender man also die Selbstversorgung betreiben will, umso zeitaufwändiger wird sie. Dies sollte man sich frühzeitig klarmachen und mit Job und Familie abstimmen. Auch die Urlaubsplanung ist für Selbstversorger-Gärtnerinnen und Selbstversorger-Gärtner eine andere. Denn die Zeit in den Sommerferien ist eine der arbeitsreichsten im Garten.
Generell gilt: Je mehr Erfahrung man bei Anbau und Verarbeitung mitbringt, umso leichter und schneller gehen die Arbeiten von der Hand. Komplette Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger müssen dies erst erlernen und dafür entsprechend mehr Zeit einplanen.
Einfluss auf den notwendigen Arbeitszeitaufwand hat auch die Ausstattung mit geeigneten Maschinen und Geräten. Kleinere Flächen lassen sich vielleicht noch per Hand umgraben. Wer jedoch Größeres plant, sollte über die Anschaffung einer motorisierten Gartenfräse oder Spatenmaschine nachdenken.
Geht es auch ohne eigenen Garten?
Wer einen eigenen Garten hat, liegt in Sachen Selbstversorgung sicherlich im Vorteil. Zahlreiche Urban Gardening-Initiativen der letzten Jahre zeigen jedoch, dass große Mengen an hochwertigem Gemüse auch in Kisten in Hinterhöfen erzeugt werden können.
Wer weder Hinterhof noch Garten verfügbar hat, für den sind Urban Gardening-Projekte eine gute Anlaufstelle. Diese gibt es mittlerweile in zahlreichen Städten Deutschlands. Dort kann man gemeinsam mit anderen Gemüse und Obst anbauen (lernen).
Eine andere Möglichkeit für gartenlose Städterinnen und Städter sind Selbsterntegärten, die inzwischen weit verbreitet sind. Dort mietet man eine oder mehrere Gartenparzellen, die zuvor von Fachleuten mit unterschiedlichen Gemüsen und Kräutern eingesät oder bepflanzt wurden.
Worauf sollte man bei der Kulturauswahl achten?
Bei der Wahl der Kulturen sollte man sich in erster Linie daran orientieren, was man gerne isst – natürlich unter Beachtung der Tatsache, dass man einige Kulturen hierzulande nicht anbauen kann. Wer nicht auf Bananen und Avocados verzichten möchte, muss diese also weiterhin im Supermarkt kaufen.
Es hat sich bewährt, vor der Anbau- und Flächenplanung über mehrere Wochen oder Monate eine Liste zu führen, was und in welchen Mengen verzehrt wird. Hierbei sind auch die Wintermonate zu berücksichtigen, wenn man sich ganzjährig mit Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten versorgen will.
Beim Erstellen der Liste werden Sie feststellen, dass einige der von Ihnen in den Wintermonaten notierten Gemüse nur deswegen als Frischware verfügbar sind, weil sie im beheizten Gewächshaus angebaut oder aus dem fernen Ausland importiert wurden. Brokkoli, Paprika oder Stangenbohnen zum Beispiel werden Sie in der kälteren Jahreszeit aus dem eigenen Garten nicht ernten können. Wollen Sie im Winter dennoch nicht auf sie verzichten, bleibt Ihnen entweder die Möglichkeit, sie im Sommer oder Herbst zu ernten und zu konservieren (beispielsweise durch Einfrieren oder Einmachen). Oder Sie ersetzen sie gegen solche Gemüse, die hierzulande im Winter wachsen oder solche, die gut lagerfähig sind wie Möhren, Kohl, Schwarzrettich oder Pastinaken.
Neben persönlichen Vorlieben sollten aber auch andere Faktoren eine Rolle bei der Kulturauswahl spielen. Wie zuvor bereits erwähnt, haben die Kulturen unterschiedliche Platzansprüche. Wem also nur wenig Fläche zur Verfügung steht, der sollte zum Beispiel auf flächenintensive Obstgehölze verzichten und Äpfel und Nüsse weiterhin im Supermarkt oder Hofladen kaufen. Das gleiche gilt für das Gemüsebeet: Kulturen wie Zuckermais oder Kürbis, sind für sehr kleine Selbstversorgergärten nicht zu empfehlen, da sie viel Platz benötigen.
Weiter bei der Kulturwahl zu beachten ist, dass man die Regeln der Fruchtfolge nicht außer Acht lässt. Das heißt, Kulturarten und -familien müssen auf den Beeten in einem verträglichen Verhältnis zueinander stehen. Ein Anteil von mehr als 50 Prozent Kohlgewächsen (wie Kohl, Kohlrabi, Radieschen, Rettich, Rauke) ist zum Beispiel tabu, denn dies würde auf Dauer zu Problemen mit Pflanzenkrankheiten führen.
Ein weiterer Faktor sind die Standortbedingungen. Hierzu zählt vor allem der Boden, aber auch das Mikroklima, das von Garten zu Garten sehr unterschiedlich sein kann. Einige Kulturen werden – wie Sie schnell feststellen – mit den vorherrschenden Bedingungen besser, andere schlechter zurechtkommen. Während Sie die Bedingungen in einer Pflanzkiste oder in einem Hochbeet durch die Wahl des Substrats noch beeinflussen können, wird das beim gewachsenen Boden im Garten schon schwieriger.
Sollten Sie also feststellen, dass eine Kultur an einem bestimmten Ort im Garten nicht wachsen will, versuchen Sie es an einem anderen. Sollte es auch dort nicht funktionieren, kommt die Kultur womöglich mit den Bedingungen in Ihrem Garten nicht zurecht und sollte von der Liste gestrichen werden.
Worauf sollte man als Selbstversorger bei der Anbauplanung achten?
Um über einen möglichst langen Zeitraum im Jahr mit ausreichend erntefrischem Gemüse versorgt zu sein, sollte man die Aussaat- und Pflanzzeiten der verschiedenen Gemüsearten gut im Blick haben. Manche Kulturen wie Radieschen oder Spinat können zum Beispiel schon sehr früh im Jahr gesät und auch geerntet werden. Andere wie Zucchini und Tomaten, die es gern wärmer haben, kommen erst später ins Beet und bieten uns den Sommer über frisches Gemüse. Wiederum andere – die sogenannten Wintergemüse – werden im Frühjahr oder Sommer gesät oder gepflanzt, aber erst im Spätherbst und Winter geerntet. Manche von ihnen, wie Feldsalat, Porree oder Wirsing überstehen sogar Frost.
Rund ums Jahr Salat ernten
Mit einer geschickten Anbauplanung und Pflanzenwahl können Sie das ganze Jahr über Salat aus dem eigenen Garten ernten
Die Kunst des Gemüseanbaus ist es, die Kulturen zeitlich und räumlich so auf dem Beet einzusetzen, dass wenig Leerstand ist. Hilfreich ist es dabei, wenn man bei Gemüse mit kurzer Kulturzeit einen satzweisen Anbau befolgt.
Dabei sät oder pflanzt man eine Kultur zeitlich versetzt (beispielsweise alle zehn bis 14 Tage) nur auf einen kleinen Teil des Beetes und kann dann entsprechend zeitlich versetzt ernten. Auf diese Weise ist es möglich, über einen längeren Zeitraum stets frisches Gemüse einer Art vom Beet zu ernten. Nicht verwertbare Überschüsse werden dadurch möglichst klein gehalten.
Ob man beim Anbau nach dem Prinzip Fruchtwechsel vorgeht oder die Mischkultur praktiziert, ist Geschmackssache. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Da das Mischkulturverfahren etwas gärtnerische Erfahrung voraussetzt, sei Anfängerinnen und Anfängern eher der Anbau nach dem Prinzip Fruchtwechsel – mit jeweils einer Gemüseart je Beet – empfohlen.
Letzte Aktualisierung: 6. Februar 2024
Weitere Informationen
Bundeszentrum für Ernährung (BZfE): Einkochen - Haltbar machen