Schädling oder Nützling?
Viele vermeintliche Schädlinge entpuppen sich bei näherem Hinsehen als Nützlinge, die einen wichtigen Beitrag zur Schädlingsbekämpfung leisten.
Während Bienen und Tagfalter im Hobbygarten tendenziell beliebt sind, stehen die meisten anderen Insekten schnell im Verdacht, die liebevoll herangezogenen Pflanzen zu schädigen. Das trifft vor allem auf Arten zu, die immer wieder oder in größerer Zahl anzutreffen sind, oder die optisch sehr hervorstechen. Viele vermeintliche Schädlinge sind aber gar keine.
Freund oder Feind
Bevor über Gegenmaßnahmen nachgedacht wird, sollte daher Klarheit darüber herrschen, um wen genau es sich bei den verdächtigen Gartenbesuchern eigentlich handelt. Eine gute Anlaufstelle sind die Pflanzenschutzdienste der Bundesländer, die Gartenakademien, die es in vielen Bundesländern gibt, sowie die Pflanzenschutzberatung der örtlichen Kleingartenvereine.
Die Expertinnen und Experten können entweder direkt weiterhelfen – beispielsweise, wenn man ihnen ein Foto des betreffenden Tiers per Mail schickt – oder sie wissen, an wen man sich wenden kann.
Auch bei generellen Pflanzenschäden, deren Ursache unbekannt oder unsicher ist, sind sie die richtige Anlaufstelle. Mitunter können sie sogar mit einer Vor-Ort-Beratung weiterhelfen. Umgekehrt liefern Hobbygärtnerinnen und Hobbygärtner den Pflanzenschutzämtern oft wertvolle Hinweise auf neu auftretende Schaderreger.
Die nachfolgenden Tierarten hingegen sind alte Bekannte – und absolut harmlos, auch wenn sie oft nicht so aussehen. Bestimmt erkennen Sie die eine oder andere Art wieder.
Feuerwanze
Feuerwanzen (Pyrrhocoris apterus) mit ihrem feuerroten Rückenschild sind zwar auffällige, aber harmlose Gartenbewohner. Die etwa einen Zentimeter großen Insekten treten oft in großen Gruppen auf, insbesondere in der Nähe von Linden, Robinien und Malvengewächsen. Bei Kindern sind sie sehr beliebt, weil sie sich gut beobachten lassen.
Wen sie allein durch ihre Anwesenheit sehr stören, der kann sie im zeitigen Frühjahr umsiedeln: Sie sitzen dann an einer geschützten Stelle zum sogenannten Überwinterungsballen zusammengeklammert und lassen sich einfach auf ein Kehrblech schieben und transportieren.
Ohrwurm
Der Gemeine Ohrwurm (Forficula auricularia) unterstützt Gärtnerinnen und Gärtner im Kampf gegen zahlreiche Blattlausarten. Menschen hingegen haben von dem Insekt mit den auffälligen Hinterleibszangen nichts zu befürchten: Ohrwürmer kneifen nicht und krabbeln auch nicht ins Ohr. Vielmehr wurden sie früher in pulverisierter Form zur Behandlung von Ohrenkrankheiten eingesetzt – daher der Name.
Wenn sie überhaupt einmal negativ auffallen, dann nur, wenn sie in geringem Umfang weichschaliges Obst wie Kirschen oder Weintrauben anknabbern. In der Regel überwiegt ihr Nutzen als Blattlausvertilger jedoch deutlich, weshalb viele Menschen Ohrwürmer gezielt in den Garten locken. Tipp: Ein mit Holzwolle gefüllter Tonblumentopf kopfüber in den Baum gehängt ist als Ohrwurm-Wohnung bestens geeignet.
Kellerassel
Kellerasseln (Porcellio scaber) sind in jedem Garten anzutreffen – und das ist auch gut so, denn sie tragen dazu bei, abgestorbene Pflanzenteile und anderes organisches Material in wertvollen Humus umzuwandeln. Während sie in Kellerräumen zum Vorratsschädling an gelagertem Obst und Gemüse werden können, fressen sie im Garten nur sehr selten an lebenden Pflanzen oder Früchten. Ihr Nutzen für die Bodengesundheit überwiegt deutlich.
Im Keller können Kellerasseln mithilfe von Nützlingen umweltfreundlich bekämpft werden. Hierzu werden Köderfallen aufgestellt, in deren Inneren sie (die für Menschen und Haustiere völlig harmlosen) Nematoden der Art Steinernema carpocapsae aufnehmen.
Im Garten können Sie als störend empfundene Kellerasseln einfach umsiedeln, indem Sie ein (am besten schon morsches) Brett auslegen oder einen auf der Seite liegenden Eimer mit etwas feuchtem Zeitungspapier sowie einigen Kartoffel- oder Apfelschalen füllen. Da sich die kleinen Krebstiere gerne an dunklen, feuchten Plätzen verstecken, können Sie am nächsten Tag den Eimer samt Asseln aufnehmen und sie auf den Kompost schütten. Dort können die Asseln sich wieder von ihrer nützlichen Seite zeigen.
Rosenkäfer
Der Goldglänzende Rosenkäfer (Cetonia aurata) ist häufig auf Rosensträuchern anzutreffen, doch ihrer Schönheit tut er keinen Abbruch. Er ernährt sich vorwiegend von Nektar und Blütenpollen und obwohl er gelegentlich auch mal in ein Blütenblatt beißt und reifes Obst nicht verschmäht, richtet er keinen nennenswerten Schaden an. Vor allem tastet auch sein Nachwuchs weder das Laub noch die Wurzeln lebender Pflanzen an – ganz im Gegensatz zu den Engerlingen von Mai- und Junikäfer.
Stattdessen haben sich die Rosenkäferlarven auf die Verdauung von Holz spezialisiert. Das macht sie besonders wertvoll und erklärt, weshalb diese Engerlinge im Garten vorwiegend im Komposthaufen anzutreffen sind. Als geschützte Art dürfen der Rosenkäfer und seine Larven nicht bekämpft werden. Wer beim Umgraben auf Engerlinge stößt und unsicher ist, kann die des Rosenkäfers leicht an der typischen Fortbewegungsweise erkennen: raupenartig in Rückenlage.
Die wurzelfressenden Engerlinge des Maikäfers und des Junikäfers schlängeln sich in Seitenlage beziehungsweise bewegen sich bäuchlings kriechend vorwärts. Die des ebenfalls geschützten Nashornkäfers lassen sich schon anhand ihrer Größe von bis zu zehn Zentimetern gut unterscheiden. Rosenkäfer- und Nashornkäfer-Engerlinge können Sie einfach auf den Komposthaufen setzen und zum Schutz vor Vögeln mit etwas Pflanzenmaterial abdecken, sie graben sich dann rasch ein.
Schlupfwespe
Es fliegt und es hat einen gut sichtbaren Stachel, diese Kombination sorgt ziemlich sicher für helle Aufregung. Wer Schlupfwespen kennt, gerät bei ihrem Anblick aber höchstens vor Freude aus dem Häuschen. Die zierlichen Insekten mit dem im Vergleich zu ihrer Körpergröße geradezu gigantischen Stachel nutzen letzteren nämlich lediglich, um andere Insekten anzustechen – darunter viele bei Pflanzenfans unbeliebte Arten wie Blattläuse, Mottenschildläuse ("Weiße Fliege") und Lebensmittelmotten.
Schlupfwespen werden daher schon seit Jahren standardmäßig im Profi-Gartenbau zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt – etwa die in Europa heimischen Arten Aphidius ervi, Coccophagus lycimnia, Dacnusa sibirica und Diglyphus isaea. In abwechslungsreich bepflanzten Gärten, in denen auf chemische Pflanzenschutzmittel verzichtet wird, fühlen sie sich wohl und tragen dazu bei, dass Blattläuse und Co. nicht überhandnehmen.
Marienkäferlarven
Die Geschichte vom hässlichen Entlein, sie könnte auch vom Marienkäfer erzählt werden. Er selbst ist bekannt und beliebt wie wohl kein zweiter Käfer, seinem Nachwuchs aber will man allerorten an den Kragen. Zugegeben, optisch haben die Larven mit ihren schmucken Eltern wenig gemein, sie erinnern eher an bizarre Miniaturmonster.
Dafür verfügen sie aber auch über einen monstermäßigen Appetit und zwar auf Blattläuse. Mehrere hundert Stück vertilgen allein die Larven, die erwachsenen Käfer kommen im Laufe ihres Lebens auf mehrere tausend Blattläuse. Wer ein Minimonster entdeckt, kann sich also freuen – und bei Bedarf auch zusätzliche Verstärkung ordern. Erhältlich ist der Käfernachwuchs über Nützlingsanbieter im Internet oder per Bestellkarte, die Sie im Gartenfachhandel bekommen.
Larven der Grünen Florfliege
Die Grüne Florfliege selbst wird mittlerweile immer häufiger als Nützling erkannt, der Nachwuchs der "Goldaugen" hingegen hat es ungleich schwerer. Dabei tragen die Larven von Chrysoperla carnea nicht umsonst den Spitznamen "Blattlauslöwen". Sie spüren Blattläuse, aber auch andere häufige Schädlinge wie Schmierläuse (Wollläuse), Spinnmilben und Thripse zielsicher auf. Auch Florfliegenlarven werden als Nützlinge zur Schädlingsbekämpfung gezüchtet und eingesetzt.
Tigerschnegel
Ganz schön chic, dieser Tigerschnegel (Limax maximus) – aber führt er Gutes oder Böses im Schilde? Nacktschnecken stehen bei vielen Pflanzenfans unter Generalverdacht, doch vom Tigerschnegel droht Salat und anderen Leckereien keine Gefahr. Er frisst sogar die Eier zahlreicher anderer Schneckenarten sowie die frisch geschlüpften Nachkommen und dezimiert somit auch den Schadschneckenbestand im Garten.
Ohnehin sind für Fraßschäden im Garten in erster Linie drei Nacktschneckenarten verantwortlich: die Spanische Wegschnecke (Arion lusitanicus), die Gartenwegschnecke (Arion distinctus/A. hortensis) und die Genetzte Ackerschnecke (Deroceras reticulatum). Das sollte man sich bewusst machen, ehe man an die Schneckenbekämpfung herangeht, da die meisten Maßnahmen auch harmlose und nützliche Nackt- und Gehäuseschneckenarten treffen – und die sind deutlich in der Mehrheit.
Letzte Aktualisierung: 7. Februar 2024
Weitere Informationen
Amtliche Auskunftsstellen für Pflanzenschutz der Länder (Pflanzenschutzdienste)