Neonicotinoide - ein Risiko für Bienen
Letzte Aktualisierung: 5. Juli 2025
Neonicotinoide sind hochwirksame, weit verbreitete Insektizide. Weil die meisten als bienengefährlich gelten, sind vier von fünf Substanzen in Deutschland verboten.

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In Kürze
- Neonicotinoide sind Pflanzenschutzmittel zum Schutz gegen Schadinsekten.
- Sie wirken systemisch, das heißt sie verteilen sich in der ganzen Pflanze.
- Vier von fünf Neonicotinoiden sind in Deutschland wegen ihrer Bienengefährlichkeit. verboten; nur Acetamiprid ist noch zugelassen, aber ebenfalls umstritten.
- Studien zeigen, dass Acetamiprid für Weichwanzen hochschädlich ist.
Seit 2018 ist die Freilandanwendung der drei Neonicotinoide Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid in der Landwirtschaft EU-weit verboten. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte zuvor die Schädlichkeit der Stoffe für Wild- und Honigbienen bestätigt.
Im Mai 2020 verlor mit Thiacloprid ein weiteres Neonicotinoid die Zulassung. Damit sind aktuell vier von fünf Wirkstoffen aus der Gruppe der Neonicotinoide vom Markt verschwunden. Der einzige in Deutschland noch zugelassene neonicotinoide Wirkstoff ist Acetamiprid. Doch auch der ist umstritten.
So hat die Universität Hohenheim in einer aktuellen Studie festgestellt, dass Acetamiprid für bestimmte Weichwanzen über 11.000-mal giftiger ist als für Honigbienen. Bereits niedrige Konzentrationen, wie sie an Feldrändern durch Abdrift auftreten, können innerhalb von zwei Tagen einen Rückgang der Weichwanzenpopulation um bis zu 92 Prozent bewirken, so die Studie.
Die Verbraucherorganisation Foodwatch hatte darüber hinaus bei einer Auswertung von Rückstandsdaten festgestellt, dass seit dem Verbot der übrigen Neonicotinoide der Absatz von Mitteln mit dem Wirkstoff Acetamiprid stark angestiegen sei. Mit der Folge, dass Rückstände und Abbauprodukte des Wirkstoffs deutlich häufiger in Lebensmittelproben gefunden wurden.
Wie wirken Neonicotinoide auf Schädlinge?
Neonicotinoide zählen zu den sogenannten systemischen Insektiziden. Das heißt, sie werden über die Pflanzenwurzeln oder die Blätter aufgenommen und verteilen sich dann über die ganze Pflanze. Wo auch immer saugende oder beißende Insekten die Pflanze schädigen, nehmen sie die giftigen Substanzen auf. Einmal aufgenommen, greift der Wirkstoff schnell in das Nervensystem der Tiere ein und verursacht dort einen Dauerreiz an den Nervenzellen, der zu Krämpfen und schließlich zum Tod der Insekten führt.
Wegen der systemischen Wirkung wurden Neonicotinoide häufig als Saatgutbehandlungsmittel verwendet. Das heißt, das Saatgut wurde mit dem Wirkstoff umhüllt. Das hatte zum Ziel, dass der Wirkstoff bereits von der jungen Pflanze aufgenommen werden konnte. Darüber hinaus wurden Neonicotinoide aber auch als Spray, Stick, Granulat oder Zusatz zum Gieß- oder Bewässerungswasser eingesetzt. Da Neonicotinoide in der Pflanze nur langsam abgebaut werden, hält ihre Wirkung länger an.
Wie schädigen Neonicotinoide Bienen und andere Insekten?
Nachdem die Wirkstoffe der Neonicotinoide zunächst über die Wurzeln und Blätter aufgenommen und dann über die Pflanze verteilt werden, finden sie ihren Wegauch in den Pollen und Nektar sobald die Pflanzen blühen. Dort werden sie dann von Bienen und anderen pollen- und nektarsammelnden Insekten, wie Hummeln, Schmetterlingen oder Schwebfliegen aufgenommen.
Auch über die Stäube, die bei der Aussaat von behandeltem Saatgut auftreten, können Nutzinsekten in Kontakt mit dem Wirkstoff kommen. Eine weitere Kontaktquelle ist das Wasser, das Bienen von den Pflanzen oder vom Boden aufnehmen: Denn der verabreichte Wirkstoff geht nicht komplett in die Pflanze über. Ein Teil davon kann sich im Niederschlagswasser lösen, geht in die Bodenlösung über und wird von dort wachsenden Pflanzen – auch Unkrautpflanzen – wieder aufgenommen.
Verschiedene Studien belegen, dass auch kleine Mengen, also solche, die die Tiere nicht direkt töten, den Bienen schaden: Ein Großteil der Neonicotinoide kann zu einer Beeinträchtigung der Gehirnprozesse der Bienen führen und damit ihre Kommunikation und Orientierungsfähigkeit einschränken. Mit dem Resultat, dass die Tiere weniger Pollen sammeln und länger für die Rückkehr zum Bienenstock benötigen.
Seit 2014 stehen einige Neonicotinoide außerdem im Verdacht, Vögel zu schädigen. Forscher in den Niederlanden stellten einen indirekten Effekt zwischen der Pflanzenschutzmittelkonzentration in der Umwelt und abnehmenden Vogelzahlen fest.
Weitere Informationen
EFSA: Neonicotinoide – Risiken für Bienen bestätigt
BVL: Antworten auf aktuelle Fragen zu Auswirkungen von Neonikotinoiden
Universität Hohenheim: Insektizide: Neonikotinoide bedrohen Biodiversität stärker als gedacht