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Warum ist digitale Kontrolle in der Milchviehhaltung gut für das Tierwohl?

Auch in der Milchviehhaltung gibt es eine Digitalisierung. Das erleichtert die Kontrolle der Kühe und verbessert das Tierwohl.

Kuhherde am Futtertisch in einem Stall
In großen Herden ist die Überwachung einzelner Kühe schwierig.
Quelle: Jürgen Beckhoff

Eine wirtschaftliche Milcherzeugung in Deutschland ist anspruchsvoll. Aufgrund der langjährig niedrigen Milchpreise sind die spezialisierten Betriebe dazu übergegangen, ihre Herden zu vergrößern und die Leistung ihrer Kühe zu steigern. Im Schnitt haben Milchviehbetriebe im Jahr 2023 etwa 73 Kühe gehalten. Betriebe mit 300 Tieren und mehr sind aber inzwischen keine Seltenheit mehr.

Hohe Leistung macht Kühe empfindlich

Vor allem auf konventionellen Betrieben mit intensiver Tierhaltung liegen die durchschnittlichen Milchleistungen bei über 10.000 Litern pro Kuh und Jahr. Auch wenn die heutigen Rassen auf solch hohe Leistungen gezüchtet wurden, ist diese intensive Form der Milcherzeugung für die Kühe eine hohe Belastung. Das macht die Tiere empfindlich für Erkrankungen wie Stoffwechsel- und Fruchtbarkeitsstörungen, Euterentzündungen oder Klauenprobleme.

Um die Herde gesund zu halten, muss die Betriebsleitung viele Bereiche optimal managen. Elementar sind vor allem die Fütterung, die Fruchtbarkeit der Kühe, die Haltungsbedingungen im Stall und auf der Weide sowie das Melken und die Melkhygiene.

Dennoch treten auch in gut geführten Herden häufiger Probleme bei einzelnen Tieren auf. Das ist schlecht für das Tierwohl und belastet die Wirtschaftlichkeit der Milcherzeugung, vor allem wenn hochleistende Tiere wegen einer Erkrankung weniger Milch geben oder vorzeitig geschlachtet werden müssen.

Sensoren in Ohrmarkungen und Halsbändern

Um mögliche Erkrankungen einzelner Kühe frühzeitig zu erkennen, nutzen inzwischen viele Betriebe digitale Systeme. Damit können zum Beispiel über Sensoren in der Ohrmarke oder am Halsband laufend Daten über jede Kuh gewonnen werden, die Aussagen über ihren Gesundheitsstatus zulassen. Halsbänder haben sich in der Milchkuhhaltung bereits seit langem bewährt. So werden sie zum Beispiel auch benutzt, um die Kraftfuttermengen am Automaten individuell zuzuteilen.

Im Vordergrund steht eine Kuh mit Transponderhalsband. Im Hintergrund stehen viele weitere Kühe auf einer grünen Weide.
Die benötigten Sensoren werden meist in Halsbändern oder Ohrmarken von Kühen untergebracht.
Quelle: Jürgen Beckhoff

Dazu gehören zum Beispiel die Fresszeiten und -dauer, die Wiederkäuaktivität, die Liegezeiten oder das Laufverhalten. Die Bewegung wird wie bei Navigationssystemen per GPS aufgezeichnet, das Wiederkäuen über integrierte Mikros. Lange Wiederkäuzeiten zeigen zum Beispiel, dass es einer Kuh gut geht. Gehen die Wiederkäuzeiten zurück, kann dies ein Hinweis auf eine Stoffwechselstörung oder andere Erkrankungen sein. Das gleiche gilt für die Aktivität der Kuh. Erhöhen sich die Liegezeiten, ist das ein Signal für mögliche gesundheitliche Probleme.

Pansen-Sensor ermöglicht Überwachung der Verdauung

Es gibt sogar Pansen-Sensoren, die im wichtigsten Magen der Kuh dauerhaft eingeführt werden können. Der Sensor übermittelt unter anderem Daten zur Temperatur, zum pH-Wert und zur Aktivität des Pansens. Damit sind noch exaktere Aussagen zur Verdauung und zum Stoffwechsel einer Kuh möglich.

Die Betriebsleitung kann die gesammelten Daten mithilfe einer Software auf einem Computer verarbeiten und überwachen. In den Programmen sind meist für jeden Bereich Grenzwerte hinterlegt. Fallen zum Beispiel die Wiederkäuzeiten unter einen Grenzwert oder sind die Liegezeiten bei einer Kuh länger als gewöhnlich, gibt das Programm die Empfehlung, das Tier näher zu untersuchen.

Frühzeitige Erkennung von Krankheiten

So kann ein Betrieb eine aufkommende Erkrankung deutlich früher erkennen und gegensteuern, indem das Tier etwa aus der Herde ausgegliedert oder behandelt wird. Eine frühzeitige Erkennung von Euterentzündungen oder Klauenproblemen hilft dabei, die Behandlungszeit und damit auch die Ausfallzeiten einer Kuh zu verkürzen. Damit verbessert die Digitaltechnik nicht nur die Tiergesundheit und damit das Tierwohl, sondern auch die Wirtschaftlichkeit der Milcherzeugung.

Landwirt mit Tablet-PC im Stall, im Hintergrund stehen Kühe
Mit digital erhobenen Daten sind Auffälligkeiten bei einzelnen Tieren schneller zu erkennen.
Quelle: pressmaster via Adobe Stock

Zudem entlastet und unterstützt die Digitaltechnik die Betriebsleitung bei der regelmäßigen Beobachtung der Herde. Denn bei Herdengrößen mit mehreren hundert Tieren steigt das Risiko, ungewöhnliches Verhalten bei einzelnen Tieren zu übersehen. Zudem lassen sich Auffälligkeiten wie längere Liegezeiten oder verändertes Fressverhalten objektiver beurteilen und damit auch gezielter behandeln.

Um die Gesundheit jeder Kuh möglichst umfassend einschätzen zu können, werden die Daten aus verschiedenen Bereichen zusammengeführt. Dazu gehören etwa die Informationen aus der Fütterung, der Milchleistungskontrolle und der Klauenpflege.

Brunst wird sicherer erkannt

Ein wichtiger Bereich für Milchviehbetriebe ist die jährliche Besamung der Kühe. Denn nur durch die regelmäßige Geburt eines Kalbes kann die Milchleistung hochgehalten werden. Dabei kommt es darauf an, die kurze Brunstphase einer Kuh rechtzeitig zu erkennen. Brünstige Tiere fallen zum Beispiel durch größere Unruhe und intensive Kopfbewegungen auf, die mithilfe der Sensoren erkannt werden.

Mit der Digitaltechnik lässt sich die Brunst einfacher und sicherer erkennen als bei Routinekontrollen der Herde. Die rechtzeitige Erkennung erhöht den Befruchtungserfolg bei der Besamung und damit die Wirtschaftlichkeit des Betriebs.

Kalb in automatischer Milchtränke
Auch in der Kälberaufzucht ist die digitale Kontrolle weit verbreitet.
Quelle: Jürgen Beckhoff

Aufzucht von gesünderen Kälbern

Auch bei der Aufzucht von Kälbern setzen viele Betriebe inzwischen auf eine digitale Kontrolle. Im Alter von etwa drei Wochen erhält jedes Jungtier ein Transponderhalsband mit integriertem Sensor. Bei der automatischen Milchtränke wird jedes Tier über den Sensor erkannt und die aufgenommenen Milchmengen und das Gewicht aufgezeichnet. Lässt ein Kalb häufiger eine Ration aus oder stagniert das Gewicht, wird das vom System gemeldet und das Kalb wird untersucht.

Weil mögliche Erkrankungen wie etwa Durchfall so viel schneller erkannt und behandelt werden können, bleiben Kälberherden gesünder und es gibt weniger Ausfälle. Beides sind wichtige Faktoren für eine wirtschaftliche Milcherzeugung.

Fazit

Mit einer digitalen Kontrolle ergeben sich für Milchviehbetriebe und auch für die Tiere viele Vorteile. So können Probleme einzelner Kühe auch bei großen Herden eindeutiger und vor allem früher erkannt werden. Die Daten sind zudem eine wichtige Hilfe bei der Diagnose und der richtigen Behandlung. Dadurch verbessert sich letztlich das Tierwohl, die Tierleistung und damit auch die Wirtschaftlichkeit eines Betriebs. Digitale Systeme können aber nicht die tägliche Kontrolle und Tierbeobachtung durch die Betriebsleitung ersetzen.

Letzte Aktualisierung: 8. Juli 2024


Weitere Informationen

Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft: Digitale Anwendungen für das Herdenmanagement in der ­Milchviehhaltung (DLG-Merkblatt 466)

Ökolandbau.de: Digitales Herdenmanagement in der Bio-Milchviehhaltung


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