Springe zur Hauptnavigation Springe zum Inhalt

Warum importiert Deutschland so viel Schweinefleisch?

Obwohl in Deutschland mehr Schweinefleisch erzeugt wird als wir selbst essen, importieren wir jährlich rund 960.000 Tonnen. Warum ist das so?

Schweinehälften am Haken im Kühlhaus
Einen Teil unseres Schweinefleischbedarfs müssen wir importieren, weil wir nur die Edelteile verzehren.
Quelle: agnormark via Getty Images

Deutsche Schweinehalterinnen und -halter erzeugten im Jahr 2023 rund 4,2 Millionen Tonnen Schweinefleisch. Verbraucht haben wir in Deutschland dagegen nur rund 2,9 Millionen Tonnen.

Es wird also deutlich mehr Schweinefleisch erzeugt als für den eigenen Bedarf benötigt wird.

Faktisch hat Deutschland damit einen Selbstversorgungsgrad von 134 Prozent. Trotzdem importieren wir jedes Jahr große Mengen an Schweinefleisch – 2023 waren es rund 960.000 Tonnen. Wie kommt es dazu?

Der Schweinemarkt ist ein Teilstückmarkt

Bei jeder Schlachtung eines Tiers fallen neben den verschiedenen essbaren Teilstücken auch Schlachtabfällen (wie Knochen, Hufe, Borsten) an. Nicht alle essbaren Teilstücke werden aber gleichermaßen gerne gegessen. Bei Verbraucherinnen und Verbrauchern in Deutschland sind vor allem die Schnitzel, Filets, Koteletts und Schinken sehr beliebt. Diese sogenannten wertvollen Teilstücke – auch Edelteile genannt – machen etwa 60 Prozent des Schlachtkörpers beim Schwein aus.

Hätten Sie’s gewusst?

Mit dem erstmaligen Auftreten der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Deutschland 2020 verhängten viele außereuropäische Länder Importverbote für deutsches Schweinefleisch, um sich die Krankheit nicht ins Land zu holen. Weil Deutschland so große Mengen nach China exportierte, traf das chinesische Importverbot die deutschen Schweinefleischproduzenten besonders hart. Von jetzt auf gleich konnten sie große Mengen nicht mehr auf dem chinesischen Markt absetzen, was für Turbulenzen auf den Schweinemärkten sorgte.

Bei jeder Schlachtung fallen aber auch Teilstücke an, die hierzulande weniger gerne gegessen werden. Dies sind zum Beispiel Kopf und Beinteile, Schweinefüße und -schwänze oder Innereien, die nicht komplett für Wurstwaren genutzt werden können.

Nachfrage nach Edelteilen größer als inländisches Angebot

Nun ist es so, dass die Menschen hierzulande weit mehr Edelteile essen wollen, als erzeugt werden. Deswegen wird die zusätzlich benötigte Menge an Edelteilen importiert. Knapp ein Drittel der in Deutschland nachgefragten Menge an Schweinefleisch  wurde 2022 aus dem Ausland eingeführt – vor allem aus Dänemark, Belgien und den Niederlanden.

Schweinefleisch wird aber auch exportiert

Im Gegenzug exportiert Deutschland aber auch große Mengen Schweinefleisch. Mehr als die Hälfte geht ins Ausland. 2023 waren das rund 2,2 Millionen Tonnen.

Dabei handelt es sich zu einem Teil um solche Teilstücke des Schweins, die von deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern weniger gerne oder gar nicht gegessen werden. Dies sind vor allem die Schweinefüße, -schnauzen und -schwänze sowie die Innereien. Sie werden überwiegend in asiatische Länder exportiert, wo sie als Delikatesse gelten.

Hand hält einen gekühlten Schweinefuß in die Kamera, dahinter weitere verpackte und gekühlte Schweinefüße.
Manche Teile vom Schwein, wie diese Füße, werden in Deutschland kaum nachgefragt. In asiatischen Ländern gelten sie dagegen als Delikatessen.
Quelle: KatarzynaBialasiewicz via Getty Images

Der größte Teil des exportierten Schweinefleischs geht aber an unsere europäischen Nachbarländer. Hier sind vor allem Italien, Niederlande und Polen als größte Abnehmer zu nennen. Bei diesen Exporten handelt es sich im weit überwiegenden Fall um die gleichen wertvollen Teilstücke, wie wir sie auch hierzulande gerne essen.

Das heißt also: Deutschland nutzt nicht alles an Edelteilen, was hierzulande erzeugt wird, für den eigenen Verbrauch. Ein Teil davon geht auch in den Export. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass ein Teil der Edelteile, die wir exportieren, auch wieder woanders her importiert werden müssen.

Das wirft unweigerlich die Frage auf, ob es sinnvoll ist Erzeugnisse zu exportieren, mit denen man sich dann wieder aus dem Ausland eindecken muss. Auf einem freien Markt, wie wir ihn in Europa haben, ist ein solches Marktgeschehen jedoch üblich und wird von Preis und Nachfrage bestimmt.

Letzte Aktualisierung: 19. Juni 2024


Weitere Informationen

BZL-Datenzentrum: Produktion und Versorgung mit Fleisch

BZL-Datenzentrum: Agrarmarkt Fleisch und Geflügel

Thünen-Institut: Dossier – Nutztierhaltung und Fleischproduktion in Deutschland

Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE): Bericht zur Markt- und Versorgungslage Fleisch 2023 (PDF)


Schweinefleisch

Deutschland ist nach Spanien der zweitgrößte Schweinefleischproduzent in Europa. 2022 hielten rund 16.900 Betriebe etwa 21,4 Millionen Schweine.

Schweinemäster mit Schweinen im Stall

Wie viel verdient ein Landwirt an einem Schwein?

In Deutschland wurden 2022 rund 21 Millionen Schweine gemästet. Lohnt sich das für die Betriebe?

Verschiedene Lebensmittel

Der Selbstversorgungsgrad: Wie ist es in Deutschland um die Versorgung mit Lebensmitteln bestellt?

Globalisierte Märkte sind längst Alltag – auch bei Nahrungsmitteln. Erst in Krisenzeiten rückt die Abhängigkeit von Importen wieder in den Fokus.