Können Biogasanlagen in der Energiekrise helfen?
In der Energiekrise wird verstärkt nach alternativen Versorgungsquellen gesucht. Strom und Wärme aus Biogas könnten Teil einer Lösung sein.
Biogas hat sich als nachhaltige Energiequelle seit vielen Jahren bewährt. Zwar ist die Flächeneffizienz bei der Erzeugung von Energie aus Biomasse deutlich geringer als bei Wind- und Solarenergie. Dafür lässt sich Biogas aber wetterunabhängig erzeugen und ist zudem speicherbar. Das heißt, die Energie ist wie bei Kraftwerken auf Basis fossiler Brennstoffe oder Atomkraft durchgehend verfügbar.
Biogasanlagen liefern Strom, Wärme und sogenanntes Biomethan, das nach spezieller Aufbereitung wie Erdgas genutzt werden kann. Schon vor der Energiekrise hatten Biogasanlagen einen nennenswerten Anteil an der deutschen Energieversorgung. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland etwa 9.900 Biogasanlagen betrieben.
Wenig neue Anlagen
In den letzten Jahren wurden allerdings nur noch relativ wenig neue Anlagen gebaut, weil es strenge rechtliche Vorgaben für den Betrieb gibt und die Fördersituation unklar ist. Der Bau einer Biogasanlage ist für landwirtschaftliche Betriebe eine große Investition und rechnete sich vor der Energiekrise häufig nur mit staatlichen Fördermitteln.
Deshalb kamen etwa im Jahr 2022 nur 77 neue Biogasanlagen dazu, überwiegend mit geringer Leistung. Durch die Energiekrise sind Biogasanlagen wieder stärker in den Fokus gerückt als mögliche Alternative zu fehlenden Erdgasimporten.
Zurzeit wird der größte Teil des Biogases in Strom umgewandelt. Die bestehenden Biogasanlagen in Deutschland produzierten im Jahr 2023 rund 33,6 Terrawattstunden Strom. Diese Menge reicht aus, um etwa 9,6 Millionen Haushalte zu versorgen und entspricht etwa sechs Prozent des gesamten Strombedarfs. Mit der Wärmeenergie, die zusätzlich bei der Vergärung von Biosubstraten entsteht, wird der Bedarf von rund zwei Millionen Haushalten abgedeckt.
Die aktuell erzeugten Energiemengen aus Biogasanlagen werden bereits vollständig genutzt. Aber in welchem Umfang könnten kurzfristig zusätzliche Reserven bereitgestellt werden, um Lücken bei den Erdgasimporten zu füllen?
Fachleute sehen hier großes Potenzial. Denn bislang konnten die Betriebe nicht die volle Leistung ihrer Anlagen nutzen, weil lange Zeit eine sogenannte Höchstbemessungsleistung galt. Damit wurde festgelegt, bis zu welcher produzierten Strommenge die Betriebe eine zusätzliche Prämie für den gelieferten Strom erhalten. Ohne diese Vergütung ist die Stromerzeugung für die Betreiber weniger rentabel.
Bis zu 20 Prozent mehr Strom und Wärme möglich
Ende 2022 wurde diese Höchstbemessungsleistung bis voraussichtlich 2024 ausgesetzt, damit Biogasanlagen einen größeren Beitrag zur Energiebereitstellung leisten können. Dadurch kann die Leistung der Biogasanlagen nach Branchenangaben kurzfristig um bis zu 20 Prozent gesteigert werden.
Das entspricht etwa sieben Terrawattstunden an zusätzlich verfügbarem Strom. Mittelfristig könnte die derzeitige Stromleistung aus Biogasanlagen nach Einschätzung des Fachverband Biogas sogar verdoppelt werden. Dadurch ließen sich etwa ein Drittel der früheren deutschen Gasimporte aus Russland ersetzen.
Fernwärme aus Biogas kann Heizkostenanstieg abfedern
Im gleichen Umfang erzeugen die Anlagen auch zusätzliche Wärmeenergie. Dadurch könnten entsprechend 20 Prozent mehr Haushalte zusätzlich versorgt werden. In der Regel wird die Abwärme von Biogasanlagen lokal in das örtliche Fernwärmenetz eingespeist. Die Nachfrage nach Wärme aus Biogasanlagen ist laut dem Fachverband Biogas im Jahr 2022 stark gestiegen. In einigen Gemeinden konnte damit der massive Anstieg der Heizkosten deutlich abgefedert werden.
Ein anderer Weg, fossiles Gas zu ersetzen, ist die Nutzung von Biogas als Biomethan. Denn wie Erdgas besteht auch Biogas zu großen Teilen aus Methan. Allerdings kann Biogas fossiles Erdgas nicht 1:1 ersetzen, sondern muss in einem gesonderten Prozess gereinigt und aufkonzentriert werden. Erst dann kann es wie Erdgas genutzt und ins Gasnetz eingespeist werden.
Zu wenig Biomethan verfügbar
Die notwendige Technik ist jedoch teuer, weshalb nur wenige Betriebe in die Aufbereitungstechnik investiert haben. In Deutschland gab es 2022 nur etwa 220 Anlagen. Entsprechend gering sind die verfügbaren Mengen an Biomethan. Sie machen nur etwa ein Prozent der am Gasmarkt benötigten Menge aus. Würde man die Erzeugung von Biomethan durch gezielte Förderung forcieren, ließe sich dieser Anteil laut einer Studie des Deutsche Biomasseforschungszentrums (DBFZ) mittelfristig immerhin verdreifachen.
Um die Biogas-Erzeugung weiter voranzutreiben, hat die Europäische Union (EU) nach Beginn des Ukraine-Kriegs einen Biomethan-Aktionsplan erarbeitet. Der Plan sieht vor, die erzeugte Menge an Biomethan in den EU-Staaten bis 2030 von aktuell drei Milliarden auf 35 Milliarden Kubikmeter pro Jahr zu steigern. Damit ließe sich etwa ein Fünftel der früher aus Russland in die EU importierten Gasmenge ersetzen.
Letzte Aktualisierung: 11. März 2024
Weitere Informationen
Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL): Biogas
Umweltbundesamt (UBA): Optionen für den Weiterbetrieb von Biogasanlagen ab 2030