Die Varroamilbe – der schlimmste Feind der Honigbiene
Die Varroamilbe ist bislang das größte Problem von Imkerinnen und Imkern. Warum ist das so und wie kann man den Bienenschädling bekämpfen?
Wie gefährlich ist die Varroamilbe?
Der wissenschaftliche Name könnte kaum passender sein: Varroa destructor bedeutet "zerstörerische Milbe". Und den trägt die rund einen Millimeter große rundliche Varroamilbe mit ihren acht Beinen und den stechend-saugenden Mundwerkzeugen zu Recht. Als Parasit der Westlichen Honigbiene Apis mellifera verursacht sie hohe Verluste bei den Bienenvölkern – und das weltweit.
Die Milben saugen ähnlich wie Zecken an den Bienen und ihrer Brut. Eine große Gefahr geht dabei neben dem Saugschaden vor allem von gefährlichen Viren aus, die die Milben übertragen. Ohne Behandlung führt ein Milbenbefall meist zum Verlust eines ganzen Volkes.
Trotzdem sind Honigbienen nicht in ihrem Bestand bedroht. Da Imkerinnen und Imker ihre Bienenvölker sorgfältig pflegen und vermehren, ist ihre Anzahl in Deutschland und weltweit in den letzten Jahren sogar gestiegen. Für den Menschen sind die Milben nicht schädlich. Auch Honig von befallenen Völkern kann bedenkenlos verzehrt werden.
Invasiver Schädling
Der invasive Bienenschädling wurde in den 1970er Jahren erstmalig in Deutschland beobachtet. In der Forschung wird vermutet, dass die Varroamilbe aus Ostasien mit importierten Bienen nach Europa eingewandert ist. Hier hat sie sich dann sehr schnell ausgebreitet.
Unsere Honigbiene ist ein relativ neuer Wirt der Varroamilbe. Mit ihrem ursprünglichen Wirt, der Östlichen Honigbiene Apis cerana, lebt die Milbe seit Jahrtausenden im tropischen Ostasien zusammen, ohne diesen zu schädigen. Hier hat sich ein Wirt-Parasit-Verhältnis entwickelt, bei dem beide überleben können. Dies ist bei der Westlichen Honigbiene jedoch zurzeit nicht der Fall.
Die Östliche Honigbiene hat durch die gemeinsame Evolution bestimmte Abwehrmechanismen gegen die Varroamilbe entwickelt und besitzt eine gewisse Varroatoleranz. Zum einen werden ausschließlich Drohnenlarven befallen, also männliche Bienen, die keinen Honig sammeln. Stark befallene Drohnen bleiben in der Brutzelle, ohne auszuschlüpfen, wodurch auch die Vermehrung der Milbe begrenzt ist. Zudem sind die Östlichen Honigbienen bei der Entfernung der Parasiten erfolgreicher.
Ohne die Hilfe von Imkerinnen und Imkern könnten sich unsere Bienen kaum schützen. Unbehandelt sterben befallene Völker in der Regel nach rund drei Jahren. Daher müssen alle Bienenvölker regelmäßig untersucht und gegebenenfalls behandelt werden. Aber auch dies ist keine Garantie für das Überleben des Volks. Daher werden weltweit große Anstrengungen unternommen, die Varroamilbe zu bekämpfen. Um zu wissen, welche Strategien erfolgversprechend sein können, hilft ein Blick in die Biologie der Milbe.
Wie vermehren sich die Varroamilben?
Die Varroamilbe ist ein sogenannter "Brutparasit", das bedeutet, dass die Vermehrung der Milben ausschließlich in der Bienenbrut stattfindet. Dadurch ist sie auch sehr an den Lebenszyklus der Honigbienen gebunden. Erwachsene Varroaweibchen sitzen meist auf den Ammenbienen, die im Volk für die Brutpflege verantwortlich sind. Diese bringen sie zu ihrem Ziel: den Brutzellen, in denen die jungen Bienen heranwachsen.
Vor der Verpuppung der Bienenlarven werden die Brutzellen mit einem Deckel verschlossen. Kurz bevor dies geschieht, wandert das Varroaweibchen in die Brutzelle und lässt sich miteinschließen. Hier erfolgt die Vermehrung der Milben: Als erstes legt das Varroaweibchen ein unbefruchtetes Ei, das sich zu einem Männchen entwickelt. Nachfolgend legt es noch etwa 5-6 befruchtete Eier, aus denen weibliche Varroamilben entstehen. Damit sich die heranwachsenden Milben ernähren können, beißt die Mutter ein Loch in die Bienenpuppe.
Hier saugen die Milben bis zum Schlupf an der Puppe und übertragen auf diese Weise auch die Viren. Noch in der Brutzelle werden die Milben geschlechtsreif. Das Männchen begattet die Weibchen, sodass zum Zeitpunkt des Bienenschlupfes neue erwachsene und begattete Varroaweibchen aus der Brutzelle wandern und sich wiederum an erwachsene Bienen anheften und weitertragen lassen. Das Männchen stirbt in der Brutzelle. Ein erwachsenes Milbenweibchen begibt sich bis zu dreimal in eine neue Brutzelle.
Längere Brutzeit der Drohnen
Für die Bekämpfung der Varroamilben ist ein Aspekt von Bedeutung: Wie lange die Bienen-Brutzelle mit einem Deckel verschlossen ist. Denn dies ist die Zeit, die der weibliche Milbennachwuchs hat, um sich vollständig zu entwickeln und begattet zu werden – was normalerweise rund 6 Tage dauert. Je länger der Deckel verschlossen ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit für mehr Milben-Nachwuchs.
Im Bienenvolk haben Arbeiterinnen mit 21 Tagen eine kürzere Entwicklungszeit als die männlichen Drohnen (24 Tage). Je befallener Drohnenlarve entstehen so drei bis vier fortpflanzungsfähige Milbenweibchen, je Arbeiterinnenlarve nur ein bis zwei. Deshalb wird die Drohnenbrut etwa fünf- bis zehnmal häufiger befallen als die Arbeiterinnenbrut. Eine der wichtigen Bekämpfungsmaßnahmen ist daher der sogenannte "Drohnenschnitt", bei dem gezielt die Drohnenbrut aus dem Volk entfernt wird. Da Drohnen keinen Honig sammeln, sondern allein für die Befruchtung der Königinnen zuständig sind, verringert diese Maßnahme nicht den Honigertrag.
Wie lange leben die Milben?
Ein Varroaweibchen lebt im Sommer rund zwei bis drei Monate, im Winter sechs bis acht Monate. So kann ein Weibchen auch mehrere Fortpflanzungszyklen durchlaufen. Da die Bienen im Jahresverlauf viel Brut anlegen, steigt auch die Zahl der Milben im Bienenvolk stark an. Während der Brutzeit der Bienen im Frühjahr und Sommer kann sich die Anzahl der Milben alle drei bis vier Wochen verdoppeln oder sogar verdreifachen. Die Männchen sterben spätestens nach dem Schlupf der Jungbiene.
Wodurch schädigen die Varroamilben die Bienen?
Die Varroamilben schädigen unsere Honigbienen auf mehrfache Weise: Zum einen schwächen die erwachsenen Varroaweibchen die erwachsenen Bienen, bei denen sie sich meist im Brustbereich und am Hinterleib festsetzen und an deren Fettkörper saugen. Das ist ein Organ, das unter anderem dem Speichern von Energie und dem Stoffwechsel dient. Sie durchstechen die dünnen Häutchen zwischen den Segmenten des Bienenpanzers und geben Verdauungssäfte in die Biene ab.
Anschließend saugen sie den dadurch entstehenden Nahrungsbrei auf und können dabei Viren oder Krankheitserreger übertragen. Befallene erwachsene Arbeiterinnen leben kürzer, was vor allem für die Überwinterung ein Problem ist, da für einen guten Start in den Frühling genug gesunde Bienen vorhanden sein müssen.
Kritischer ist es allerdings, wenn die Bienenbrut befallen ist, da die Milben die Bienen in ihrer Entwicklung stören und diese entweder sterben oder beim Schlüpfen geschädigt sind. Oft sind sie leichter und haben ein geschwächtes Immunsystem. Zudem sind sie häufig mit Krankheitserregern oder einem Virus wie dem Flügeldeformationsvirus (DWV) infiziert, das die Flügel verkrüppelt und zu einem kleineren Hinterleib führt. Können geschädigte Bienen noch fliegen, sind sie häufig nicht voll einsatzfähig. Sie lernen schlechter und können sich Futterpflanzen und Flugwege schlechter merken. Auch ihre Lebensdauer ist verkürzt, wodurch sich die Stärke des ganzen Volkes reduziert. Drohnen sind nach einem Befall häufig unfruchtbar. Sind zu viele Varroamilben vorhanden, kann sogar das ganze Volk sterben.
Wie verbreitet sich die Varroamilbe von Volk zu Volk?
Varroamilben sind auf die Bienen angewiesen. Ohne Bienen und Brut überleben die Weibchen der Varroamilbe maximal eine Woche. Die Milben können sich leicht von Volk zu Volk verbreiten. Die Weibchen gelangen einfach auf einer Biene sitzend zu anderen Völkern, zum Beispiel beim Ausschwärmen, bei der Futtersuche oder beim Räubern – etwa, weil das natürliche Nahrungsangebot knapp ist und die Bienen Honig von anderen Völkern "rauben".
Werden auch Wildbienen befallen?
Die Varroamilbe befällt ausschließlich Honigbienen – trotzdem kann sie indirekt Wildbienen schädigen. Milbenbefallene Honigbienen sind sehr häufig mit dem Flügeldeformationsvirus infiziert, das auch für Wildbienen gefährlich ist. Ein Ulmer Forscherteam fand heraus, dass in den Regionen, in denen Honigbienen stark mit den Varroamilben befallen waren, auch das Virus viel stärker unter den Wildbienen verbreitet war. Da Honigbienen und Wildbienen, wie zum Beispiel Hummeln, dieselben Pflanzen nutzen, konnte das Flügeldeformationsvirus direkt über den Blütenbesuch übertragen werden. Daher profitieren auch Wildbienen, wenn Honigbienen gegen Varroamilben behandelt werden.
Woran erkennen Imkerinnen und Imker einen Befall?
Bis zu einem gewissen Grad kommt ein Bienenvolk damit zurecht, wenn die Brut und Bienen mit Varroamilben befallen sind. Überschreitet allerdings die Anzahl der Milben eine bestimmte Grenze, ist die Sozialstruktur des Volkes gestört. Kommt es zu Ertrags- und Völkerverlusten, spricht man vom Symptombild der Varroose.
Anzeichen einer Varroose sind oft erst gut zu erkennen, wenn die Bienen schon schwer geschädigt sind – auch, wenn das Volk auf den ersten Blick noch stark und gesund aussieht. Typisch sind unter anderem Bienen mit verkrüppelten Flügeln und einem verkürzten Hinterleib oder sichtbare Varroamilben auf den Bienen und Waben. Auch Brutnester mit Lücken können Anzeichen sein. Sterben die Bienen, verkühlt die Brut, schlüpft nicht mehr, bleibt zurück oder stirbt. Tote Milben fallen im Bienenvolk einfach zu Boden, was ebenfalls zur Diagnose herangezogen werden kann.
Damit es gar nicht so weit kommt, müssen Imkerinnen und Imker ihre Völker regelmäßig kontrollieren und Befallsdiagnosen durchführen. Nur so lassen sich gefährliche Situationen schon vor einer akuten Gefährdung erkennen.
Wie kann man die Varroamilbe bekämpfen?
In Deutschland regelt die Bienenseuchen-Verordnung den Umgang mit der Varroamilbe. Grundsätzlich sollen alle Besitzer von Bienenvölkern die Bienenstände, die mit den Virus-übertragenden Varroamilben befallen sind, diese entsprechend behandeln.
Die Zeit nach dem Schleudern des Honigs ist sehr gut für eine Bekämpfung geeignet, also Juli und August, gegebenenfalls mit Nachbehandlungen im Herbst und Winter. Ziel ist es, im Frühjahr einen möglichst geringen Varroabefall zu haben. Dann kann das Volk mit einem geringen Befallsdruck ins Jahr starten und die Wahrscheinlichkeit ist größer, dass die Bienen die Zeit bis zur ersten Sommerbehandlung überstehen.
Biotechnische Maßnahmen helfen
Bevor Mittel wie Ameisensäure und Oxalsäure eingesetzt werden, können biotechnische Tricks helfen. Mit ihnen lassen sich bereits früh im Jahr die Milben reduzieren und eliminieren. Dazu gehört zum Beispiel das "Drohnenbrut schneiden", bei dem die Drohnenbrut entnommen und vernichtet wird, in der sich die Milben bevorzugt vermehren. Manche Imkerinnen und Imker lehnen dies jedoch ab. Manchmal wird auch die Königin mit einer Wabentasche auf eine Wabe eingesperrt, die sogenannte "Bannwabe".
Die Milben müssen nun alle auf diese Wabe, wenn sie sich weiter vermehren wollen, da die Königin nur hier ihre Eier ablegen kann. Der Trick: Die Wabe wird entnommen, bevor die Bienen schlüpfen. Damit entfernt man gleichzeitig einen Großteil der Milben. Bei der "totalen Brutentnahme" entnehmen Imkerinnen und Imker im Sommer den Bienen ihre Brut, da dann die Belastung mit den Milben am höchsten ist. Diese vollständige Entnahme erfolgt allerdings spätestens im August. Ansonsten würden es die Bienen nicht mehr schaffen, die Brutlücke aufzuholen und genügend Winterbienen aufzuziehen.
Mit Säure und Züchtung gegen den Schädling
Auch die organischen Säuren Ameisensäure und Oxalsäure sind als Bekämpfungsmittel gegen die Varroamilbe im Einsatz. Die Mittel werden im Stock verdampft und wirken auch auf die verdeckelte Brut, wodurch alle Stadien der Milben reduziert werden können. Die Bienen vertragen die Säuren in geringen Konzentrationen, können aber auch Schaden nehmen.
Größeren Erfolg verspricht man sich davon, Honigbienen nach natürlicher Varroaresistenz zu selektieren. Diese genetischen Merkmale sollen dann verbreitet und die Gesundheit der allgemeinen Bienenpopulationen verbessert werden. Zu diesem Zweck wurde das Projekt "Varroaresistenz 2033" ins Leben gerufen. Ziel ist, varroaresistente Honigbienenpopulationen bis zum Jahr 2033 flächendeckend zu etablieren. Die am Projekt betreiligten europäischen Imkerverbände riefen dazu nationale und europäische Imkerverbände, Bieneninstitute, Behörden, Ministerien sowie Imkerinnen und Imker auf, das Ziel gemeinsam zu verfolgen.
Hat die Varroamilbe Einfluss auf den Honig?
Ein Milbenbefall hat keinen Einfluss auf die Honigqualität, genauso wie die Behandlungsmethoden. Chemische Behandlungen gegen die Varroamilbe sind erst nach der letzten Ernte im Spätsommer erlaubt. Ansonsten wäre die Gefahr zu groß, dass Rückstände von Chemikalien in den Honig und von dort in den menschlichen Organismus gelangen.
Letzte Aktualisierung: 17. Juni 2024
Weitere Informationen
ARD Alpha: Die Varroamilbe: Der gefährlichste Feind der Biene
Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH): Biologie der Varroa-Milbe
Universität Hohenheim / Landesanstalt für Bienenkunde: Monitoring der Bienengesundheit (DeBiMo)
Mitteldeutscher Rundfunk (MDR): Selektive Züchtung schützt Honigbienen vor Varroa-Milbe