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Wie viel Energie benötigen Gewächshaus-Anbau und Lagerung von Gemüse und Obst?

Regionales Obst und Gemüse hat in der Regel die beste Klimabilanz. Aber wie sieht es aus, wenn es eingelagert oder in Gewächshäusern angebaut wird?

Blick in ein Gewächshaus. Hier werden Tomaten im Unterglasbau angebaut.
Nahezu 100 Prozent der angebotenen Tomaten aus Deutschland stammen aus dem Unterglasanbau.
Quelle: Jürgen Beckhoff/BLE

Tomaten, Gurken, Kartoffeln oder Äpfel sind im Supermarkt das ganze Jahr über verfügbar, auch wenn die heimische Ernte längst abgeschlossen ist. Möglich wird dies durch Importe, durch Lagerung oder durch den Anbau in Gewächshäusern. Vor allem nicht lagerfähiges Gemüse wie Tomaten, Gurken und Paprika stammt in Deutschland nahezu vollständig aus dem Unterglasanbau.

Im Jahr 2022 haben in Deutschland 1.620 Betriebe auf einer Fläche von knapp 1.300 Hektar Gemüse unter Glas angebaut. Das sind knapp ein Prozent der gesamten Gemüseanbaufläche. Davon entfielen knapp 400 Hektar auf Tomaten, 210 Hektar auf Salatgurken und 170 Hektar auf Feldsalat. Doch die erzeugten Mengen reichen bei weitem nicht aus, um den heimischen Bedarf zu decken. Knapp 70 Prozent der benötigten Gurken und über 96 Prozent der Tomaten müssen deshalb importiert werden. Die mit Abstand wichtigsten Lieferländer sind die Niederlande und Spanien.

Tomaten aus Spanien und Marokko

Die Gewächshaus-Saison in Deutschland endet in der Regel Ende November. Dann werden die Glashäuser geräumt und im Januar neu bepflanzt, sodass erst ab März wieder Ware zur Verfügung steht. Deshalb stammen zum Beispiel Tomaten in diesen Monaten überwiegend aus Spanien und Marokko, wo das Gemüse aufgrund des günstigen Klimas auch in den Wintermonaten unter Folie wächst und viel preiswerter erzeugt werden kann.

Die niederländischen Betriebe haben sich voll auf den Unterglasanbau spezialisiert. Die Anbaufläche unter Glas ist hier mit knapp 9400 Hektar im Jahr 2023 – davon mehr als die Hälfte Gemüse – deutlich höher als in Deutschland.

Da vor allem Tomaten hohe Temperaturen von weit über 20 Grad Celsius benötigen, ist der Energiebedarf von Gewächshäusern in kühlen Monaten sehr hoch. Schon bei einer Solltemperatur von 16 Grad Celsius werden pro Quadratmeter und Jahr etwa 350 Kilowattstunden benötigt. Das entspricht etwa 35 Litern Heizöl.

Hinzu kommt, dass die Pflanzen vor allem in den dunklen Wintermonaten zusätzlich belichtet werden, um die Ertragsleistung zu verbessern. Der hohe Energiebedarf führt dazu, dass der CO2-Fußabdruck einer Gewächshaustomate im Winter fast zehn Mal höher ausfällt als der einer Freilandtomate.

Gewächshaus von aussen betrachtet. Innen sieht man die Beleuchtung.
Um das Wachstum der Pflanzen im Gewächshaus zu beschleunigen, werden viele Kulturen zusätzlich künstlich belichtet.
Quelle: landpixel.de

Heizen macht ein Viertel der Kosten aus

Je nach Bauart und Ausführung eines Gewächshauses gibt es jedoch große Unterschiede beim Energiebedarf. Da allein das Heizen etwa ein Viertel der Kosten ausmacht, sind die Betriebe bestrebt, ihre Gewächshäuser möglichst energieeffizient zu gestalten. Dazu gehören zum Beispiel eine Doppel- statt Einfachverglasung und der Einsatz sogenannter Energieschirme unter dem Dach, die ein isolierendes Luftpolster bei niedrigen Außentemperaturen in der Nacht schaffen.

Weit verbreitet sind inzwischen auch computergesteuerte Klimasysteme, die über Sensoren durchgehend die Temperatur und Luftfeuchte im Glashaus erfassen und den Heizbedarf anpassen. Zudem arbeiten moderne Betriebe auch mit Zeitprogrammen, mit denen zum Beispiel nachts niedrigere Temperaturen gefahren werden können als tagsüber.

Mit diesen Maßnahmen lassen sich große Teile der benötigten Heizenergie einsparen. Bei der Beleuchtung greifen die Betriebe inzwischen verstärkt auf LED-Lampen zurück, die im Vergleich zu den verbreiteten Natrium-Hochdrucklampen (HPS) deutlich weniger Energie benötigen.

Auch die Art der Energiequelle hat Einfluss auf die Nachhaltigkeit von Unterglasgemüse. Wegen steigender Energiekosten und einem wachsenden Anspruch an die Nachhaltigkeit der Erzeugung gehen immer mehr Betriebe dazu über, statt Gas oder Heizöl alternative Energiequellen zum Heizen ihrer Gewächshäuser zu nutzen.

Dazu gehören zum Beispiel der Einsatz energiesparender Wärmepumpen, die Nutzung von Abwärme aus eigenen oder benachbarten Biogasanlagen, aus Müllverbrennungsanlagen oder anderen energieintensiven Industrien. So nutzt etwa das größte Gewächshaus Deutschlands in Wittenberg (15 Hektar Fläche) die Abwärme eines nahe gelegenen Düngemittelherstellers. 

Kartoffeln werden nach der Ernte in Holzkisten kühl und dunkel eingelagert.
Kartoffeln werden nach der Ernte meist in Holzkisten kühl und dunkel eingelagert bis zum Sortieren und Abpacken.
Quelle: Jürgen Beckhoff/BLE

Auch die Lagerung kostet Energie

Aber nicht nur der Anbau in Gewächshäusern ist energieaufwändig, auch das Einlagern von Obst und Gemüse aus dem Freilandanbau kostet in den Wintermonaten viel Energie. Zu den klassischen Lagerkulturen gehören Äpfel, Birnen, Kartoffeln, Möhren, Zwiebeln und verschiedene Kohlarten.

Kartoffeln, Möhren, Kopfkohl und Zwiebeln werden in der Regel nur dunkel und kühl gelagert. Bei einigen Obstarten ist eine Langzeitlagerung mit einer zusätzlichen kontrollierten Klimaführung in gasdichten Räumen üblich. In diesen sogenannten CA-Lagern (CA=Controlled Atmosphere) kann die Ernte einzelner Kulturen bis zu zehn Monate frisch gehalten werden.

Lager mit künstlicher Atmosphäre

Das gelingt, weil die Temperaturen im Lager bei null bis fünf Grad Celsius liegen und zusätzlich die Anteile von Sauerstoff und Kohlendioxid in der Umgebungsluft gezielt verändert werden. Während man den Sauerstoffgehalt deutlich verringert, liegt der Kohlendioxidanteil höher als in der Außenluft. Dadurch lässt sich der Verderb der eingelagerten Ernte deutlich verlangsamen.  CA-Container sind deshalb auch Standard bei Schiffstransporten von Früchten aus Übersee.

Blick in ein Apfel-Ca-Lager, Lagerung verschiedener Apfelsorten in Kisten in einer kontrolliert gesteuerten Atmosphäre, Controlled Atmosphere. Frischhaltung von Äpfel durch Reifeverzögerung.
Heimische Äpfel können nach der Ernte viele Monate lang in sogenannten CA-Lagern frischgehalten werden.
Quelle: landpixel.de

Der Energieverbrauch eines CA-Lagers hängt von vielen Faktoren ab, wie zum Beispiel von der Größe und Ausführung eines Lagers, von der angestrebten Zieltemperatur und von der Art des Ernteguts. Im Schnitt benötigt man pro Saison und je Tonne eingelagertem Erntegut etwa 70 bis 80 Kilowattstunden. Ein Betrieb, der 50 Tonnen Ware einlagert, kommt damit auf den jährlichen Strombedarf eines Vier-Personen-Haushalts in einem Einfamilienhaus.  

Allein die Umwälzung der Luft über Ventilatoren macht in CA-Lagern etwa 40 Prozent des Stromverbrauchs aus. Doch auch hier gibt es Möglichkeiten zur Einsparung. So kann mithilfe sogenannter Funk-Strömungssensoren die Luftströmung in allen Bereichen eines Lagers gemessen werden. Auf Basis dieser Daten regelt das System die Belüftung immer nach Bedarf. Auch Lagerkisten mit luftdurchlässigeren Wänden, die Art der Kistenstapelung und eine optimierte Raumgestaltung des Lagers bieten Einsparpotenziale von bis zu 20 Prozent.

Letzte Aktualisierung: 23. Februar 2024


Weitere Informationen

Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu.de): Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland (PDF)


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