Die Fruchtfolge in der Landwirtschaft
Ohne Fruchtfolge ist der Anbau von Nahrungspflanzen auf dem Acker kaum möglich. Das hat verschiedene Gründe.
Eine der wichtigsten Aufgaben von Ackerbäuerinnen und Ackerbauern ist die Planung und Einhaltung der sogenannten Fruchtfolge. Gemeint ist damit die zeitliche Abfolge der Nutzpflanzen, die auf einer landwirtschaftlichen Fläche angebaut werden. Dahinter verbirgt sich ein System mit zahlreichen Regeln, das sich über viele Jahrhunderte entwickelt hat.
Warum ist eine Fruchtfolge überhaupt nötig?
Bei typischen Ackerkulturen wie Getreide, Raps, Kartoffeln oder auch bei Gemüsekulturen wie Kohl, Möhren oder Zwiebeln hat es sich bewährt, jährlich die Felder für den Anbau zu wechseln. Denn der wiederholte Anbau ein und derselben Kulturpflanze auf der gleichen Fläche hätte auf Dauer fatale Folgen: Schädlinge und Krankheiten, die typischerweise auf der Kulturpflanze auftreten, würden sich über die Jahre immer stärker vermehren. Ebenso die mit der Kulturpflanze vergesellschafteten Unkrautarten. Der Boden würde zudem sehr einseitig beansprucht und die Bodenfruchtbarkeit langfristig abnehmen. Die Folge einer solchen Bewirtschaftung wäre, dass die Erträge drastisch abnehmen.
Dabei werden jedoch keineswegs wahllos Kulturen hintereinandergestellt. Die Fruchtfolge ist ein komplexes System, in dem zahlreiche Regeln beachtet werden müssen. Nur so bleiben Boden und Pflanzen gesund und erbringen dauerhaft auskömmliche Erträge für die Landwirtinnen und Landwirte.
Anbaupausen einhalten
So müssen zum Beispiel Anbaupausen eingehalten werden, bis eine Kulturart wieder auf den Acker darf. Das hat folgenden Grund: Manche Pilzkrankheiten und Schädlinge kommen hauptsächlich an einer Pflanzenart vor und sie haben Überdauerungsorgane – wie Pilzsporen oder Eier –, die im Boden oder an Pflanzenresten einige Jahre überleben können. Wird die Kultur, die von diesen spezifischen Schaderregern befallen wird, zu schnell wieder auf der Fläche angebaut, kommt es leicht zu einer erneuten Erkrankung des Kulturpflanzenbestands. Um das zu vermeiden, sollte daher die Anbaupause so lang gewählt werden, dass die Überdauerungsorgane sie nicht überstehen.
Wie lang so eine Pause sein muss, ist von Kulturart zu Kulturart sehr unterschiedlich – je nachdem, welche Schaderreger hier im Spiel sind und wie empfindlich die jeweilige Kultur reagiert. Während zum Beispiel bei Weizen in der Regel zwei bis drei Jahre Anbaupause ausreichen, sollten bei Futtererbsen mindestens sechs Jahre dazwischenliegen.
Die Einhaltung von Anbaupausen gilt aber nicht nur für einzelne Kulturpflanzenarten, sondern auch für zahlreiche Pflanzenfamilien. Sehr empfindlich reagieren hier zum Beispiel Kreuzblütler – dazu gehören Kohl, Raps oder Senf. Baut man Pflanzenarten dieser Familie zu schnell hintereinander an, erkranken die Pflanzen an den für diese Pflanzenfamilie typischen Krankheiten.
Bei den Kreuzblütlern ist vor allem die Kohlhernie ein großes Problem. Dabei handelt es sich um eine Pilzkrankheit, deren Erreger an der Pflanzenwurzel wächst und sich dort auch vermehrt. An den im Boden verbleibenden Wurzelresten können die Pilzsporen mehrere Jahre überleben.
Ebenso empfindlich wie Kreuzblütler sind Pflanzen der Familie der Leguminosen – zum Beispiel Klee, Ackerbohne oder Erbse –, die wegen ihrer stickstoffanreichernden Wirkung gerne im Öko-Landbau angebaut werden. Baut man zwei Leguminosenkulturen zu schnell nacheinander an, kommt es zur sogenannten Leguminosenmüdigkeit. Dabei handelt es sich um einen Komplex aus verschiedenen Pflanzenkrankheiten.
Vorfruchtwirkung: Wer kann gut mit wem – und wer nicht?
Auch zwischen den Arten verschiedener Pflanzenfamilien gibt es gewisse Vorlieben oder Abneigungen, welche Pflanze gerne nach einer anderen wächst – oder eben nicht. Landwirtinnen und Landwirte sprechen hier von der sogenannten Vorfruchtwirkung. Manche Kulturarten sind empfindlich, andere eher nicht. So reagieren Weizen oder Zuckerrüben zum Beispiel stärker auf ungünstige Vorfrüchte als Roggen, Hafer oder Mais.
Die Gründe für eine positive oder negative Vorfruchtwirkung sind sehr vielfältig: Manche Kulturen passen schon allein aus rein terminlichen Gründen nicht gut hintereinander: So wird zum Beispiel Winterraps schon Mitte August gesät. Als Vorfrucht kommen daher nur solche Kulturen infrage, die den Acker bis dahin auch geräumt haben. Kulturen wie Kartoffeln, Mais oder Zuckerrüben werden später geerntet und fallen daher als Vorfrucht für Raps aus.
Ob eine Kultur vor eine andere passt, hängt aber auch noch von einigen weiteren Faktoren ab. Zum Beispiel spielt es für manche Pflanzenarten eine Rolle, in welcher Form die Vorfrucht den Boden hinterlässt: gut durchwurzelt, mit vielen Pflanzenresten – oder eher das Gegenteil. Weiterhin kann entscheidend sein, ob die Vorfrucht viele oder wenig Nährstoffe aus dem Bodenvorrat benötigt hat und ob sie irgendwelche organischen Stoffe im Boden hinterlassen hat, auf die die Folgekultur gegebenenfalls reagiert.
Fruchtfolge und Humusversorgung
Bei der Planung der Fruchtfolge ist es wichtig zu beachten, dass auch Kulturen in die Fruchtfolge integriert werden, die zum Humusaufbau beitragen. Als Humus bezeichnet man die gesamte zersetzte organische Substanz des Bodens. Er ist besonders wichtig für die Bodenfruchtbarkeit (siehe Infokasten).
Humusaufbauend sind Kulturarten, bei denen mehr Pflanzenbiomasse auf dem Feld zurückbleibt als zur gleichen Zeit im Boden von den Mikroorganismen abgebaut wird. Solche Kulturen sind zum Beispiel Kleegras, Ackerbohnen oder Zwischenfrüchte. Kulturen wie Zuckerrüben, Kartoffeln oder Futtermais gelten dagegen als humuszehrend: Bei ihrem Anbau wird im Boden mehr organische Masse abgebaut als durch Pflanzenreste hineingelangt.
Langfristig sollten Landwirtinnen und Landwirte darauf achten, dass der Humusgehalt im Boden zunimmt – selbst wenn die Zunahme nur gering ist. Mindestens aber sollte dafür gesorgt werden, dass es zu keiner Abnahme kommt.
Laut der letzten Bodenzustandsuntersuchung des Thünen-Instituts nimmt der Humusgehalt im Durchschnitt aller landwirtschaftlichen Böden in Deutschland derzeit ab. Ein Zustand, der geändert werden sollte, denn Humus fördert nicht nur die Bodenfruchtbarkeit. Humus ist auch die entscheidende Substanz im Boden, die Kohlenstoff dauerhaft binden kann und dem Klimawandel damit entgegenwirkt.
Humus – Das Gold des Bodens
Humus besteht vor allem aus abgestorbenen Pflanzenresten, aber auch aus toten Tieren, Pilzen und Bakterien, die im Boden in ihre Bestandteile zerlegt werden.
Humus ist eine langsam fließende Nährstoffquelle: Sie dient einerseits dem Pflanzenwachstum und andererseits als Nahrungsquelle für Bodenorganismen. Humus bindet Nährstoffe und große Mengen an Wasser und schützt Böden damit vor Nährstoff- und Wasserverlusten.
Humus verbessert auch die Krümelstruktur des Bodens und sorgt auf diese Weise dafür, dass der Boden gut mit Wasser und Luft versorgt wird und von den Pflanzen besser durchwurzelt werden kann. Außerdem bindet Humus große Mengen an klimaschädlichem Kohlendioxid und schützt damit das Klima.
Zwischenfrüchte werten die Fruchtfolge auf
Immer wichtiger für die Fruchtfolgeplanung im heutigen Ackerbau werden sogenannte Zwischenfrüchte. Dabei handelt es sich um Kulturarten wie Gelbsenf, Ölrettich, Phacelia, Klee – oder auch Mischungen daraus –, die in den Anbaupausen zwischen den Hauptkulturen kultiviert werden. Sie werden also immer dann angebaut, wenn der Boden ansonsten unbewachsen wäre. Diese Zeiträume können mehr oder weniger lang sein. Von nur einigen Wochen im Spätsommer bis hin zu mehreren Monaten über den gesamten Winter ist vieles möglich.
Ein besonderes Merkmal von Zwischenfrüchten ist, dass sie allein dem Zweck der Gründüngung dienen. Das heißt, sie sollen pflanzliche Biomasse in den Boden bringen. Zwischenfrüchte werden in aller Regel also nicht geerntet, sondern in den Boden eingearbeitet – und zwar komplett mit Stängel, Blättern und Wurzel. Damit reichern sie den Boden mit organischer Masse an und fördern die Bodenfruchtbarkeit.
Zwischenfrüchte bieten aber noch weitere Vorteile: Sie bedecken den Boden in den sonst vegetationslosen Zeiten und schützen ihn damit vor Erosion und Austrocknung. Sie nehmen Nährstoffe aus dem Boden auf und sorgen somit dafür, dass diese nicht durch Versickern oder Erosion verloren gehen. Außerdem bieten Zwischenfrüchte – besonders dann, wenn sie zur Blüte kommen – Insekten eine Nahrungsquelle und fördern damit die Biodiversität in der Landwirtschaft.
Im Öko-Landbau ist die Fruchtfolge besonders wichtig
Im Öko-Landbau, wo synthetische Dünger und Pflanzenschutzmittel verboten sind, kommt der Fruchtfolgeplanung eine noch größere Bedeutung zu als im konventionellen Anbau. Während konventionelle Landwirte Nährstoffdefizite – insbesondere bei Stickstoff – kurzfristig durch Mineraldünger ausgleichen können, müssen Öko-Landwirtinnen und Öko-Landwirte neben dem Einbringen von organischen Düngern wie Mist vor allem über den Anbau von Leguminosen dafür sorgen, dass genügend Stickstoff für die Pflanzen zur Verfügung steht. Bei Leguminosen handelt es sich um eine ganz besondere Gruppe von Pflanzen, die über eine Symbiose mit Bakterien an den Pflanzenwurzeln Stickstoff aus der Luft binden können.
Öko-Betriebe sind zudem bestrebt, über eine möglichst vielfältige Fruchtfolge potenziellen Pflanzenkrankheiten, Schädlingen und einer übermäßigen Verunkrautung auf den Flächen vorzubeugen. Je vielfältiger die Fruchtfolge, desto weniger Probleme, heißt hier die Devise. Insbesondere dem Anbau von mehrjährigem Kleegras kommt im Öko-Landbau eine besondere Bedeutung zu. Kleegras sorgt nicht nur für eine Stickstoffanreicherung im Boden. Es sorgt wegen der regelmäßigen Mahd auch sehr wirkungsvoll dafür, dass das Unkraut auf ein verträgliches Maß reduziert wird.
Fruchtfolgen im Öko-Landbau bestehen nicht selten aus sieben bis acht verschiedenen Kulturen. Im konventionellen Anbau liegt der Durchschnitt bei drei Kulturen.
Fruchtfolgen müssen auch ökonomisch Sinn machen
Bei aller Einhaltung von (ökologischen) Regeln, müssen die Kulturen einer Fruchtfolge aber natürlich auch zu den Standortbedingungen, das heißt Boden und Klima, passen. So sind zum Beispiel Kulturen mit hohem Wasserbedarf, wie etwa Kartoffeln oder Zuckerrüben, in Gegenden mit bekanntermaßen wenig Niederschlag nicht besonders aussichtsreich – oder nur dann, wenn sie aufwändig bewässert werden.
Fruchtfolgen müssen aber auch den Anforderungen des Betriebstyps entsprechen und ökonomisch Sinn machen. So werden zum Beispiel milchkuhhaltende Betriebe auch darauf achten, dass genug Ackerfutter (wie Mais oder Kleegras) auf der Fläche wächst. Reine Ackerbaubetriebe hingegen streben an, möglichst viele "Marktfrüchte" anzubauen, die sie zu guten Preisen verkaufen können. Dies sind in der Regel Kulturen wie Weizen, Zuckerrüben oder Raps.
Letzte Aktualisierung: 11. Januar 2024