Biene sucht Blüte - und umgekehrt
Imkern wird auch in Städten immer beliebter. Doch wohin mit den Bienen? Einige Tipps zu Stellplätzen und möglichen Kooperationen.
Mehr Imkerinnen und Imker, aber weniger Bienenvölker
Imkern ist beliebt: Laut Deutschem Imkerbund (D.I.B.) gibt es in Deutschland schätzungsweise 149.000 Imker und Imkerinnen (Stand Januar 2023). 2007 waren es mit rund 87.000 noch deutlich weniger. Die Entwicklung der Völkerzahlen hinkt diesem positiven Trend allerdings weiter deutlich hinterher. Zu den Gründen zählt unter anderem, dass Jahr für Jahr viele langjährige Imkerinnen und Imker altersbedingt die Zahl ihrer Völker reduzieren, während viele der frischgebackenen Bienenhalterinnen und Bienenhalter (zumindest momentan noch) nur einige wenige Völker betreuen.
Die Entwicklung in Zahlen
1991: rd. 110.000 Imker/innen mit circa 1.215.000 Völkern
2007: rd. 87.000 Imker/innen mit circa 670.000 Völkern
2022: rd. 149.000 Imker/innen mit circa 990.000 Völkern
Datenquelle: D.I.B. (Erhebungen+Schätzung)
Insbesondere für die große Zahl der Stadtimkerinnen und Stadtimker ist die Frage nach einem geeigneten Standort für ihre Völker einer der limitierenden Faktoren. Denn im dicht besiedelten Raum werden Bienen oft eher ängstlich beäugt.
Und da viele Bienenfans keinen eigenen Garten nutzen können, geben nicht wenige schon auf, bevor sie überhaupt richtig angefangen haben. Oder sie beschränken sich auf zwei, drei Völker, die notfalls auch im Hinterhof Platz finden.
Stellplatzsuche: Tipps für Jungimkerinnen und Jungimker
Der nächste Kleingartenverein ist ein gutes Ziel für alle, die nur einige wenige Völker unterzubringen und den Freundes- und Bekanntenkreis in Sachen Standplatzsuche bereits abgeklappert haben. Oft ist jedoch auch hier ein wenig Aufklärungsarbeit notwendig, denn obwohl die Obst- und Gemüsekulturen vom Bienenbesuch profitieren, fürchten viele Menschen, sich vor lauter Bienen nicht mehr wie gewohnt im Garten aufhalten zu können.
Eine Win-Win-Situation kann auch durch den Aufbau einer Schulimkerei geschaffen werden: Neben dem Stellplatz entsteht hier ebenfalls ein ausgezeichneter Absatzmarkt für den gewonnenen Honig und weitere Bienenprodukte. Der Betreuungsaufwand lässt sich durch Kooperationen mit Imkerkolleginnen und Imkerkollegen, den Biologielehrerinnen und Biologielehrern sowie anderen interessierten Pädagoginnen und Pädagogen begrenzen. Lohnend sind ferner Anfragen bei örtlichen Naturschutzverbänden, Wildparks und anderen Institutionen und Initiativen, die Interesse an erlebnispädagogischen Projekten haben könnten.
Viele Bienen – große Auswahl
Wo eine größere Zahl an Bienenvölkern untergebracht werden soll, können beispielsweise folgende regionale Ansprechpartner weiterhelfen – sei es direkt oder durch eine Annonce, die per Internet, Mailverteiler oder Schwarzem Brett über das Stellplatz-Gesuch informiert:
- Bauernverbände
- Bio-Verbände
- Saatgutproduzenten
- Landhandelsunternehmen
- Fachdienste der Landratsämter oder die zuständige Landwirtschaftskammer
Auch viele Unternehmen haben den Marketingwert von Fördermaßnahmen für Honigbienen längst erkannt und zum Teil, wie etwa die Deutsche Bahn, bereits eigene Programme ins Leben gerufen. Anfragen lohnen sich aber auch bei kleineren Unternehmen. So könnte beispielsweise ein örtliches Hotel die Dachfläche seines mehrstöckigen Gebäudes als Standplatz zur Verfügung stellen und der Imkerin oder dem Imker möglicherweise auch gleich noch den gewonnenen Honig abnehmen. Persönliche Anfragen vor Ort sind hier oft der Schlüssel zum Erfolg.
Lohnend für beide Seiten – Kooperationen zwischen Imkerei und Landwirtschaft
Das gilt auch für Kooperationen mit Landwirtinnen und Landwirten, von denen im Idealfall beide Seiten profitieren. Denn auf landwirtschaftlichen Flächen gibt es sowohl genug Platz als auch den Bedarf für mehr Bienenvölker: Obstanbaugebiete, aber auch zahlreiche landwirtschaftliche Kulturen von Raps bis Sonnenblume profitieren immens von einer ausreichenden Zahl an Bestäubern.
Der Wert der Bestäubungsleistung übertrifft den der Honigproduktion um das 10- bis 15-fache. Auch die Zahlen zum Mehrertrag der einzelnen Kulturen sprechen für sich. In verschiedenen Studien wurde beispielsweise ermittelt, dass die Erträge bei Raps und Erdbeeren durch Bienenbestäubung um etwa 25 Prozent steigen. Bei Äpfeln sind Ertragssteigerungen von über 60 Prozent möglich, bei Birnen über 80 Prozent und bei Sonnenblumen sogar bis zu 180 Prozent. Darüber hinaus verbessert sich häufig auch noch die Fruchtqualität.
Und doch finden in der Praxis Imkerinnen und Imker sowie Landwirtinnen und Landwirte immer noch viel zu selten zueinander. Die Bedeutung der Bestäubungsleistung und die Höhe der potenziellen Ertragssteigerungen, die im Obstbau und der Landwirtschaft schließlich bares Geld bedeuten, ist heute vielen Menschen schlicht nicht (mehr) bewusst.
Bestäubungsprämie: Relikt aus alten Zeiten?
Früher war es üblich, dass von Landwirtschaftsbetrieben oder aber von staatlicher Seite sogenannte "Bestäubungsprämien" gezahlt wurden. Mittlerweile hat sich das Verhältnis aber paradoxerweise umgekehrt: Oft wird erwartet, dass die Bienenhalterinnen und Bienenhalter für einen Stellplatz zahlen, mindestens aber ein paar Gläser Honig herausrücken.
Imkerinnen und Imker, die ihrem Gegenüber den Mehrwert des Bieneneinsatzes durch konkrete Zahlen untermauern und auch die anfallenden Kosten und Risiken klar erläutern können, haben aber auch heute noch gute Chancen, eine angemessene Bestäubungsprämie auszuhandeln. Die Höhe einer solchen Prämie hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab und sollte daher individuell ermittelt werden.
Was beim Vereinbaren von Kooperationen zu beachten ist
Bestäubungs- und Trachtbörsen im Internet
Diese Websites dienen als Plattform zur Vernetzung von Imkerei und Landwirtschaft und bieten weitere Informationen, beispielsweise zur Bestäubungsleistung der Honigbiene, zur Bienenwanderung oder zum Thema Bienen und Pflanzenschutz:
Je größer der Betrieb ist, der angesprochen werden soll, desto mehr Bienenvölker werden benötigt. Wer selbst nur vier Völker unterbringen möchte, tut sich daher am besten schon vor der Kontaktaufnahme mit weiteren Hobbyimkerinnen und Hobbyimkern zusammen (etwa aus dem örtlichen Imkerverein) und stimmt sich untereinander ab. Auf diese Weise kann die Gruppe eine einzige Ansprechperson entsenden – ein Service, der sicherlich geschätzt wird.
Für eine faire, erfolgreiche Kooperation sollten sich beide Parteien vorher die Investitionsziele des Gegenübers vor Augen führen. Für die meisten Imkerinnen und Imker ist ein möglichst hoher Honigertrag das Ziel – beziehungsweise ein möglichst hoher Ertrag an Sortenhonig, also Honig, der von einer bestimmten Kultur stammt (wie Raps, Linde, Robinie oder Obstblüte). Für Obstbau und Landwirtschaft gilt hingegen: Der Weg ist das Ziel, also die Zahl der bestäubten Blüten.
Genau hier kollidieren die Ziele aber oft miteinander: Erdbeer-Honig beispielsweise wird man im Supermarktregal vergeblich suchen, denn die Blüten liefern schlicht zu wenig Nektar. Auch Ackerbohnen-Felder sind im Hinblick auf die Honigernte kein lohnenswertes Ziel. Selbst Massentrachten wie beim Raps sind nicht zwangsläufig rentabel: Die Entfernung zum Standort der Völker und der damit verbundene finanzielle und zeitliche Aufwand will bedacht werden. Und die Bienen müssen auch in der Zeit nach der Rapsblüte ausreichend Nahrung finden, andernfalls müssen sie an einen anderen Standort verbracht oder es muss zugefüttert werden – Kosten, die ebenfalls einzuberechnen sind.
Eigenes Berufsbild: Bestäubungsimker/in
Für Erwerbs-, aber auch für interessierte Hobbyimkerinnen und Hobbyimker kann der Lehrgang zum zertifizierten Bestäubungsimker den Weg in ein neues Geschäftsgebiet ebnen.
Nicht zuletzt gilt es, sich über den Umgang mit Pflanzenschutzmaßnahmen abzustimmen, sowohl zugunsten der Bienengesundheit als auch, um Rückstände im Honig möglichst gering zu halten oder gar die Unverkäuflichkeit aufgrund zu hoher Belastungen zu vermeiden.
Welche Mittel kommen voraussichtlich wann und in welchen Aufwandsmengen zum Einsatz? Auf welche Weise und wie zeitnah werden die Imkerinnen und Imker über bevorstehende Anwendungen informiert?
Letzte Aktualisierung: 25. Januar 2024