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Wie gehen Landwirte mit Überschüssen um?

Frage von Anouk Siegrist:

Milchwagen vor Kuhstall
Quelle: Countrypixel - stock.adobe.com

Liebe Landwirtinnen und Landwirte, was sind die Gründe dafür, dass Landwirtschaftsbetriebe Überschussware haben? Was geschieht mit diesen Überschüssen? Für welche Betriebe sind Überschüsse ein Problem und wie ließe sich das Ihrer Ansicht nach lösen?

Antwort von Reiner Schmidt:

Ich als Milchviehhalter habe so gesehen keine Überschüsse, die ich nicht absetzen kann. Das ist alles eine Frage des Preises und der Verteilung. Wenn zu viel Milch auf dem Markt ist, kriegen wir geringere Preise. Und was auf dem hiesigen Markt nicht abgesetzt werden kann, wird als Magermilchpulver eingelagert oder geht auf den Weltmarkt. Ob das sinnvoll oder rentabel ist, ist wieder eine andere Frage.

Aber was der Markt aus unserer Produktion macht, da haben wir Landwirte keinen Einfluss drauf und keine Steuerungsmöglichkeit. Dafür sind wir viel zu weit weg vom Marktgeschehen. Letztlich spielt der Lebensmittelhandel seine Macht aus und drückt die Preise, wenn der Markt gesättigt ist. Für uns wäre es ideal, wenn die Molkereien langfristige Verträge mit dem Lebensmittelhandel und mit uns Milchbauern machen würden und wir wüssten, welche Menge wir zu welchem Preise liefern können. 

Aber die Sorgen, dass wir auf unserer Ware sitzenbleiben, haben wir nicht. Das betrifft eher Gemüsebauern. Wenn sie z.B. Spargel oder Erdbeeren anbauen, dann gibt es nur eine relativ kurze Spanne, in der sie ihr Produkt verkaufen können. Und was sie hier nicht verkauft kriegen, können sie schlecht verpacken und über den Ozean verschiffen.

Antwort von Jochen Voigt:

Jochen Voigt ist Bio-Gemüsebauer aus dem Landkreis Diepholz.
Quelle: Jochen Voigt

Als Bio-Gemüsebaubetrieb stehen wir beim Frischgemüse vor der Herausforderung, dass unsere Erzeugnisse nicht lagerfähig sind, sondern tagesfrisch vermarktet werden müssen.

Also wird das Frischgemüse in Abständen von zwei bis drei Wochen immer wieder erneut ausgesät oder ausgepflanzt, damit wir kontinuierlich ernten und verkaufen können – je nach Kultur bis zu achtmal. Da unser Betrieb im Jahr circa 30 verschiedene Kulturen anpflanzt, ist das schon eine komplexe Angelegenheit.

Die Anbauplanung beruht auf Erfahrungen der letzten Jahre (Durchschnittswerte), welche Ernte wann möglich ist und welcher Absatz in den Kalenderwochen jeweils zu erwarten ist. Überschüsse entstehen immer dann, wenn die Erntemenge überdurchschnittlich gut ist, oder der Absatz geringer ist, als erwartet.

Unser Betrieb vermarktet seine Ware größtenteils über einen Abokisten-Lieferservice. Durch die von uns festgelegte Zusammenstellung der Abo-Körbe haben wir ein hervorragendes Instrument, den Verkauf an die zur Verfügung stehenden Erntemengen anzupassen. Zudem ernten wir nur die Ware frisch, die wir wirklich benötigen.

Kommt es dennoch zu Überschüssen, können wir die Preise senken und unseren Kundinnen etwas mehr einpacken. Das bringt schon eine ganze Menge. Dann haben wir unser eigenes Hofrestaurant, wo wir die saisonalen Gemüse je nach Verfügbarkeit natürlich auch mit auf die Karte bringen. Weitere Überschüsse verteilen wir an die Familien unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Gelegentlich gibt es aber auch Übermengen, für die alle diese Möglichkeiten nicht reichen. Dann versuchen wir noch über den Großhandel zu vermarkten, evtl. auch in andere Regionen. Damit sind für uns aber verschiedene technische und logistische Probleme verbunden, so dass teilweise die Erlöse die Kosten für Ernte und Verpackung nicht decken würden.

In dem Fall bleiben die restlichen Überschüsse auf dem Feld und werden untergepflügt. Sie stehen dann dem Bodenleben wieder als Biomasse zur Verfügung und werden zu Humus verarbeitet. Ganz grob würde ich schätzen, dass dies in Gemüsebaubetrieben mit etwa 10 bis 20 Prozent der Produktion geschieht.


Die Antworten werden vom Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) inhaltlich nicht verändert. Sie spiegeln die Meinung der befragten Landwirtinnen und Landwirte wider und nicht zwangsläufig die des BZL.