Woran erkenne ich gentechnisch veränderte Lebensmittel?
Gentechnisch veränderte Lebensmittel sind kennzeichnungspflichtig und hierzulande kaum verbreitet. Doch welche Grenzwerte und Ausnahmen gibt es?
Viele Menschen in Deutschland stehen der Gentechnik eher kritisch gegenüber. Sie wollen keine Lebensmittel kaufen und vor allem zu sich nehmen, die gentechnisch verändert wurden. Damit alle Bürgerinnen und Bürger solche Lebensmittel beim Einkauf erkennen können, hat die Europäische Union 2004 entsprechende Kennzeichnungsvorschriften festgelegt. Sie besagen, dass grundsätzlich alle gentechnisch veränderten Lebensmittel eindeutig gekennzeichnet werden müssen.
Leider sind diese EU-Vorschriften für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht immer klar und eindeutig. Was bei Gemüse und Obst noch recht unkompliziert erscheinen mag, wird bei verarbeiteten Lebensmitteln schon schwieriger, denn hier sind mehrere Zutaten im Spiel. Für die Verarbeitung werden außerdem meist noch Zusatzstoffe und technische Hilfsstoffe verwendet. Dürfen die gentechnisch verändert sein?
Und wie sieht es aus mit gentechnisch veränderten Futtermitteln? Was ist, wenn diese an Nutztiere verfüttert werden, von denen wir Milch, Eier und Fleisch beziehen? Müssen solche tierischen Lebensmittel dann gekennzeichnet werden?
Und: Sind Kantinen und Restaurants verpflichtet, ihre Gäste darüber aufzuklären, wenn sie gentechnisch veränderte Lebensmittel in ihren Speisen verarbeiten?
Fragen über Fragen, auf die wir Ihnen in diesem Artikel Antworten geben.
Was muss gekennzeichnet werden?
In der EU-weit gültigen Verordnung über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel ist Folgendes geregelt:
Lebensmittel, Zutaten, Zusatzstoffe und Aromen müssen immer dann gekennzeichnet werden,
Gibt es denn gentechnisch veränderte Nutzpflanzen und -tiere in Deutschland?
Bis auf Mais werden in der EU derzeit keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut. In Deutschland ist nicht einmal der Anbau von Gen-Mais zulässig.
Zahlreiche gentechnisch veränderten Pflanzen, die außerhalb der EU angebaut werden, sind aber für den Import in die EU und die Verwendung als Lebens- und Futtermittel zugelassen – auch in Deutschland. Aktuell (Stand: 2022) sind es insgesamt 89 gentechnisch veränderte Pflanzen, darunter vor allem Mais, Soja und Baumwolle.
Bislang gibt es weltweit fast keine gentechnisch veränderten Nutztiere: Einzige Ausnahme bilden mit Methoden der klassischen Gentechnik gezüchtete Lachse und Schweine, die in Kanada und den USA zu kaufen sind, in der EU jedoch nicht gehandelt werden dürfen.
- wenn sie ein gentechnisch veränderter Organismus sind: Alle landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Nutzpflanzen wie zum Beispiel Tomaten, Äpfel, Kartoffeln, Gemüsemais oder Getreide sowie Tiere müssen gekennzeichnet werden, wenn sie gentechnisch verändert sind.
- wenn sie gentechnisch veränderte Organismen enthalten: Hierunter fällt zum Beispiel Joghurt, der gentechnisch veränderte Bakterien enthält, oder Hefeweizenbier mit gentechnisch veränderter Hefe.
- wenn sie aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt sind: Hierunter fallen zum Beispiel Lecithin aus gentechnisch verändertem Soja, Traubenzucker aus gentechnisch verändertem Mais und Öl aus gentechnisch verändertem Raps.
Die Kennzeichnungspflicht besteht übrigens auch dann, wenn der verwendete gentechnisch veränderte Organismus (GVO) im fertigen Lebensmittel nicht mehr nachweisbar ist.
Bei Sojaöl kann es beispielsweise durch die starke Verarbeitung dazu kommen, dass stofflich nicht mehr zu unterscheiden ist, ob gentechnisch veränderte Sojabohnen verwendet wurden oder nicht.
Wie muss gekennzeichnet werden?
Bei verpackter Ware muss es eine Kennzeichnung auf der Zutatenliste geben. Ist eine Zutatenliste nicht vorhanden, muss der Kennzeichnungstext auf das Etikett. Auch bei losen oder unverpackten Lebensmitteln sowie bei Mahlzeiten in Kantinen oder Restaurants muss gekennzeichnet werden. Ein Symbol oder Logo, das darauf hinweist, dass es sich um ein gentechnisch verändertes Lebensmittel handelt, gibt es nicht.
Grundsätzlich sind folgende Formulierungen möglich:
- "gentechnisch verändert"
- "enthält gentechnisch veränderte XY"
- "aus gentechnisch veränderten XY hergestellt"
Wann muss NICHT gekennzeichnet werden?
Von der Kennzeichnung ausgenommen sind Lebensmittel, Zutaten und Zusatzstoffe, die mithilfe gentechnisch veränderter (Mikro)-Organismen hergestellt wurden. Dabei setzt der Gesetzgeber voraus, dass die hergestellten Lebensmittel, Zutaten und Zusatzstoffe keine Bestandteile der gentechnisch veränderten (Mikro-)Organismen mehr enthalten.
Ein Beispiel: Trägerstoffe (etwa für Aromen und Vitamine) oder technische Hilfsstoffe, darunter viele Enzyme, die mithilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen (wie gentechnisch veränderten Bakterien) hergestellt werden, müssen nicht gekennzeichnet werden. Sie tauchen in der Regel auch nicht auf der Zutatenliste auf.
Ebenfalls nicht gekennzeichnet werden müssen Lebensmittel, die mit kleinsten Mengen von GVO "verunreinigt" sind. Solche "technisch unvermeidbaren" GVO-Beimischungen dürfen (bezogen auf die jeweilige Zutat) nicht mehr als 0,9 Prozent betragen. Vorausgesetzt wird hierbei jedoch, dass der in Spuren enthaltene gentechnisch veränderte Organismus in der EU zugelassen ist und der Hersteller belegen kann, dass die gentechnisch veränderten Rohstoffe nicht bewusst beigemischt wurden.
Was ist mit gentechnisch veränderten Futtermitteln?
Für Fleisch, Eier und Milch von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, gilt: Die gentechnisch veränderten Futtermittel, die der Landwirtschaftsbetrieb an die Tiere verfüttert, müssen zwar als GVO gekennzeichnet werden. Die Produkte der Tiere, die mit diesen Futtermitteln gefüttert wurden, sind jedoch nicht von der Kennzeichnungspflicht betroffen.
Das heißt, Joghurt, Eier oder Fleisch von Tieren, die gentechnisch veränderte Futtermittel gefressen haben, müssen nicht gekennzeichnet werden.
Bio und "Ohne Gentechnik": strengere Kennzeichnungsregeln
Es gibt also Fälle, in denen die EU-Verordnung keine Kennzeichnung vorschreibt. Wer auf Nummer sicher gehen will, und so weit wie möglich ausschließen möchte, dass die eingekauften Lebensmittel mit Gentechnik in Kontakt gekommen sind, sollte auf Lebensmittel mit dem Logo "Ohne Gentechnik" achten oder Bio-Lebensmittel einkaufen.
Ohne Gentechnik
Die Bundesregierung hat 2009 eine freiwillige "Ohne-Gentechnik"-Kennzeichnung eingeführt. Rund 14.000 Lebensmittel-Produkte tragen inzwischen dieses bundesweite Siegel.
Lebensmittelproduzenten, die auf die Verwendung gentechnisch veränderter Rohstoffe komplett verzichten, können ihre Produkte mit diesem Siegel bewerben. Bei so gekennzeichneten Lebensmitteln dürfen keine nachweisbaren gentechnisch veränderten Bestandteile vorhanden sein (Nachweisgrenze: 0,1 Prozent).
Untersagt ist auch die Verwendung von Enzymen oder Zusatzstoffen, die mit Hilfe von Gentechnik hergestellt wurden. Außerdem werden besonders hohe Anforderungen an den Nachweis der Gentechnikfreiheit gestellt. Für tierische Produkte wie Fleisch, Milch oder Eier gilt: Die Tiere dürfen innerhalb vorgegebener Fristen nicht mit gentechnisch veränderten Nutzpflanzen gefüttert werden.
Bio-Lebensmittel
In der ökologischen Landwirtschaft ist der Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen verboten. Dies ist in der EU-Öko-Verordnung und in den Richtlinien der Anbauverbände geregelt.
Zufällige, technisch unvermeidbare GVO-Verunreinigungen bis 0,9 Prozent werden jedoch toleriert. Zusatzstoffe, Enzyme, Futtermittelzutaten oder Tierarzneimittel, die mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden, sind grundsätzlich verboten.
Ökologisch erzeugte Lebensmittel erkennt man am EU-Bio-Logo, dem deutschen Bio-Siegel oder den Logos der ökologischen Anbauverbände (beispielsweise Bioland, Demeter, Naturland)
Genome Editing-Verfahren gelten bislang als Gentechnik
Der Europäische Gerichtshof entschied im Juli 2018, dass grundsätzlich auch die "neuen" Genome Editing-Verfahren unter das Gentechnikgesetz fallen. Das bekannteste unter ihnen ist CRISPR/Cas. Dahinter verbirgt sich ein molekularbiologisches Werkzeug, das die Züchtung von Nutzpflanzen präziser, schneller und günstiger macht.
Entsprechend müssen Pflanzen, die mithilfe dieser Methoden erzeugt werden, in der EU ähnlich reguliert und gekennzeichnet werden, wie solche, die mit klassischen Gentechnikverfahren erzeugt werden.
Doch das könnte sich bald jedoch ändern. Im Juli 2023 hat die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag zur "Deregulierung neuer Gentechnik" vorgelegt. Danach sollen die Auflagen für Pflanzen, die mit den neuen GE-Verfahren gezüchtet wurden, deutlich gelockert werden. Wie die Online-Plattform Transgen berichtet, soll es demnach "keine so aufwändigen Zulassungsverfahren mehr geben wie bei der Gentechnik, auch keine allgemeine Kennzeichnungspflicht".
Freilandversuche – die für erste realistische Tests nach der Entwicklung im Labor und Gewächshaus so wichtig seien – würden zudem einfacher. Und: "Anders als bei herkömmlichen gentechnisch veränderten Pflanzen könnten einzelne EU-Mitgliedstaaten weder den Anbau dieser editierten Pflanzen bei sich verbieten noch Freilandversuche untersagen", schreibt transgen.de.
Ob die Reform des Gentechnik-Gesetzes tatsächlich in der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Weise umgesetzt wird, ist bislang noch unklar. Zwar hat das EU-Parlament dem Kommissionsvorschlag im Frühjahr 2024 im Kern bereits zugestimmt. Allerdings muss auch noch der EU-Ministerrat darüber entscheiden. Und dort ist eine Einigung derzeit noch nicht in Sicht.
Letzte Aktualisierung: 28. August 2024
Weitere Informationen
Ohne Gentechnik-Siegel: Produktdatenbank
Oekolandbau.de: Gentechnik und Ökolandbau - Gesetzliche Grundlagen
Transgen.de: Neue Züchtungsverfahren - In England und vielen anderen Ländern keine Gentechnik mehr