Wasserfußabdruck: Wie viel Wasser steckt in landwirtschaftlichen Produkten?
Ohne Wasser gibt es keine Lebensmittel. Wie groß der Bedarf für einzelne Produkte ist, hängt von vielen Faktoren ab – vor allem vom Standort.
130 Liter beziehungsweise eine gefüllte Badewanne Wasser verbraucht jeder und jede von uns in Deutschland täglich – zum Duschen, Kochen oder Trinken. Dieser sogenannte direkte Wasserverbrauch ist aber längst nicht alles.
Tag für Tag kommen nach Angaben des Umweltbundesamts pro Kopf mehr als 7.200 Liter dazu. Diese enorme Menge Wasser verbrauchen wir indirekt durch den Konsum von Gütern aus Industrie und Landwirtschaft. Denn in jedem Produkt steckt sogenanntes virtuelles Wasser, das bei der Produktion genutzt wurde. Das gilt auch für unsere Lebensmittel.
Wie viel Wasser für die Produktion unserer Nahrung benötigt wird, hat das Water Footprint Network (WFN) untersucht, ein gemeinnütziges internationales Netzwerk, das Akteurinnen und Akteure aus Forschung, Unternehmen, Politik und Nichtregierungsorganisationen zusammenbringt. Das Ergebnis fällt von Lebensmittel zu Lebensmittel sehr unterschiedlich aus.
So benötigt man zum Beispiel für die Erzeugung von einem Kilogramm Kartoffeln im weltweiten Durchschnitt etwa 290 Liter Wasser. Um die gleiche Menge Rindfleisch zu erzeugen, bedarf es mehr als der 50-fachen Menge, nämlich über 15.400 Liter. Für die Erzeugung von einem Kilo Schweinefleisch wird zwar weniger als die Hälfte an Wasser benötigt, aber immer noch knapp 30-mal mehr als für die Erzeugung eines Kilos Tomaten.
Gemüse sticht Fleisch
In der Regel liegt der Wasserbedarf für die Erzeugung tierischer Lebensmittel deutlich höher als beim Anbau pflanzlicher Nahrung. Der Grund ist einfach: Nutztiere brauchen viel Futter, für dessen Erzeugung in der Regel große Mengen an Wasser benötigt werden. So stammen von den genannten 15.400 Litern Wasser für ein Kilogramm Rindfleisch 99 Prozent aus der Futtererzeugung.
Aber die benötigten Wassermengen allein sagen noch nichts über die Nachhaltigkeit der Erzeugung aus. Entscheidend ist letztlich, woher das Wasser kommt.
Vereinfacht gesagt gibt es zwei Wasserquellen in der Landwirtschaft, die man als blaues oder grünes Wasser bezeichnet. Blaues Wasser stammt aus Flüssen und Seen oder aus dem Grundwasser. Es wird zur Bewässerung einzelner Kulturen und zum Tränken der Tiere genutzt.
Grünes Wasser umfasst natürliche Niederschläge wie Regen oder Schnee. Der Boden speichert einen Teil dieser Niederschläge und die Pflanzen nehmen es in der Wachstumsphase auf. Im Gegensatz zum blauen Wasser wird das grüne Wasser nicht dem natürlichen Wasserkreislauf entnommen. Deshalb ist ein hoher Anteil an grünem Wasser gut für die Wasserbilanz eines Lebensmittels und blaues Wasser eher ungünstig. So relativiert sich auch der enorme Wasserbedarf von 15.400 Litern für ein Kilogramm Rindfleisch. Denn über 90 Prozent davon entfallen auf grünes Wasser.
Regional sticht exotisch
Die Menge an grünem Wasser ist allerdings je nach Klimazone sehr unterschiedlich. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern bietet Deutschland günstige klimatische Bedingungen für die Landwirtschaft. Mit durchschnittlich 700 bis 800 Liter Niederschlag pro Quadratmeter fällt bei uns fast überall genug Regen, so dass Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes fast ausschließlich grünes Wasser (knapp 99 Prozent) nutzen.
Nur rund drei Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland werden bewässert. Vom landesweit entnommenen blauen Wasser verbrauchen die deutschen Landwirtinnen und Landwirte lediglich zwei Prozent. Damit zählt die Landwirtschaft bei uns zu den Wirtschaftsbereichen mit dem geringsten Bedarf an Grund- und Oberflächenwasser. Allerdings ist damit zu rechnen, dass durch den Klimawandel künftig auch in Deutschland mehr bewässert werden muss.
Global sieht das allerdings ganz anders aus. Allein in der EU gehen laut der Europäischen Umweltagentur bereits 28 Prozent der Wasserentnahmen auf das Konto der Landwirtschaft, weltweit sind es sogar 70 Prozent – und der Trend wird in naher Zukunft noch zunehmen.
Dort, wo die Entnahmen durch Niederschläge ausgeglichen werden, ist auch die Nutzung von blauem Wasser meist unproblematisch. In Trockenregionen hingegen schadet eine intensive künstliche Bewässerung der Umwelt, etwa wenn das Grundwasser stark absinkt oder fruchtbares Land durch Versalzung verloren geht.
Wie viel Wasser benötigt wird und ob dieses Wasser zu ökologischen Problemen führt, ist also vor allem eine Frage des Standortes und der Produktionsbedingungen vor Ort. So nutzen Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland dank unseres Klimas beim Anbau von einem Kilogramm Weizen nur etwa 40 Prozent (nämlich 690 Liter) der Wassermenge, die weltweit dafür benötigt wird.
Genau hinschauen bei Lebensmitteln aus dem Ausland
Durch den Klimawandel dürfte auch bei uns die künstliche Bewässerung zukünftig zunehmen. Doch schon jetzt ist unser Verbrauch an blauem Wasser viel höher. Der Grund sind bewässerungsintensive Lebensmittel, die wir aus dem Ausland beziehen. Mehr als die Hälfte unseres virtuellen Wasserverbrauchs in Deutschland stammt aus importierten Waren.
Mit 18.900 Liter Wasser für ein Kilogramm Kaffeebohnen ist unser geliebtes Heißgetränk ganz vorne mit dabei. Kaffee kommt vorwiegend aus Brasilien. In jeder Tasse stecken 132 Liter Wasser, die dort für den Anbau und die Verarbeitung der Bohnen genutzt wurden. Brasilien ist ohnehin das Land, aus dem wir am meisten virtuelles Wasser importieren. Dazu tragen neben Kaffee besonders Rindfleisch und Soja bei, das bei uns größtenteils als Tierfutter verwendet wird.
Entscheidend für unseren Wasserverbrauch ist also nicht nur, ob wir Gemüse oder Fleisch in unseren Einkaufskorb legen, sondern auch, woher es kommt und ob es am Ort der Erzeugung intensiv bewässert werden musste. Beim täglichen Lebensmitteleinkauf können wir unseren individuellen Wasserfußabdruck verbessern, indem wir vermehrt Lebensmittel mit einem niedrigen Wasserverbrauch kaufen und solche vermeiden, für deren Bewässerung in Trockenregionen viel kostbares blaues Wasser eingesetzt werden muss. Regionalität, Saisonalität und eine überwiegend pflanzliche Ernährungsweise sind hier gute Entscheidungshilfen.
Letzte Aktualisierung: 7. Juli 2024
Weitere Informationen
Statistisches Bundesamt: Wasserfussabdruck von Ernährungsgütern in Deutschland (PDF)
Water Footprint Network: Product Gallery (engl.)
Deutscher Bauernverband (DBV): Faktencheck Landwirtschaft – Wasser, Landwirtschaft und Klimawandel
Europäische Umweltagentur: Wasserentnahme nach Quelle und Wirtschaftssektor in Europa