Gänse aus heimischer Erzeugung
Letzte Aktualisierung: 6. November 2025
Die Martins- und die Weihnachtsgans haben eine lange Tradition in Deutschland. Doch wie wachsen die Tiere eigentlich auf und wieso sind die Preisunterschiede so groß?
Quelle: Dominic Menzler - BLE
In Kürze
- Rund 90 Prozent des Gänsefleischs in Deutschland stammen aus dem Ausland, vor allem aus Polen und Ungarn – häufig aus intensiver Schnellmast.
- In einigen EU-Ländern ist Zwangsmast für Stopfleber noch erlaubt; in Deutschland dagegen verboten – eine Kennzeichnungspflicht fehlt jedoch.
- Heimische Gänse wachsen langsamer, werden meist in Freilandhaltung gemästet und sind daher teurer, aber qualitativ hochwertiger.
- Bio- und Freilandgänse haben gesetzlich garantierten Auslauf und – im Bio-Bereich – auch Zugang zu offenem Wasser.
Rund 90 Prozent unseres Gänsefleischs kommt aus dem Ausland – zum allergrößten Teil aus Polen und Ungarn. Bereits ab sechs Euro pro Kilogramm gibt es im Supermarkt tiefgefrorene Weihnachtsgänse aus diesen Ländern zu kaufen. Dabei handelt es sich in der Regel um Schnellmastgänse aus Intensivhaltung. Sie werden auch unter den Bezeichnungen "Frühmastgans" oder "Junggänsemast" verkauft.
Schnellmastgänse werden innerhalb von zehn Wochen mit hochkonzentriertem Kraftfutter auf Schlachtgewicht gebracht. Weil diese Gänse so schnell gewachsen sind, ist das Fleisch-Fett-Verhältnis deutlich ungünstiger als bei Gänsen aus Mittelmast (etwa 16 Wochen) oder Spätmast (mehr als 21 Wochen), die hierzulande üblich sind.
Alles andere als tiergerecht: Zwangsmast und Lebendraufen
In den Ländern Ungarn, Frankreich, Bulgarien und Spanien sowie im wallonischen Teil Belgiens ist heute noch die Zwangsmast für die Erzeugung von Stopfleber erlaubt. Bei dieser Form der Mast bekommen die Gänse bis zum Fünffachen der Nahrungsmenge, die sie normalerweise aufnehmen können, über ein Rohr in den Hals "gestopft". Auf diese Weise erreichen sie in nur wenigen Wochen das gewünschte Schlachtgewicht. Außerdem vergrößert sich die Leber dieser Gänse und verfettet extrem. Dieser Effekt ist erwünscht: Denn Stopfleber wird als Delikatesse (z.B. “Foie gras”) gehandelt – vor allem in Frankreich.
Auch das sogenannte "Raufen" der Gänse ist in einigen Ländern noch verbreitet. Dabei rupft man den lebendigen Tieren die Brustfedern vom Körper. Sie werden als "Daunen" verkauft. Das Raufen ist nach der Europaratsempfehlung für die Haltung von Gänsen und Pekingenten zwar nur während der Zeit der Mauser erlaubt (wenn die Federn bereits gelockert sind). Dieser Prozess führt bei den Tieren dennoch zu erheblichem Stress. Außerdem kann nicht ausreichend gewährleistet werden, dass alle Tiere einer Herde im selben Stadium der Mauser sind. Ein Rupfen von noch festhängenden Federn kann dabei also nicht ausgeschlossen werden und ist sehr schmerzhaft für das Tier.
In China gibt es keinerlei Einschränkungen bezüglich des Lebendraufens. China ist der weltweit größte Produzent von Gänsedaunen.
In Deutschland ist weder die Stopfmast noch der Lebendrupf erlaubt. Entsprechend erzeugte Produkte dürfen hier aber gehandelt werden und sind nicht kennzeichnungspflichtig. Wer sichergehen möchte, kein Fleisch solcher Tiere zu kaufen, sollte auf nicht eindeutig gekennzeichnete Produkte aus den Ländern Ungarn, Belgien, Frankreich, Bulgarien und Spanien verzichten, rät die Verbraucherzentrale Deutschland. Angaben wie “bäuerliche Aufzucht” oder “tiergerechte Haltung” seien jedoch nicht geschützt und sagten nichts über die Haltungsbedingungen aus.
Gänsemast in Deutschland
Da hierzulande hauptsächlich zwischen Martinstag und Weihnachten Gänse gegessen werden, liegt der durchschnittliche Verzehr Pro-Kopf im Schnitt bei lediglich 130 Gramm Gänsefleisch pro Jahr. Zum Vergleich: bei Hühnerfleisch sind es mehr als 10 Kilogramm.
Die Gänsehaltung wird von den meisten deutschen Landwirtinnen und Landwirten im Nebenerwerb betrieben. In Deutschland ist bei Gänsen die Freilandhaltung weit verbreitet. Die Tiere sind dabei tagsüber auf der Weide und haben vergleichsweise viel Auslauf.
Um kostendeckend wirtschaften zu können, benötigen deutsche Gänsemastbetriebe daher einen deutlich höheren Verkaufspreis wie die günstig produzierende Konkurrenz aus Osteuropa. Für frische heimische Gänse sind etwa 16 bis 20 Euro pro Kilogramm zu bezahlen – bei Bio-Gänsen auch schnell ein paar Euro mehr. Weil die Gänse deutlich länger heranwachsen, sind sie in der Regel aber auch schwerer und wiegen durchschnittlich fünf Kilogramm bei der Schlachtung.
Gänse aus tiergerechter Haltung
Wer sichergehen möchte, dass die Tiere Auslauf hatten, sollte auf die Bezeichnungen "Freilandhaltung", oder "bäuerliche Freilandhaltung" achten oder gleich zu einer Bio-Gans greifen. Die genannten Haltungsformen sind europaweit gesetzlich definiert und garantieren, dass die Tiere Zugang zu Freiland haben: mindestens vier Quadratmeter Auslauf pro Tier bei Gänsen aus "Freilandhaltung" und zehn Quadratmeter bei Gänsen aus "bäuerlicher Freilandhaltung". Bio-Erzeugerinnen und -Bio-Erzeuger müssen ihren Gänsen mindestens 15 Quadratmeter Auslauf gewähren – so schreibt es die EU-Öko-Verordnung vor.
Bio-Betriebe müssen den Gänsen zudem auch einen Zugang zu einem Bach, Teich, See oder Wasserbecken sicherstellen, in das sie ganz eintauchen können. Bei konventionellen Betrieben reicht dagegen ein Wasserreservoir, das gewährleistet, dass die Gänse zumindest den Kopf eintunken können.
Weitere Informationen
Verbraucherzentrale: Weihnachtsgans aus tiergerechter Haltung
