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Fleisch aus dem Labor – Ein Markt der Zukunft?

Letzte Aktualisierung: 3. September 2025

Fleischgenuss ohne Tierhaltung – mit künstlich erzeugtem Laborfleisch soll das bald möglich sein. Doch noch ist die Technologie nicht ausgereift.

Wissenschaftlerin bei der Arbeit im Forschungslabor
Viele Unternehmen forschen zurzeit intensiv an der Herstellung von biotechnologisch erzeugtem Fleisch.
Quelle: Morsa Images via Getty Images

In Kürze


Die herkömmliche Erzeugung von Geflügel-, Schweine- und Rindfleisch gilt als klimaschädlich und ethisch zweifelhaft. Als Alternative wird deshalb seit einigen Jahren sogenanntes Clean Meat oder Good Meat gehandelt, das künstlich im Labor hergestellt wird.

Das Verfahren basiert auf einer Zellkultur, die unter Laborbedingungen außerhalb eines lebenden Organismus wächst. Dabei entstehen dünne Schichten, deren Masse Hackfleisch ähnelt. Dieses wird entweder direkt genutzt oder zu Burger-Patties oder Nuggets weiterverarbeitet. Die Herstellung von Schnitzeln oder Steaks aus Zellkulturen ist dagegen bislang nur in Ansätzen möglich. Start-up-Unternehmen arbeiten aber daran, auch dieses Problem zu lösen. Erste annehmbare Ergebnisse mit Bio-3D-Druckern gibt es bereits.

Die positive Bezeichnung als "Clean" oder "Good" Meat bezieht sich auf die besondere Art der Erzeugung, für die keine Tiere getötet werden müssen und die deutlich weniger Ressourcen benötigen soll als die traditionelle Tierhaltung. Dies ist jedoch nur bedingt der Fall.

Herausforderung: Nährmedium

Als Ausgangsstoff dienen teilungsfähige Stammzellen aus dem Muskelgewebe, die von lebenden Tieren mit einem kleinen chirurgischen Eingriff entnommen werden. Damit sich die Zellen teilen und wachsen, braucht man ein Trägergerüst und ein komplexes Nährmedium, das unter anderem Nährstoffe, Fette, Proteine und Wachstumsfaktoren liefert.

Lange Zeit nutzten die Start-up-Unternehmen zur Anzucht von Laborfleisch als Nährmedium ein Serum, das aus dem Blut ungeborener Kälber gewonnen wird. Muttertiere wie Föten müssen dafür getötet werden. Zu Beginn der Entwicklung brauchte man davon relativ große Mengen, um genügend Laborfleisch herzustellen – laut transgen.de bis zu 50 Liter pro Beef Burger. Abgesehen vom ethischen Makel dieser Vorgehensweise macht es die Herstellung auch sehr teuer. Denn ein Liter Kälberserum kostet zwischen 400 und 800 Euro, so transgen.de. Inzwischen gibt es Alternativen zum Kälberserum aus gentechnisch veränderten Pflanzen und Mikroorganismen, was die Akzeptanz von Laborfleisch unter Verbraucherinnen und Verbrauchern erhöhen dürfte.

Der erste Burger mit Laborfleisch, den ein amerikanisches Unternehmen im Jahr 2013 vorstellte, kostete noch etwa 250.000 Euro. Durch intensive Forschung – insbesondere zu Alternativen zum Kälberserum – konnten die Kosten in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden. Einer Ökobilanzstudie des niederländischen Forschungsinstituts CE Delft zufolge beliefen sich die durchschnittlichen Kosten für ein Kilogramm kultiviertes Fleisch im Jahr 2021 auf über 90 Euro. Mit wettbewerbsfähigen Preisen rechnen Fachleute bis 2030.

Rindfleisch - frisches rohes Steak
Fleischstücke wie Steaks oder Schnitzel lassen sich biotechnologisch bisher nur ansatzweise und mit sehr hohem Aufwand herstellen.
Quelle: Magone via Getty Images

Viel Forschung und hohe Investitionen

Über 170 Unternehmen beschäftigen sich heute weltweit mit der Herstellung von Fleisch aus dem Labor. Zudem fördern große Investoren, darunter auch die Fleischindustrie, die Forschung rund um die neue Technologie mit Millionensummen.

Ob Laborfleisch die Probleme der konventionellen Fleischerzeugung und des Klimaschutzes löst, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Bezüglich der Vorteile beim Energiebedarf und der Klimawirkung gibt es noch keine belastbaren Zahlen. Denn bisher wird Laborfleisch noch nicht in industriellen Mengen erzeugt, weshalb nur Berechnungen auf theoretischer Basis möglich sind. Das Umweltbundesamt (UBA) hat dazu die Ergebnisse verschiedener Studien zusammengefasst.

Danach geht die Forschung derzeit davon aus, dass für die Herstellung von Laborfleisch sogar mehr Energie benötigt wird als bei der herkömmlichen Fleischerzeugung, denn die Bioreaktoren müssen durchgängig auf rund 37 °C erwärmt werden. Kommen allerdings erneuerbare Energien zum Einsatz, verbessere sich die Treibhausgas-Bilanz der Energieversorgung im Vergleich zu Erzeugung von Hühner-, Schweine- und Rindfleisch um 17, 52 beziehungsweise 92 Prozent, schreibt transgen.de.

Keine eindeutigen Vorteile bei Klimagasen

Auch bei den Treibhausgasen zeichnen sich keine eindeutigen Vorteile für synthetisches Fleisch ab. Während es im Vergleich zu Rindfleisch deutlich besser abschneidet, entstehen bei herkömmlich erzeugtem Hühner- und Schweinefleisch wesentlich weniger Klimagase als beim Laborprozess. Da die Entwicklung bei der Erzeugung von Laborfleisch schnell voranschreitet und man den Energiebedarf einer Herstellung im großen Maßstab noch nicht eindeutig abschätzen kann, könnte sich die Energie- und Klimabilanz von künstlichem Fleisch aber noch verbessern.

Klare Vorteile bietet das Laborfleisch dagegen beim Flächenbedarf. Während für die Erzeugung von einem Kilogramm Fleisch im Bioreaktor 0,18 bis 0,77 Quadratmeter benötigt werden, geht man bei herkömmlich erzeugtem Hühnerfleisch von einem Flächenbedarf von bis zu 3,89 Quadratmetern aus.  Auch der Wasserverbrauch soll laut transgen.de durch Laborfleisch um 51 bis 96 Prozent reduziert werden – je nach Studienparametern.

Zum gesundheitlichen Wert von künstlich erzeugtem Fleisch gibt es derzeit keine belastbaren Studien. Jedoch gehen Fachleute davon aus, dass weniger Krankheiten von tierischen Lebensmitteln auf den Menschen übertragen werden, da die Anzucht der Kulturen im Labor weniger anfällig für Keime ist.

Tierarzt hält Spritze mit Antibiotika
Laborfleisch könnte dazu beitragen, das Risiko für die Entstehung multiresistenter Keime zu verringern.
Quelle: tomazl via Getty Images

Weniger Antibiotikaeinsatz

Als weiterer Vorteil werden mögliche Einsparungen von Antibiotika gesehen, deren Einsatz in der Tiermast weit verbreitet ist und als eine Ursache für die Entstehung multiresistenter Keime gilt.

Allerdings kommt man auch bei der Herstellung von Laborfleisch nicht ohne Antibiotika aus, da sich in den dafür genutzten Bio-Reaktoren Keime ebenfalls vermehren können.

Zulassung von Laborfleisch

Um Fleisch aus Zellkulturen verkaufen zu können, müssen die Hersteller eine Zulassung beantragen. Als weltweit erstes Land hat 2020 der Stadtstaat Singapur eine solche Zulassung erteilt. 2023 genehmigte die Lebensmittelbehörde der USA erste Produkte aus Zellkulturen, 2024 zog Israel nach. In Großbritannien gibt es seit Februar 2025 erstmals zugelassenes Heimtierfutter aus kultivierten Hühnchenzellen statt herkömmlichem Fleisch. Und in Australien und Neuseeland darf seit Juni 2025 Wachtelfleisch aus dem Labor verkauft werden.

In Europa fallen Lebensmittel aus Zell- und Gewebekulturen unter die sogenannte Novel-Food-Verordnung. Für eine Zulassung wird das Laborfleisch zahlreichen Tests unterzogen und es wird geprüft, ob der Verzehr unbedenklich ist. Zudem muss auf rechtlicher Ebene geklärt werden, ob die Produkte aus dem Labor überhaupt als Fleisch gekennzeichnet werden dürfen.

Bis erste Laborfleischprodukte in der EU verkauft werden dürfen, wird vermutlich noch einiges an Zeit vergehen. Erste Zulassungsanträge wurden jedoch inzwischen eingereicht.


Weitere Informationen

Verbraucherzentrale: Clean Meat – Ist Laborfleisch die Zukunft?

Forum Bio- und Gentechnologie e.V.: Fleisch aus Zellkultur – High-Biotech statt Tierhaltung

Zelluläre Landwirtschaft: Kommen in Zukunft Fleisch und Milch aus dem Labor?

Umweltbundesamt (UBA): Fleisch der Zukunft (PDF)


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