Springe zur Hauptnavigation Springe zum Inhalt

Warum sieht man immer seltener Kühe auf der Weide?

Die Weidehaltung von Kühen ist heute eher die Ausnahme. Welche Gründe haben Milchviehbetriebe, ihre Tiere im Stall zu lassen?

Weidegang bietet viele Vorteile für die Gesundheit von Kühen.
Quelle: Thomas Stephan - BLE

Dass immer weniger Milchkühe auf die Weide dürfen, ist ein Trend, der bereits vor vielen Jahren eingesetzt hat. Im Jahr 2019 hatten knapp 31 Prozent der Milchkühe Weidegang. Zehn Jahre zuvor waren es noch rund 42 Prozent gewesen. Davon ausgenommen sind Verbands-Bio-Betriebe, bei denen ein Zugang zur Weide vorgeschrieben ist.

Dabei spricht einiges für die Weidehaltung. Die Kühe haben hier mehr Bewegungsfreiheit, können ihrem natürlichen Liegeverhalten besser nachgehen und ihre Klauen und Gelenke werden geschont. Außerdem fördern Sonneneinstrahlung und frische Luft die Gesundheit der Tiere und sie bleiben auch meist sauberer als im Stall.

BZL-Broschüre

So leben Milchkühe

Sie wollen wissen, woher die Milch kommt? Was das Besondere an Milchkühen ist und wie sie in Deutschland leben? In zwölf Fragen und Antworten bringt das kleine Heft leicht verständlich und informativ scheinbar Alltägliches, aber auch Überraschendes zu Tage.

Zur Broschüre

Bessere Kontrolle der Futteraufnahme

Dennoch haben Milchviehhalterinnen und Milchviehhalter auch gute Gründe, ihre Herde ganztägig im Stall zu halten. Wichtigster Punkt ist dabei die Intensivierung der Haltung in Form höherer Milchleistung und immer größerer Herden. Eine hohe Milchleistung erfordert ein anspruchsvolles Fütterungskonzept. Im Stall kann man jeder Kuh eine perfekt auf ihre Leistung zugeschnittene Futterration aus unterschiedlichen Komponenten vorlegen und über Futterautomaten kontrollieren, ob diese Ration vollständig gefressen wurde.

Bei Weidegang nimmt jede Kuh dagegen Gras in ungewisser Menge und Qualität auf. Vor allem der Energiegehalt, der für die Milchleistung entscheidend ist, liegt meist deutlich niedriger als bei den Stallrationen. Durch die Weide steigt auch die Gefahr für die Aufnahme von Parasiten wie Lungen- oder Bandwürmern. Der Befall senkt die Leistung der Tiere und erfordert eine Behandlung, die zusätzliche Kosten verursacht.

Liegen die Weideflächen weiter vom Betrieb entfernt, müssen die Wege ausreichend gesichert sein.
Quelle: Jürgen Beckhoff

Weideauftrieb ist zeit- und arbeitsintensiv

Ein weiteres Problem ist, dass Weideflächen oft weiter entfernt vom Betrieb liegen. Gerade bei größeren Herden mit 100 oder mehr Kühen wird der Weideauftrieb dadurch sehr aufwändig, da man zum Teil mehrere Personen dafür benötigt und eine gute Absicherung der Treibwege erforderlich ist. Auch der Zeitaufwand für das Treiben kann beträchtlich sein, besonders, wenn normale Verkehrsstraßen überquert und entsprechend gesichert werden müssen.

Wenn die Herde durchgehend im Stall bleibt, ist es für die Betriebsleitung zudem einfacher, das Brunstverhalten der Kühe zu beobachten oder mögliche Krankheiten frühzeitig zu erkennen.

Ein weiterer Faktor ist der große Aufwand für das Einzäunen und Absichern der Weiden. Auch die notwendigen regelmäßigen Kontrollen und die Instandhaltung der Zäune kosten Zeit und Geld. Das gilt auch für die Tränken auf der Weide, die für eine tiergerechte Weidehaltung elementar sind. Und nicht zuletzt ist ein Weidegang oft nicht kompatibel mit der Nutzung von Melkrobotern, die inzwischen auf vielen Betrieben eingesetzt werden.

Moderne Milchviehställe sind hell, offen und ermöglichen den Kühen, sich frei zu bewegen.
Quelle: Jürgen Beckhoff

Moderne Ställe erfüllen viele Ansprüche ans Tierwohl

Es bleibt die Frage, wie problematisch der Trend zur reinen Stallhaltung aus Sicht des Tierwohls ist. Hier lautet die gute Nachricht, dass Milchkühe insbesondere auf Großbetrieben nahezu ausschließlich in modernen Boxenlaufställen gehalten werden. Diese Stallform erlaubt es den Kühen, sich jederzeit frei zu bewegen, zu fressen oder eine Liegefläche mit Gummimatte oder Einstreu zu nutzen.

Die meisten Ställe sind zudem als Offenstall konzipiert, bei denen bewusst auf mindestens einer Stallseite auf eine Wand verzichtet wird. Damit ist im gesamten Stall eine großzügige Frischluftzufuhr sichergestellt.

BZL-YouTube-Kanal: Videoreihe zur Milchviehhaltung

Zu den weiteren Videos des BZL-YouTube-Kanals

Letzte Aktualisierung: 12. März 2024


Weitere Informationen

Thünen-Institut: Steckbriefe zur Tierhaltung in Deutschland – Milchkühe (PDF)

Tierhaltung im Wandel, Landwirtschaftszählung 2020


Haltungsformen für Milchkühe

Rund 4,2 Millionen Milchkühe werden in Deutschland gehalten. Aber wie? Die am weitesten verbreiteten Haltungsformen im Überblick.

Was ist drin, wenn Weidemilch draufsteht?

Die sogenannte "Weidemilch" stammt von Kühen, die mindestens an 120 Tagen im Jahr auf der Weide grasen dürfen.

Im Stall mit dem Milchviehhalter

Gemolken wird heute automatisch, jede Menge zu tun gibt es trotzdem. Wir haben einen Milchviehhalter bei der Arbeit begleitet.

Bei welchen Temperaturen fühlen Milchkühe sich am wohlsten?

Wenn sich Milchkühe die Jahreszeiten aussuchen dürften, gäbe es keinen Sommer. Ihre Wohlfühltemperatur liegt zwischen -7 und +17 Grad Celsius.