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Schnabelkürzen: Noch ein Thema in der Geflügelhaltung?

Während bei Legehennen seit 2017 bundesweit auf das Schnabelkürzen verzichtet wird, ist es bei konventionell gehaltenen Puten noch gängige Praxis.

Im Vordergrund eine einzelne Pute, bei der sichtbar die Schnabelspitze gekürzt ist
Konventionell gehaltenen Puten wird in den allermeisten Fällen der Schnabel gekürzt, um Schäden durch gegenseitiges Bepicken zu vermindern.
Quelle: stock.adobe.com/st.kolesnikov

In der intensiven Putenhaltung kommt es nicht selten vor, dass die Tiere sich gegenseitig mit den Schnäbeln bepicken. Anfängliches Federpicken, bei dem die Tiere die Federn der Artgenossen herausziehen, kann schnell in ein Bepicken der Haut übergehen, wodurch teils schwere Verletzungen entstehen können.

Die Ursachen für diese Verhaltensstörungen sind hohe Besatzdichten, fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten, schlechtes Stallklima, ungünstige Lichtverhältnisse, falsche Fütterung und Infektionen. Oftmals kommen mehrere Faktoren zusammen.

Um die Schädigungen durch das gegenseitige Bepicken von vornherein so klein wie möglich zu halten, ist es auf den meisten konventionellen Putenbetrieben gängige Praxis, den Tieren bereits als Küken routinemäßig den Schnabel zu kürzen. Tiere mit gekürzten Schnäbeln bepicken sich zwar auch, die Verletzungen sind dann aber weniger schwer.

Dabei wird den Putenküken meist mit Infrarot die obere Schnabelspitze bestrahlt. Das durch die Strahlung geschädigte Schnabelgewebe fällt dann nach ein bis zwei Wochen ab.

Schnabelkürzen eigentlich verboten

Grundsätzlich stellt das Schnabelkürzen – auch Schnabelkupieren genannt - eine Amputation dar, die nach Paragraph sechs des Tierschutzgesetzes verboten ist. Unter bestimmten Bedingungen darf diese Maßnahme jedoch erlaubt werden. Nämlich dann, wenn "der Eingriff im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung zum Schutz der Tiere unerlässlich ist". Da Schädigungen durch gegenseitiges Bepicken in nahezu allen Betrieben ein Problem darstellen, wird diese Ausnahmegenehmigung nahezu immer bewilligt.

In der ökologischen Geflügelwirtschaft ist das routinemäßige Schnabelkürzen hingegen bedingungslos verboten. Gemäß EU-Öko-Verordnung müssen Betriebe, die sich der ökologischen Wirtschaftsweise verschrieben haben, ausnahmslos Jungtiere mit intakten Schnäbeln aufstallen.

Eingriff schmerzhaft für die Tiere

Die Schnabelspitze von Hühnern und Puten ist sehr empfindlich und dient den Tieren unter anderem als Tastorgan. Veterinärexpertinnen und -experten gehen daher sicher davon aus, dass das betäubungslose Entfernen der Schnabelspitze akute wie langanhaltende Schmerzen verursacht und die Tiere auch zeitlebens in ihrem natürlichen Verhalten beeinträchtigt.

Kein Schnabelkürzen bei Masthähnchen

Bei Hühnern, die zur Mast gehalten werden, wird das Schnabelkürzen nicht praktiziert. Sie werden so jung geschlachtet, dass Schädigungen durch gegenseitiges Bepicken bei ihnen kein Problem darstellen.

Seit 2017 kein Schnabelkürzen mehr bei Legehennen

Lange Zeit wurde das Schnabelkupieren auch bei Legehennen angewendet. Aufgrund der zunehmenden Kritik an dem Verfahren erklärte sich die Geflügelbranche jedoch ab 2017 freiwillig bereit, in diesem Erzeugungsbereich auf das Schnabelkürzen zu verzichten.

Dem Ausstieg aus dem Schnabelkürzen vorangegangen waren mehrere Jahre intensiver Forschung. Dabei entwickelte man Maßnahmen, mit deren Hilfe es möglich war, auch unkupierte Legehennen ohne größere Probleme zu halten.  

Ausstieg bei Puten schwieriger

In der konventionellen Putenhaltung ist das Schnabelkürzen heute nach wie vor gängige Praxis. Zwar wurde auch hier, ähnlich  wie bei den Legehennen, eine freiwillige Vereinbarung zum Ausstieg getroffen. Wissenschaft und Praxis kamen jedoch zu dem Schluss, dass ein Ausstieg aus dem Schnabelkürzen bei Puten aus verschiedenen Gründen weniger einfach umzusetzen ist als bei Legehennen. Als Gründe werden angeführt, dass Puten zum Beispiel wesentlich agiler und neugieriger sind als Hühner. Hinzu komme, dass in der Putenmast auch die männlichen Tiere aufgezogen würden, bei denen es nicht selten zu Rangkämpfen komme.

Mittel- bis langfristig soll jedoch an dem Ziel festgehalten und auch bei Puten der Ausstieg geschafft werden. Dafür wird aktuell viel geforscht, unter anderem im Modell- und Demonstrationsvorhaben (MUD) Tierschutz, das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert wird.

Letzte Aktualisierung: 26. März 2024


Weitere Informationen

Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: Ausstieg aus dem Schnabelkürzen bei Puten

Fokus-tierwohl.de: Verzicht auf Schnabelkürzen bei Puten

Landwirtschaftskammer NRW: #Pute@Praxis: Puten mit ungekürzten Schnäbeln


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